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Elsa ungeheuer (German Edition)

Elsa ungeheuer (German Edition)

Titel: Elsa ungeheuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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ungern, wie selten sie es hergab.
    »Für mich. Du hast es für mich getan.«
    Ich nickte und versuchte, nicht an die Episode in der Herrentoilette zu denken.
    Die große Krokodillederhandtasche wurde Elsas ständiger Begleiter. Abwechselnd lagerten dort die Stiefel oder die Clogs. Je nachdem, wo sie gerade war. Elsa hatte panische Angst, dass Hubertus und Gustav die Lackteile entdecken und ihr wegnehmen könnten. Sie wusste ja nicht, dass Gustav selbst die Schuhe bezahlt hatte. Zugegeben, der Onkel hatte keine Ahnung gehabt, wie sie aussahen.
    Seitdem unser Vater wieder da war, aßen wir allabendlich im Jagdhof. Randolph Brauer hatte seine Vorliebe für Schnaps entdeckt, der dort in rauhen Mengen ausgeschenkt wurde.
    An diesem Abend forderten uns die Nesshauer-Kinder wieder zum Billardspielen auf. Zum ersten Mal war auch Elsa mit von der Partie. Wir bildeten zwei Gruppen: Lukas und Bernd, der älteste und der jüngste Nesshauer, zusammen mit Lorenz, gegen Christoph, den mittleren Nesshauer, Elsa und mich.
    Unter großem Geschrei wurden die Regeln festgelegt. »Man darf die schwarze Kugel nicht berühren«, bemerkte Elsa mehrere Male.
    »Wir haben die Vollen«, sagte mein Bruder, als es endlich still war.
    »Das kannst du doch nicht einfach so bestimmen«, beschwerte sich Elsa.
    »Wieso?«
    »Das entscheidet sich nach dem ersten Stoß.«
    Ich glaube nicht, dass auch nur einer von uns Elsas Erklärung verstand.
    »Aber so spielen wir nicht. Wir haben die Vollen, und ihr dürft dafür anfangen.«
    Elsa zuckte mit den Schultern. »Na gut.« Sie versenkte eine Halbe, dann eine Halbe und eine Volle.
    Lorenz war der Nächste. Fünf Kugeln verschwanden in den Löchern. Drei Volle, zwei Halbe. Er wollte weitermachen.
    »Du bist nicht mehr dran«, sagte Elsa.
    »Wieso? Ich habe mehr als vier Kugeln reingemacht, und da darf man noch mal.«
    »Das ist Quatsch.«
    »Ist es nicht.«
    Jetzt brüllten wieder alle durcheinander. Doch selbst Christoph, der in unserer Gruppe war, gab meinem Bruder recht. Nur ich sagte nichts. Schließlich beugte sich Elsa der Mehrheit.
    Eine Weile verlief das Spiel friedlich. Vier Halbe, zwei Volle und die Schwarze befanden sich noch auf dem grünen Tuch.
    Lorenz war an der Reihe. Mit zusammengekniffenen Augen umrundete er den Tisch, entschied sich schließlich für eine Position und stieß zu. Er versenkte eine einzige Kugel: die Schwarze.
    »Wir haben gewonnen«, rief Elsa zufrieden.
    »Habt ihr nicht«, gab Lorenz zurück. Und erklärte, dass wir vier und sie nur zwei übrig hätten.
    »Aber du hast die Schwarze reingemacht. Man darf sie nicht mal berühren.«
    »Sagt wer?«
    »Die Regeln.«
    »Aber unsere Regeln sind anders als deine.«
    Elsa schmiss den Queue auf den Boden. »Weißt du, was du bist, Lorenz Brauer? Ein Aufschneider. Aber wahrscheinlich weißt du nicht mal, was ein Aufschneider ist. Vielleicht bist du nicht mal ein Aufschneider, sondern nur ein dummer Junge. Ein dummer, dummer Junge, der von nichts eine Ahnung hat.«
    Jetzt ließ auch Lorenz seinen Queue fallen, stürzte sich auf Elsa und drängte sie gegen die Wand. Mit der linken Hand packte er sie an der Gurgel, mit der rechten Faust schlug er dicht neben Elsas Kopf auf das Gemäuer ein. Sein Körper zitterte. So hatte ich ihn noch nie gesehen. Ich kannte seine Ungeduld, die Wut war neu.
    Den Nesshauern wurde unbehaglich zumute. Sie hatten keine Lust auf Ärger. Und wenn zwei Kinder sich im Billardraum halb umbrachten, würde man auf jeden Fall ›eins drauf bekommen‹, egal ob man mitgemacht oder nur danebengestanden hatte. Schließlich nahmen sie Reißaus.
    Lorenz’ Linke drückte immer fester zu. »Nimm das zurück, nimm das sofort zurück«, schrie er Elsa ins Gesicht und schien gar nicht zu bemerken, dass sie fast erstickte.
    Erst als sie anfing zu röcheln, lockerte er seinen Griff.
    »Du sollst es zurücknehmen.« Lorenz’ Faust verfehlte Elsa nur knapp.
    »Ich nehme überhaupt gar nichts zurück.« Man musste schon genau hinhören, um die Angst in ihrer Stimme wahrzunehmen, und Lorenz hörte genau hin. Ihre Unsicherheit gab ihm neuen Auftrieb.
    »Niemand mag dich, Elsa Gröhler, nicht einmal deine eigene Mutter. Sie hat dich einfach hier abgesetzt. Sie wollte dich nicht dabeihaben.«
    Tränen schossen in ihre Augen, und Lorenz fühlte sich schon als Sieger, aber es war noch nicht vorbei. Elsa nutzte seine Unaufmerksamkeit und boxte ihm in den Magen. Fünf feste Hiebe. »Und das nimmst du jetzt zurück«, brüllte

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