Elric von Melnibone
entstand; sie hatten den Zweck, dem sie in diesem Moment dienten, eine Kampfbarke zu verbergen. Ihre Höhe reichte eben für die Masten aus, die Breite war genau auf das Maß der Ruder angelegt. Jede der goldenen Kampfbarken war mit Ruderbänken versehen, auf jeder Seite zwischen zwanzig und dreißig Ruder. Diese Ruderbänke staffelten sich vier, fünf oder sechs Decks hoch und konnten, wie im Falle der Sohn des Pyaray, bis zu drei yoneinander unabhängige Steuersysteme haben, vorn und achtern. Ganz in Gold gepanzert, waren Schiffe dieses Typs praktisch unzerstörbar, ließen sich aber trotz ihrer Größe und Masse leicht beschleunigen und notfalls auf kleinstem Raum manövrieren. Nicht zum erstenmal lauerte man in solchen Grotten auf den Feind. Es sollte auch nicht zum letztenmal geschehen (wenn auch bei der nächsten Gelegenheit unter sehr veränderten Umständen).
Die Kampfbarken Melnibones waren in diesen Tagen selten auf hoher See zu sehen, doch früher einmal hatten sie die Ozeane der ganzen Welt bereist wie furchteinflößende schwimmende Berge aus Gold, und wo immer sie gesichtet wurden, hatten sie Angst und Schrecken verbreitet. Damals war die Flotte größer gewesen, Hunderte von Einheiten. Nun waren es weniger als vierzig Einheiten. Vierzig aber waren genug zur Verteidigung. In der feuchten Dunkelheit erwarteten die Schiffe ihren Feind.
Elric lauschte auf das hohle Klatschen des Wassers gegen die Schiffsplanken und wünschte, er hätte sich einen besseren Plan einfallen lassen. Er war überzeugt, daß die Aktion klappen würde, doch bedauerte er die Verschwendung an Menschenleben, auf melniboneischer wie auf barbarischer Seite. Besser wäre es gewesen, die Barbaren abzuschrecken, anstatt sie im Meereslabyrinth einzuschließen. Die Flotte der Südländer war nicht die erste, die von Imrryrs sagenhaftem Reichtum angelockt wurde. Die Besatzungen aus dem Süden erlagen nicht als erste der Überzeugung, daß die Melniboneer, nur weil sie sich nicht mehr weit von der Träumenden Stadt entfernten, dekadent geworden wären, unfähig, ihre Schätze zu verteidigen. Und so mußten die Südländer vernichtet werden, als deutliche Lektion für andere. Melnibone war noch immer stark. Es war nach Yyrkoons Auffassung stark genug, die frühere Vorherrschaft in der Welt zurückzugewinnen -stark wenn schon nicht in Kampfkraft, so doch zumindest in der Anwendung von Zauberkräften.
»Hört!« Admiral Magum Colim reckte den Hals. »War das nicht ein Ruderschlag?«
Elric nickte. »Ich glaube.«
Jetzt war ein regelmäßiges Klatschen zu hören, Reihen von Ruderblättern, die rhythmisch ins Wasser getaucht und wieder angehoben wurden, dann knirschten Planken. Die Südländer kamen. Die Sohn des Pyaray lag dem Eingang zum Labyrinth am nächsten und sollte auch als erste vorstoßen, doch erst wenn die letzten Südländerschiffe durch waren. Admiral Magum Colim bückte sich und löschte die Laterne, dann stieg er mit schnellen, leisen Schritten auf das Deck hinab, um seine Mannschaft vom Kommen der Angreifer zu unterrichten. Yyrkoon hatte mit Hilfe seiner Zauberkräfte einen besonderen Nebel heraufbeschworen, der die goldenen Barken vor den Blicken der Feinde verbarg, der für die Besatzungen auf den melniboneischen Schiffen aber durchscheinend war. Elric sah nun weiter vorn im Kanal Fackeln auftauchen; vorsichtig tasteten sich die Angreifer durch das Labyrinth. Innerhalb weniger Minuten waren zehn Galeeren an der Grotte vorbeigerudert. Admiral Magum Colin kehrte zu Elric auf die Brücke zurück. Prinz Yyrkoon war bei ihm. Yyrkoon trug ebenfalls einen Drachenhelm, allerdings von weniger großartigem Zuschnitt als Elric, war doch Elric der führende unter den wenigen überlebenden Drachenprinzen Melnibones. Yyrkoon grinste in die Dunkelheit, und seine Augen blitzten in der Vorfreude auf das Blutvergießen. Elric wäre lieber gewesen, wenn sich Prinz Yyrkoon nicht ausgerechnet dieses Schiff ausgesucht hätte, aber Yyrkoon hatte das Recht, sich an Bord des Flaggschiffes aufzuhalten, ein Recht, das er ihm nicht streitig machen wollte. Inzwischen war die Hälfte der hundert Schiffe vorbei.
Yyrkoons Rüstung knirschte, während er ungeduldig wartend auf der Brücke hin und her schritt, die behandschuhte Rechte auf dem Griff des Breitschwerts. »Bald«, sagte er vor sich hin. »Bald.«
Als das letzte Südlandschiff vorbeiglitt, hob sich ächzend der Anker, die Ruder tauchten ins Wasser, und das Flaggschiff schoß aus der Grotte in
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