Elysion: Roman (German Edition)
gradewegs auf die Malachim zu. »Hey, Auliffe, Clarkson, Rybark und ihr anderen alle! Tut echt gut, euch wiederzusehen!«
Wen immer er angesprochen hatte, keiner zeigte eine Reaktion.
»Der Typ ist vollkommen irre«, flüsterte Rasim, der knapp hinter Jimmy stand.
»Hört mal, Jungs!«, hörten sie McCann fortfahren. »Wie ich sehe, habt ihr euch für ein neues Team entschieden. Macht mich natürlich betroffen, aber wie sagt man doch so schön: Reisende soll man ziehen lassen.«
Niemand reagierte.
»Ich hab da selber eine brandneue Truppe«, sprach McCann weiter. »Nicht mit euch zu vergleichen, aber ich hab mich irgendwie in die Zwerge verguckt. Kurzum, ich würde es wirklich begrüßen, könnten wir das hier ohne ein Massaker über die Bühne bringen. Lasst uns ziehen, und wir versprechen, euch keinen Ärger zu machen.«
Jimmy wusste nicht, ob er McCann für seinen Mut bewundern oder über seine Naivität den Kopf schütteln sollte.
Auf einmal öffneten sich Hunderte Münder. »Betet zu euren Göttern!«
Einer der Halbmalachim löste sich aus der vorderen Reihe und ging schnurstracks auf McCann zu. Er streckte einen Arm aus, als wolle er ihn fortschieben.
McCann wartete, bis das Monster nahe genug war, dann schlug er mit einem blitzschnellen Hieb nach dem Arm. Doch seine Hand sauste hindurch, ohne auf Widerstand zu treffen.
Der Arm des Angreifers senkte sich bis zum Ellbogen in McCanns Brust. Von Jimmys Perspektive aus war zu sehen, wie die Hand aus McCanns Rücken ragte.
»Aufhören!«
Es war eine helle Stimme, aber sie donnerte über den Platz, als ob sie direkt aus dem Himmel käme. Jimmy und die anderen Kinder fuhren herum.
Cooper.
Sie schritt die Stufen hinunter, über die auch Jimmy und die anderen eben gekommen waren. Ohne innezuhalten oder Jimmy auch nur eines Blickes zu würdigen, ging sie an ihnen vorbei zu McCann und seinem Kontrahenten. Zu Jimmys Überraschung stand McCann auf seinen Füßen. Die Hand war aus seinem Rücken verschwunden. Der Angreifer hatte sich ein paar Schritte zurückgezogen.
Cooper ließ auch den verdutzt dreinblickenden McCann hinter sich und stellte sich direkt vor die vorderste Reihe der Malachim.
»Noch eine Bekloppte«, flüsterte Rasim. »Hier muss irgendwo ein Nest sein.«
Eine Weile harrten beide Seiten aus, als würden sie sich gegenseitig abschätzen. Jimmy konnte sehen, wie sich McCann vorsichtig die Brust rieb, aber er machte keine Anstalten, sich vom Fleck zu rühren. Dann hob Cooper die Hand und sprach.
»Der Bote ist verschwunden. Das Portal ist geschlossen. Ihr seid unterlegen. Kämpft, und ihr werdet untergehen, heute oder an einem anderen Tag. Zieht ihr euch aber zurück, so verspreche ich, dass die Menschen euch nicht folgen werden.«
»Was redet die da?«, flüsterte Rasim. »Bote? Portal? Unterlegen? Die werden sie zerfetzen!«
Genau in diesem Moment bemerkte Jimmy Coopers Hand – oder vielmehr sah er plötzlich die Muskeln und Sehnen ihrer Hand. Aber das dauerte kaum länger als einen Wimpernschlag, dann war alles wieder normal. Sie senkte den Arm und wartete reglos.
Für ein paar Sekunden herrschte fast völlige Stille. Nur der Wind und ein paar Vögel, die nach dem Brand zurückgekehrt waren, waren zu hören.
Und dann wurde Jimmy Zeuge eines Wunders. Die Malachim zogen sich zurück. Als hätte ein unhörbarer Befehl sie dazu aufgefordert, drehte sich einer nach dem anderen um und verschwand in Richtung Norden. Mit offenem Mund verfolgte Jimmy das unglaubliche Geschehen.
Zum Schluss standen er und die anderen immer noch wie angewurzelt da, während die Malachim in Richtung Fluss marschierten.
Maureen Larson eilte zum Tempel oder vielmehr zu dem, was davon übrig war. Der Waldbrand hatte auch große Teile der Siedlung vernichtet, darunter auch die Bäume, die den Versammlungsplatz säumten. Nur der große Fels, der dem Pontifex als Kanzel gedient hatte, stand noch.
Viele Bewohner des Elysion waren im Feuer umgekommen oder hatten schwere Verbrennungen erlitten. Maureen gehörte zu den Glücklichen, die unversehrt entkommen waren, wobei sie sich selber seit dem Tod ihrer Söhne kaum noch als glücklichen Menschen bezeichnen konnte. Nächtelang hatte sie wach gelegen und sich selbst dafür verachtet, sich dem Pontifex nicht entgegengestellt zu haben. Jimmy hatte recht gehabt, der Mann war ein Ungeheuer gewesen. Und diesem Ungeheuer hatte sie die eigenen Söhne preisgegeben.
Dann kam das Feuer. Maureen hatte sich bei der Feuerwehr
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