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Elric von Melnibone

Elric von Melnibone

Titel: Elric von Melnibone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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glaubte er das Wutgebrüll des Mannes zu hören.
    »Stirb, du weißgesichtiger Dämon! Stirb! Du hast auf dieser Erde nichts mehr zu suchen!«
    Diese Worte hielten Elric beinahe davon ab, sich zu verteidigen. Sie klangen wahr. Vielleicht hatte er wirklich nichts mehr auf der Erde verloren. Vielleicht war das der Grund, warum Melnibone langsam zusammenbrach, warum jedes Jahr weniger Kinder geboren wurden, warum sich sogar die Drachen nicht mehr fortpflanzten. Er ließ es zu, daß der Kapitän einen zweiten Hieb auf dem Schild landete, dann langte er darunter hervor und zielte auf die Beine des Mannes. Der Kapitän aber hatte den Angriff vorausgesehen und sprang zurück. Dies gab Elric Zeit, die letzten verbleibenden Sprossen zu erklettern und sich dem Kapitän auf der Brücke gegenüberzustellen.
    Der Mann war beinahe ebenso bleich wie Elric. Er schwitzte und atmete keuchend, und in seinen Augen spiegelte sich Betrübnis wie auch eine verzweifelte Angst wider.
    »Ihr solltet uns in Ruhe lassen«, hörte sich Elric sagen. »Wir haben euch nichts getan, Barbar. Wann ist Melnibone gegen die Jungen Königreiche zum letztenmal in den Krieg gezogen?«
    »Du schadest uns durch deine Gegenwart, Weißgesicht. Eure Zauberei. Eure Bräuche. Und euer Hochmut!«
    »Seid ihr deshalb hier? Liegt das Motiv für diesen Angriff in eurem Ekel vor uns? Oder wolltet ihr euch unseren Reichtum unter den Nagel reißen? Gib es zu, Kapitän - Habgier hat euch nach Melnibone geführt!«
    »Habgier ist wenigstens eine ehrliche Regung, eine verständliche Regung! Ihr aber seid nicht menschlich. Schlimmer noch - ihr seid auch keine Götter, obwohl ihr so tut, als ob ihr es wärt! Eure Zeit ist vorüber, ihr müßt ausgelöscht werden, eure Stadt muß vernichtet werden, eure Zauberkräfte müssen dem Vergessen anheimfallen.«
    Elric nickte. »Vielleicht hast du recht, Kapitän.«
    »Ich habe recht. Unsere heiligen Männer sagen es. Unsere Wahrsager prophezeien euren Niedergang. Die Lords des Chaos, denen ihr dient, werden diesen Niedergang selbst herbeiführen.«
    »Die Chaoskönige interessieren sich nicht mehr für die Angelegenheiten Melnibones. Sie haben ihre Macht vor beinahe tausend Jahren von uns genommen.« Elric beobachtete den Kapitän genau und schätzte die Entfernung zu ihm ab. »Vielleicht ist das der Grund, warum unsere Macht geschwunden ist. Vielleicht sind wir ihrer aber nur überdrüssig geworden.«
    »Wie dem auch sei«, sagte der Kapitän und wischte sich den Schweiß von der Stirn, »eure Zeit ist vorbei. Man muß euch Brut ein für allemal vernichten.« Und dann stöhnte er auf, denn Elrics Breitschwert war ihm unter dem karierten Brustpanzer durch Magen und Lunge gedrungen.
    Ein Knie gebeugt, das andere hinter sich gestreckt, begann Elric das lange Schwert zurückzuziehen, während er zugleich in das Gesicht des Barbaren starrte, das nun einen mißbilligenden Ausdruck zeigte. »Das war unfair, Weißgesicht. Wir hatten gerade erst zu plaudern begonnen, du aber hast unser Gespräch abgekürzt. Du bist sehr geschickt. Bis in alle Ewigkeit sollst du dich in der Höheren Hölle winden. Du.« Er verstummte und fiel aufs Gesicht. Elric wußte nicht, warum er zweimal nach dem Hals des Toten hieb, bis er den Kopf vom Körper getrennt hatte. Er stieß den abgeschlagenen Schädel über Bord, wo er im dunklen Wasser versank.
    Im gleichen Augenblick tauchte Yyrkoon hinter Elric auf; er grinste noch immer.
    »Du kämpfst wild und gut, mein Lord Herrscher. Der Tote hatte recht.«
    »Recht?« Elric starrte seinen Cousin auf gebracht an. »Recht?«
    »Aye - in seiner Meinung über deine Geschicklichkeit.« Leise lachend machte sich Yyrkoon daran, seine Männer zu beaufsichtigen, die die wenigen verbliebenen Gegner erledigten.
    Elric wußte nicht, warum er Yyrkoon bisher nicht hatte hassen wollen. Jetzt aber haßte er Yyrkoon. In diesem Augenblick hätte er ihn am liebsten getötet. Es war, als hätte Yyrkoon tief in Elrics Seele geschaut und sich verächtlich geäußert über das, was dort zu sehen gewesen war.
    Zornige Niedergeschlagenheit überkam Elric, und er wünschte sich aus vollem Herzen, kein Melniboneer zu sein, kein Herrscher, und daß Yyrkoon nie geboren worden wäre.

6
    VERFOLGUNG: EIN GEMEINER VERRAT
    Stolzen Leviathanen gleich glitten die Kampfbarken durch die Trümmer der angreifenden Flotte. Einige Schiffe brannten, andere gingen allmählich unter, die meisten aber waren bereits in den unergründlichen Tiefen der Durchfahrt

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