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Ellernklipp

Ellernklipp

Titel: Ellernklipp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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auf.
    Nicht lange, so war auch der Heidereiter in Staat, und alle Hausinsassen erschienen, um ihm ihre Glückwünsche zu bringen: erst Grissel mit einem Lebenslichte, dann Martin mit einer aus Tannäpfeln und Eichenborke zusammengeklebten Eremitage, zuletzt aber Joost mit einem Händedruck und einem einfachen: »Ick möt doch ook.« Und weiter kam er nicht, was auch Baltzer schon wußte.
    Dieser gehörte zu denen, die solche Huldigungen ebensosehr fordern wie rasch wieder davon loszukommen wünschen, und stotterte, bloß um etwas zu sagen, ein mehrmals wiederholtes Bedauern heraus, daß er gerade
heute
nach Ilseburg hinüber müsse, wegen der Knappschaft. Aber in der Dämmerstunde komme er wieder, und dann wollten sie sich einen guten und frohen Tag machen. Einen recht lustigen. Und er freue sich sehr darauf, was auch natürlich sei. Denn es sei sein letzter Geburtstag, den er noch als ein Vierziger feiere; mit fünfzig aber sei Spiel und Tanz vorbei. Und nachdem er dies und ähnliches immer hastiger und immer verlegener gesagt hatte, weil es ihm umgekehrt eigentlich lieb war, an solchem Tage
nicht zu
Hause zu sein, gab er Ordre, daß der kleine Jagdwagen vorfahren solle.
    Ja, es war ihm lieb, an solchem Tage
nicht zu
Hause zu sein, aber seinen Hausgenossen war es noch lieber. Immer, auch wenn er sich freundlich zeigte, wurde seine Gegenwart als ein Druck empfunden, und wenn dies schon an gewöhnlichen Tagen der Fall war, so doppelt an solchen, die mit einer gewissen Gewaltsamkeit gemütlich verlaufen sollten. Da war immer Not und Verlegenheit, und als heute mit dem Glockenschlage neun der kleine Jagdwagen vorfuhr und Baltzer im nächsten Augenblicke die Leinen in die Hand nahm, wurden alle Gesichter angeregter und zuversichtlicher, und jeder freute sich nun
wirklich
auf den Abend.
    Denn der Abend war kurz. Ein ganzer Tag aber war lang.
    Und danach ging ein jeder an seine Geschäfte, die für Hilde nicht viel was anderes als ein süßes Nichtstun waren, auch jetzt nicht, wo »die Milchwirtschaft, die Leinwand und die Wäsche«, wie der Heidereiter bei jeder Gelegenheit aufzuzählen liebte, von ihr besorgt oder doch wenigstens beaufsichtigt werden sollten. Und so setzte sie sich in die Vorlaube draußen und streute Körner für all die Vögel aus, die noch in dem umstehenden Buschwerk trotz vorgerückter Jahreszeit ihre Nester hatten. Als aber die Körner aufgepickt waren, legte sie den Kopf zurück und sah auf den wilden Wein ihr zu Häupten, von dem sich einzelne Zweige losgelöst hatten. Ihre rechte Hand hing herab, und eine Schwarzdrossel, die zahmer war als ihre Genossen, hüpfte vom Gezweig auf die Bank und von der Bank auf die steinerne Tischplatte.
    Martin war in den Wald gegangen, um bei den Holzknechten nach dem Rechten zu sehen, Grissel aber hatte sich mitten in den Hof gestellt und scheuerte, dem Geburtstag zu Ehren, ihre Kessel. Ihr zur Seite stand Joost, einen großen Holzbock vor sich, auf den er die Wintersielen gelegt hatte, und war emsig bemüht, unter abwechselnder Anwendung von Federbart und Bürstenstummel das hartgewordene Leder einzuölen und wieder geschmeidig zu machen.
    Es ließ sich erkennen, daß sie wie gewöhnlich über Hilde sprachen, und zwar nicht allzu freundlich, denn Grissel unterbrach sich öfters in ihrer Arbeit und guckte durch den Bretterzaun, um zu sehen, ob der Gegenstand ihres Gespräches noch in der Vorlaube säße.
    »Se kümmt noch nich«, sagte sie. »Se sitt noch. Un wenn ook nich, se hürt joa nich und seiht joa nich. Un is ümmer as in Droom.«
    »Joa«, bestätigte Joost. »Un ick weet nich, wo't ehr sitten deiht.«
    »Wo't ehr sitten deiht? In de Oogen sitt et ehr.«
    »Gott«, entgegnete Joost, der wohl wußte, was Grissel gern hörte, »se hett joa goar keen' un pliert man ümmer. Un ick weet nich, hett se se upp oder hett se se to.«
    »Dat is et joa groad. Un all sünn, wo keen' een weten deiht, wo se hier sinn un wo nich, de sinn so un behexen dat Mannstüg. Un vunn 't Mannstüg is een as de anner is, un jungsch o'r olsch is goar keen Unnerschied. Un uns' Martin is närrsch, un uns' Oll' is närrsch, un Sörgel is ook närrsch. Un jed een kuckt ehr nah de Oogen, un jed een glöwt, he wihrd wat finn'n. Awers he finndt nix. Un du kuckst ook ümmer.«
    »Ick?« sagte Joost etwas verlegen. »I, nei. Glöwst du? Doh ick?«
    »Joa, du deihst«, wiederholte Grissel. »Un nu hür, wat mi mien Oll-Großmutter all ümmer vorseggen deih:
     
    Plieroog un

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