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Elsa ungeheuer (German Edition)

Elsa ungeheuer (German Edition)

Titel: Elsa ungeheuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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braunen Haare. Seine Gedanken schienen die Herrentoilette verlassen zu haben. Ich vermutete, dass er sich gerade eine Strafe für mich ausdachte. Dann gewann sein Blick wieder an Schärfe. »Gut«, sagte er und legte das Portemonnaie auf den Wasserkasten. Wollte er seine Hände frei haben, um mir eine runterzuhauen?
    Gustav zog seine eigene Geldbörse aus der Hosentasche, öffnete sie und reichte mir ein Bündel Scheine.
    »Sag Elsa nicht, dass ich dir das Geld gegeben habe.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Und jetzt verschwinde.«
    »Ich muss Frau Wiesinger das…«
    »Das mach ich. Geh schon.«
    In dieser Nacht schlief ich nicht.
    Wir hatten den Jagdhof zeitgleich mit den Gröhlers verlassen, und ich konnte Elsa zuflüstern, dass ich das Geld hatte und dass sie morgen früh zur Brücke kommen sollte. Daraufhin hatte sie sanft meinen Ellbogen berührt und ganz leise »Danke« gesagt.
    Mehr noch als der Lärm, den Randolph Brauer unten in der Koppel mit einem weiteren Verbalangriff auf die Ponys veranstaltete, hielt mich die Erinnerung an Elsas Berührung wach.
    Im Morgengrauen schaffte das Murmeltier es mit Hilfe der Kratzlerin, meinen Vater ins Haus zu bugsieren. Das Fußgetrampel auf der Treppe riss Lorenz aus seinen Träumen.
    »War Papa die ganze Zeit draußen?«
    »Ja.«
    »Hast du gar nicht geschlafen?«
    »Nein.«
    Lorenz stand auf und setzte sich zu mir aufs Bett. Er legte seinen Arm um meine Schultern. »Das wird wieder besser werden«, sagte er. »Bald.«
    Ich wollte vergehen vor Scham, denn unser trauriger Vater war nur ein Teil von dem, was mich hatte wachen lassen. Und dann konnte ich nicht anders, als Lorenz von Elsa und den Stiefeln zu berichten.
    »Das hast du für sie getan? Du wolltest für sie stehlen?«, fragte er ungläubig.
    »Ja.«
    »Warum?«
    Ich blieb ihm eine Antwort schuldig. »Bitte sag ihr nichts«, flehte ich.
    Elsa wartete schon auf der Brücke. Die goldene Seidenbluse mit den viel zu weiten Ärmeln ließ sie wie eine glänzende Fledermaus aussehen. Eine große Version der kleinen Krokodillederhandtasche baumelte an ihrer Schulter.
    »Du hast es wirklich, ja? Hundertsechzig? Ja?« Ihre Stimme klang noch tiefer als sonst.
    Ich nickte.
    »Dann komm.« Elsa nahm meine Hand und zog mich hinter sich her.
    »Wohin?«
    »In die Stadt.«
    »Zu Fuß?«
    »Quatsch, Fetti. Mit dem Bus.«
    Sollten doch alle Superhelden die Welt retten oder Drachen töten. Was waren ihre Taten gegen mein eigenes Abenteuer: in der Hosentasche ein Bündel Scheine. Neben mir Elsa. Und der Bus brauste mit 60   km/h über die Landstraße.
    Eine knappe Stunde später waren wir an unserem Ziel angelangt: die Stadt. Natürlich gab es mehrere Städte in der Oberpfalz, aber wenn man in unserem Dorf von der Stadt sprach, war eben genau diese gemeint. Die anderen nannte man beim Namen.
    Schwarzer Lack, acht Zentimeter hohe Absätze. Elsas Augen leuchteten, als die Verkäuferin die Stiefel aus dem Regal holte.
    »Hat der Papi es doch erlaubt?« Die Dame hatte Elsa wiedererkannt.
    »Ja. Kann ich sie noch mal anprobieren?«
    »Da hast du aber einen lieben Papi.«
    Elsa zog vier Paar Wollsocken aus der Krokodillederhandtasche. Die Lackstiefel gab es nur in Schuhgröße 37, und sie trug eine 33.
    »Was hast du denn da um deine Beine gewickelt?«, wollte die Verkäuferin wissen.
    »Krawatten, wie Adlige«, antwortete ich, weil Elsa voll und ganz mit dem Schuhwerk beschäftigt war.
    »So etwas habe ich ja noch nie gehört.«
    Erstaunlich sicher schritt Elsa auf den hohen Absätzen durch den Laden.
    »Eigentlich ist das nichts für kleine Mädchen«, sagte die Verkäuferin, »der Schaft sollte unter den Knien enden.«
    Elsa reichte er bis zur Mitte der Oberschenkel.
    »Ich will sie trotzdem. Karl, bezahlst du?«
    Ich drückte der Dame das Geld in die Hand, während Elsa ihre Clogs in der Tasche verstaute.
    »Du willst sie gleich anbehalten? Aber Mädchen, es ist doch viel zu heiß draußen.« Die Verkäuferin verabschiedete uns mit einem Kopfschütteln.
    Elsa lief vor mir her. Ihr Gang hatte etwas Gefährliches, die Hüften schwangen von einer Seite zur anderen.
    »Du siehst wunderschön aus«, sagte ich so laut, dass sie mich hören konnte.
    Elsa blieb stehen, drehte sich zu mir um. »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Wirklich?«, hakte sie nach.
    »Ja.«
    Mit den Absätzen überragte sie mich um einen ganzen Kopf, sie sah zu mir herab. »Fetti, woher hast du eigentlich das Geld?«
    »Geklaut.«
    Ein Lächeln. Ich habe bereits erwähnt, wie

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