Elwin - Rosenwasser (German Edition)
hastig über den Hof. Zwei Gardisten hatten die Klappen zum Keller geöffnet und stiegen hinab. Rago stand gekrümmt hinter Prinz Taron. Zwei weitere Männer kamen auf den Ehrenwächter zu. Den Stab an der Mauer sah er nicht mehr, ein Mann versperrte ihm den Blick.
Dagor wusste, es waren nur noch wenige Atemzüge bis Mitternacht. Er packte Nallans Arm und drehte ihn noch fester auf dessen Rücken; der Mann stöhnte. Die anderen starrten ihn an wie ein Rudel Wölfe. Dagor holte tief Luft. Er wollte sich im letzten Moment seines Lebens an etwas Schönes erinnern, schloss die Augen, da schrie Prinz Taron, als hätte man ihm einen glühenden Dolch ins Herz gesteckt.
Dagor riss die Augen auf. Die Männer, die eben noch wie Wölfe aussahen, rissen die Köpfe herum, sahen Prinz Taron leblos zusammenbrechen und mit einem dumpfen Schlag auf den Boden fallen. Ein Stöhnen entrang sich unwillkürlich ihren Kehlen. Die zwei, die Blacky in den Keller gestoßen hatten, blieben wie versteinert auf den Stufen der Treppe stehen und schauten fassungslos zu ihrem Prinzen.
Rago kniete sich neben ihn, hielt eine Hand an seinen Hals und schüttelte den Kopf. Prinz Taron lebte nicht mehr. Der Fluch, der um Mitternacht wieder nach ihm griff, war wohl zu viel, dachte Rago verbittert. Oder starb er durch den Sturz? Rago wusste es nicht, es war ihm auch gleich. Aber er wusste genau, dass die Bande um Königin Mala den Prinzen getötet hatte und er, Rago, sich eines Tages dafür rächen würde. Er sah auf den Stab an der Mauer. Der Schatten hatte Mitternacht überschritten. Die Feinde waren wieder erstarkt. Sie wussten, wo sie waren und würden bald kommen, um sie alle zu verfluchen, ihn als ersten. Rago stand auf.
»Prinz Taron ist tot«, sagte er und unterdrückte die Schwere, die in seiner Stimme lag. »Hört mir gut zu, Männer.« Er wartete, bis ihn alle ansahen. »Das Rosenwasser ist in die Hände der anderen gefallen. Sie wissen, dass wir auf der Landsburg sind und werden sehr bald kommen. Uns bleiben drei Möglichkeiten. Wir bleiben hier, dann verfluchen sie uns und die ganze Burg, wir flüchten zu Fofenda oder wir verlassen diese Gegend für eine Weile.«
»Ich bleibe niemals hier!«, rief einer der Männer, der auf der Treppe gestanden hatte und jetzt wieder auf den Hof trat. »Wir waren lange genug auf dieser verdammten Burg. Lasst uns zu Fofenda ziehen. Mit der werden wir fertig. Der Wald ist groß, und ein paar kräftige Leute kann die auch brauchen.«
Die Männer waren sich rasch einig, zu Fofenda zu fliehen.
Rago sah sie unbewegt an. War das alles, was sie gelernt hatten, sich bei einer Frau, einer Fee, im Wald zu verstecken und sich deren Launen zu unterwerfen? Wie konnten die Männer nur so tief fallen? Hatten sie nicht bemerkt, dass er ihnen mit Fofenda eine Falle gestellt hatte? Wie konnten sie nur so erbärmlich sein! Und plötzlich wusste Rago, was zu tun war, er wusste es eigentlich schon lange, atmete tief durch und sagte: »Lasst uns zu Fofenda verschwinden. Ihr zwei«, er sah zu den Männern auf der Treppe, »nehmt die Trage aus Prinz Tarons Kammer und legt ihn darauf. Wir nehmen ihn mit.«
Er deutete auf den Bohaben und Sahn. »Sperrt die zwei und den im Keller in die Vorratskammer, aber lasst sie am Leben. Die anderen werden nach ihnen suchen und sie befreien. Wir schließen die Kammer ab, dann verlieren sie Zeit, die uns hilft.«
Er blickte zu dem Bohaben. »Du hast mich gehört. Wir lassen euch am Leben. Das ist mehr, als ihr erwarten könnt. Geht nun in die Vorratskammer und keine Tricks.«
Dagor packte Nallan, stieß ihn vor und sagte: »Du bist mein Schutz, bis wir da sind. Bleib ruhig.«
Nallan sah zu Rago, der nickte nur und so folgte Nallan dem Bohaben in die Kammer. Die anderen Männer packten Sahn an beiden Armen, hoben ihn an und zerrten ihn über den Platz hinter dem Bohaben her. Der drehte sich in der Tür der Kammer um, wartete, bis Sahn und Blacky drinnen waren, stieß dann Nallan weg und drückte die Tür von innen zu. Ein Mann lachte verächtlich, verschloss die Tür und steckte den Schlüssel in die Hosentasche.
Eine Stunde später waren die Männer bereit. Rago schloss das Haupttor auf, ließ die Garde wortlos passieren, warf noch einen letzten Blick auf den Turm, in dem sie so lange Zuflucht gefunden hatten. Doch er spürte nur Leere in sich. Er zog das Tor zu, schloss es ab und schleuderte den Schlüssel angewidert in den Burggraben.
Die Männer marschierten über die Brücke, stiegen
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