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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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Vater so viel Zeit verbrachte und auf die sie deswegen ein bisschen eifersüchtig war. Von seiner Mutter wusste das Mädchen immerhin, dass der Vater ein berühmter Wissenschaftler war und er seit ein paar Jahren für die Leute arbeitete, »die uns alle regieren«. Doch abgesehen davon hatten beide Eltern dem Mädchen nur gesagt, dass die Arbeit des Vaters ein Geheimnis war, von dem niemand etwas wissen dürfe, und das Mädchen hatte ihnen versprechen müssen, nie wieder danach zu fragen.
    Nun aber, da das Mädchen seinen Vater täglich zu sehen bekam, genoss es jeden Moment davon. Insgeheim fragte es sich natürlich, was mit seiner geheimnisvollen Arbeit war. Vielleicht hing es irgendwie mit dem »Bürgerkrieg« zusammen, von dem in diesen Tagen dauernd die Rede war, wenn seine Eltern das Radio oder den Fernseher in der kleinen Hütte anstellten. Jedenfalls sahen ihre Gesichter bei diesen Sendungen immer ganz sorgenvoll aus, und sie tauschten dann allerhand von diesen seltsamen Blicken, mit denen sie sich manchmal untereinander zu verständigen schienen und von denen sie offensichtlich glaubten, das kleine Mädchen würde sie nicht bemerken.
    »Cooper, lauf weg!«
    Der Schrei zerriss die Stille des Waldes und drang in das Herz des kleinen Mädchens wie ein eisiger Dolch. Sie hätte die Stimme unter Tausenden erkannt, auch wenn sie noch nie so schrill geklungen hatte. Versteinert starrte sie auf die Hütte und zu ihrer Mutter, die ihr mit wirrem Haar und seltsam rudernden Armen aus der niedrigen Tür entgegengelaufen kam. Das Rot, das ihr Gesicht wie eine merkwürdige Maske aussehen ließ, tropfte unablässig von ihrem Kinn und hinterließ eine Spur im Schnee.
    Viele Jahre später, als das Mädchen schon fast kein Mädchen mehr war, würde es sich immer wieder fragen, ob seine Erinnerungen an diesen Tag nicht einfach nur böse Träume waren, so abgehackt erschienen die Ereignisse vor ihrem inneren Auge. So wie die Horde schwerer Männer, die förmlich wie aus dem Nichts hinter ihrer Mutter auftauchten, als ob die Hütte sie in die Lichtung gespien hätte. Sie erinnerte sich, dass auch die Gesichter der Männer sehr rot waren, aber sie tropften nicht so wie das ihrer Mutter. Für eine Weile erschien es ihr, als ob die Szene geräuschlos vonstattenging. Die rudernden Arme ihrer Mutter, die Arme der Männer, die, nach ihrer Mutter ausgestreckt, immer länger und länger zu werden schienen, bis plötzlich ein mörderischer Knall die Zeit für einen Moment einfror. Dann sah sie, wie ihre Mutter, nur noch wenige Schritte von ihr entfernt, auf die Knie fiel und ein letztes Mal die Arme nach ihr ausstreckte. Komisch nur, dass ihre Augen gar nicht mehr in ihre Richtung blickten. Die seltsame Röte hatte die ganze vordere Seite ihres schlichten Kleides dunkel gefärbt.
    In ihrer nächsten Erinnerung lag ihre Mutter flach auf dem Boden, die Arme vor dem Kopf, als versuche sie im roten Schnee zu schwimmen, während die schweren Männer mit den langen Armen um sie herumstanden. Es war in diesem Moment, dass eine Bewegung weit im Hintergrund ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Das Gesicht ihres Vaters, von innen an die Scheibe des Hüttenfensters gepresst, mit weit offenem Mund, fast als würde er sich an dem Glas festsaugen. Auf die Entfernung konnte das Mädchen es nicht so genau sagen, aber ihm war, als sei sein Blick fest auf sie gerichtet.
    Auch schien das Bild für einen kurzen Moment einzufrieren, bis zu dem Punkt, als die Scheibe vor dem Gesicht ihres Vaters in einem Nebel aus Scherben und roten Tropfen explodierte. Als sich der Nebel endlich lichtete, war das Gesicht ihres Vaters verschwunden, und das Mädchen wusste, dass es von nun an allein sein würde.
    Das letzte Bild, an das sich das Mädchen zukünftig erinnern würde, waren die zwei schmalen Gestalten, die ganz zum Schluss zwischen der Tür der Hütte und den schweren Männern auftauchten. Die eine der beiden war klein, fast so klein wie sie selbst.

    »Cooper, hilf mir …«
    Es war Stacys Stimme, flüsternd, krächzend, kaum zu verstehen. Cooper brauchte eine Sekunde, um das Grauen zu überwinden, das sie beim Anblick des Wesens befallen hatte. Es kniete auf Stacys Brust und presste mit einer Hand mühelos das Leben aus ihrer Stiefschwester heraus. Es war, als ob eine der Zeichnungen aus den Anatomiebüchern, die früher oft auf dem Tisch ihres Vaters gelegen hatten, zum Leben erwacht war. Unter den Tannennadeln und Blättern, die den größten Teil seiner

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