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Elke versteht das

Titel: Elke versteht das Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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wunderbar schweigen kann.«
    Schmalenbach glaubte erst, er hätte sich verhört: Schweigen. Ein Wort, das im Kosmos von Elke bisher nicht vorkam. Schweigen.
    Nun gut. Also schwieg er.
    Auch Elke schwieg. Das war eine neue, eine ganz ungewohnte Erfahrung.
    Dass sie beide schwiegen. Und dass Elke dieses Schweigen auch noch zu genießen schien. Sie schloss sogar die Augen und lächelte
     selig. Schmalenbach wurde es ganz mulmig. Wo sollte das noch hinführen?
    Schmalenbachs rechte Hand schlief ein. Er bewegte sie. Seine Knöchel knackten. Es klang wie die Explosion einer Handgranate
     im Spülbecken.
    Elkes Augenlider zuckten leicht. Aber sie sagte nichts. Sie schwieg weiter.
    Schmalenbach spürte seinen Darm. Jetzt, da geschwiegen werden sollte, produzierte der ein geradezu obszönes Knurren. Schmalenbach
     hüstelte, weil er hoffte, damit das Darmgrimmen zu übertönen. Aber Elke, die Arme, vernahm beides. Dennoch schwieg sie weiter.
     Diese wunderbare, diese großmütige, diese verständnisvolle Frau schwieg ein archaisches Schweigen – und Schmalenbachs Knöchel
     knirschten dazu und sein Darm tat sich wichtig und spielte verrückt.
    Langsam sah er selbst ein, dass Elke es nicht einfach hatte. Nicht einmal kultiviert schweigen konnte man mit ihm. Ständig
     mussten irgendwelche Extremitäten oder Innereien dazwischenfunken. Er hasste sich dafür selbst. Vielleicht sollte er sich
     ein Beispiel an Elke nehmen und auch so losgelöst und erdenfern schauen. Doch als er es versuchte, hatte er das Gefühl, dass
     er dabei unendlich dämlich aussah.
    Fast wäre es ihm lieber gewesen, Elke hätte ihr Schweigen unterbrochen und ihn wegen seiner niveaulosen Grimassiererei heruntergeputzt.
     Aber diese Göttin scherte sich nicht um die Unzulänglichkeiten seiner niederen Existenz. Sie schwieg einfach weiter. Was das
     Zeug hielt. Undsie schaute dabei auf ihre frisch lackierten Fingernägel. Das hatte wenigstens Stil.
    Wo aber sollte Schmalenbach hinschauen? Seine Fingernägel waren zu lang, seit Tagen hatte er sie schneiden wollen. Und die
     Schuhe? Seine Schuhspitzen hatten Flecken. Schmalenbach schaute die Wand an. Sie hätte längst mal gestrichen werden müssen.
     Elke hatte ihn schon so oft darauf hingewiesen, aber er – er hatte immer anderes im Kopf gehabt. Im Grunde war er eine Zumutung
     für diese großartige Frau.
    Elke schwieg jetzt schon fast fünf Minuten. Das sollte ihr mal jemand nachmachen. Andere Frauen plapperten unentwegt. Sie
     wollten immer irgendetwas wissen von ihren Männern. Keine hatte die Größe, einfach mal dazusitzen und mit ihrem Mann zu schweigen.
     Gerade die Frauen, die am meisten dahermachten, konnten am wenigsten gut schweigen. Elvira, die Kellnerin mit dem kürzesten
     Mini und dem aufregendsten Ausschnitt des Nordends, hörte nie auf zu reden. Ständig wollte sie wissen, wie sie auf die Männer
     wirkte. Ständig musste sie Komplimente hören. Und wenn man versuchte, mit ihr intim zu werden, war erst recht was fällig:
     Sie fragte einen schamlos nach sexuellen Vorlieben aus, sie bestand darauf zu erfahren, ob man in letzter Zeit ungeschützten
     Sexualverkehr gehabt hatte oder ob man gerne Motorrad fuhr und sadomasochistische Rollenspiele liebte.
    Wie anders war Elke im Vergleich dazu? Diese Frau konnte schweigen. Schmalenbach hatte ja nicht geahnt, was das für ein Vorzug
     war. Man wuchs in der Nähe eines solchen Menschen. Vielleicht würde er auch bald so schweigen können wie seine Elke. Zusammen
     würden siedie Tiefen des Seins erkunden. Stundenlang würden sie sich gegenübersitzen wie jetzt – und einfach nur schweigen. Ohne Knöchelknirschen
     und ohne Darmmalaisen. Vor allem aber ohne sich gegenseitig mit dämlichen Fragen auf die Nerven zu gehen.
    Jetzt schwiegen sie schon zehn Minuten. Das muss man sich mal vorstellen. Und da sagte Pfeifenberger immer, Elke sei geschwätzig.
     Dieser Schwätzer. Der konnte doch mit seiner Carola keine zehn Sekunden schweigen, ohne dass sie mit Zähnen und Klauen aufeinander
     losgingen. Nun schwiegen sie schon fast eine Viertelstunde. Langsam wurde Schmalenbach die Zeit doch lang. Er war ja noch
     verabredet. Mit Pfeifenberger und Germersheimer im »Promi«. Aber jetzt saß er zu Hause und schwieg mit seiner Elke. Schmalenbachs
     Beine begannen zu kribbeln, und der Rücken tat auch weh, wenn man so lange bewegungslos verharrte.
    Jetzt konnte sie wirklich mal was sagen. Zum Beispiel: Was sollen wir heute Abend essen? Tagliatelle oder

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