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Elwin - Rosenwasser (German Edition)

Elwin - Rosenwasser (German Edition)

Titel: Elwin - Rosenwasser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Föhr
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sich vor, nahm den Flakon mit letzter Kraft aus dem Beutel, öffnete ihn und goss das kostbare Wasser in die Schale. Die letzten Tropfen fielen hinein, als die Sonne das Kristall berührte.

Mitternacht
    Elwin fühlte sich so platt wie das Gras, in dem er völlig erschöpft lag, und er glaubte, er könne nie mehr aufstehen. Aber er war überglücklich, denn sie hatten es geschafft. Niemals zuvor in seinem Leben hatte er Sonnenstrahlen so gebannt beobachtet wie in dieser Mittsommernacht. Das warme Licht tauchte die Kristallschale in einen feurigen Glanz und ließ das Rosenwasser rosa schimmern.
    Königin Mala hatte sich wieder auf ihr rotes Samtkissen gesetzt und schaute, wie alle anderen im Kreis auch, auf die Schale. Alle Feen trugen lange weiße Kleider mit langen Ärmeln. Sie saßen still und kerzengerade auf den Kissen, die Hände mit den Innenflächen nach oben ruhten nun auf ihren Knien.
    Eine kräftige Hand packte Elwin an der rechten Schulter, er drehte den Kopf und blickte in das Gesicht seines Freundes Groohi. Der hielt den Zeigefinger an den Mund und deutete mit dem Kopf auf eine Gruppe Leute weiter weg. Erst jetzt bemerkte Elwin, dass die Feen nicht allein waren. Als er auf Königin Mala zugelaufen war, hatte er nur den Sonnenstrahl, die Schale und sonst nichts gesehen.
    Am Waldrand stand die Ehrenwache stramm wie Soldaten nebeneinander. Rechts von ihnen war eine Gruppe Frauen in einfacher Kleidung, weiten hellgrauen Blusen und dunkelgrauen Hosen, wie die meisten sie im Sommer trugen. Elwin erkannte drei der Frauen; sie hatten am Vortag mit Noel auf dem Marktplatz gesprochen. Eine hielt sich ein nasses Tuch an den Kopf. Bestimmt war sie diejenige, die die Ehrenwächter in der Höhle gewarnt hatte, und niedergeschlagen worden war.
    Ohne die Hilfe der Frauen und ihre Warnung wären die Männer der Prinzengarde zur zweiten Schatzkiste vorgedrungen und Elwin hätte keine Zeit mehr gehabt, unbemerkt hineinzusteigen. Er empfand tiefe Dankbarkeit für die tapfere Frau, die die Wächter alarmiert hatte.
    Groohi packte Elwin am Arm und half ihm auf. Leise gingen sie zu den Ehrenwächtern und stellten sich neben sie. Gobur nickte knapp, um dann wieder mit eiserner Miene auf die Feen zu schauen. Elwin blickte sich um. Der gewählte Platz war nicht irgendeine Lichtung im Wald, wie er gedacht hatte, sondern mit Sorgfalt ausgesucht. Auf allen Seiten wuchsen Wildrosen mit weißen und rosafarbenen Blüten, die zum Kreis der Feen ausgerichtet waren. Die Rosen verströmten einen süßen Duft, ähnlich dem am Portal zum Brunnen, das Fofenda verhext hatte.
    Groohi beugte sich zu dem Freund und flüsterte kaum hörbar: »Schau! Die Sonnenstrahlen berühren nun genau die Mitte der Schale. Die Zeremonie beginnt.«
    Königin Mala erhob sich schwerfällig. Sie sah erschöpft aus. Ihre braunen, sonst seidig glänzenden Haare waren stumpf, die Haut blass und um Augen und Mund faltig. Einer der Ehrenwächter trat vor, verbeugte sich flüchtig vor ihr und ging weiter zu einem der Rosenbüsche. Er betrachtete einige der Rosen, nahm die Stiele in die Hand und sah sich die Blüte an. Schließlich zog er ein Messer aus der Hosentasche und schnitt eine der Blüten mit Stiel ab. Er steckte das Messer weg, ging zur Königin, reichte ihr mit einer Verbeugung die Rose und kehrte zu seinem Platz zurück.
    Königin Mala strich mit der Blüte sachte über ihren Mund, so, dass die Blätter eben ihre Lippen berührten. Sie roch an der Blüte, schloss die Augen, machte einen tiefen Atemzug und atmete wieder aus. Schließlich drehte sie die Rose in das Licht der Sonne und prüfte die Blätter der Blüte. Dann griff sie den Stiel der Rose mit beiden Händen und hielt sie gerade vor sich. Die anderen Feen hatten ihr aufmerksam zugesehen und erhoben sich nun.
    Groohi lehnte sich zu Elwin und flüsterte kaum hörbar: »Die Rose muss ganz frisch, Stiel und Blätter kraftvoll und der Duft nach dem Geschmack der Königin sein. So will es der Brauch.«
    Königin Mala wartete, bis alle Feen im Kreis um die Schale standen, dann reichte sie die Rose der Fee rechts von ihr, die sie anschließend ebenso andächtig betrachtete wie Mala zuvor.
    Elwin hatte außer Salina und Königin Mala noch keine der anderen Feen jemals zuvor gesehen. Sie sehen wirklich wie Frauen in der Menschenwelt aus, dachte er und vergnügte sich an dem Gedanken, dass Leila von den Kuscheltiermachern eigentlich auch in diesem Kreis stehen könnte. Auch ihre brünette Haarfarbe passte gut zu

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