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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
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Schup­pen ver­steckt ge­hal­ten. Jetzt tob­te er mit sei­nen
vier Zy­lin­dern hin­ter ih­nen her, als hät­te er sech­zehn.
    »So was gibt es
im­mer noch«, sag­te Cler­fa­yt. »Er will ein Ren­nen ge­gen uns fah­ren. Sol­len wir
ihm ei­ne Leh­re ge­ben? Oder ihm sei­ne Il­lu­si­on las­sen, daß er den schnells­ten
Wa­gen der Welt hat?«
    »Las­sen wir heu­te
je­dem sei­ne Il­lu­si­on.«
    »Gut.«
    Cler­fa­yt hielt
Gi­u­sep­pe an. Der ro­te Sport­wa­gen hin­ter ihm hielt eben­falls an und be­gann zu
hu­pen. Er hat­te reich­lich Platz zum Über­ho­len; aber er woll­te sein Ren­nen.
    »So geht es«, sag­te
Cler­fa­yt seuf­zend und fuhr wie­der an. »Er ist ein Mensch; er will sein
Ver­der­ben.«
    Der ro­te Wa­gen
lang­weil­te sie bis Fai­do. Er ver­such­te im­mer wie­der auf­zu­ho­len. »Er wird sich
noch zu To­de stür­zen«, sag­te Cler­fa­yt schließ­lich. »Das letz­te Mal ist er schon
fast aus der Kur­ve ge­flo­gen. Las­sen wir ihn vor­bei.« Er brems­te, gab aber
so­fort wie­der Gas. »Die­ser Pfu­scher! An­statt vor­bei­zu­fah­ren ist er fast in
un­ser Heck ge­rast! Er ist eben­so ge­fähr­lich hin­ter uns wie vor uns.«
    Cler­fa­yt lenk­te den
Wa­gen zum rech­ten Stra­ßen­rand. Der Ge­ruch von Holz kam von ei­nem
Bret­ter­schup­pen her­über. Er hielt Gi­u­sep­pe vor dem Schup­pen an. Der ro­te Wa­gen
hielt die­ses Mal nicht. Er tos­te vor­über. Der Mann in ihm wink­te ver­ächt­lich
und lach­te. Es wur­de sehr still. Man hör­te nur einen Bach rau­schen und das
lei­se Klop­fen des Re­gens. Dies war das Glück, fühl­te Lil­li­an. Die­se Mi­nu­te der
Stil­le voll dunk­ler, feuch­ter, frucht­ba­rer Er­war­tung. Sie wür­de sie nie
ver­ges­sen – die Nacht, das sanf­te Rie­seln und die be­glänz­te, nas­se Stra­ße.
    Ei­ne Vier­tel­stun­de
spä­ter ka­men sie in Ne­bel. Cler­fa­yt schal­te­te auf die klei­nen Lich­ter um. Er
fuhr sehr lang­sam. Nach ei­ner Wei­le konn­ten sie den Stra­ßen­rand wie­der
er­ken­nen. Für hun­dert Me­ter war der Ne­bel weg­ge­wischt vom Re­gen; dann ge­rie­ten
sie wie­der in ei­ne Wol­ke, die aus der Tie­fe hoch­weh­te.
    Cler­fa­yt brems­te
den Wa­gen plötz­lich sehr stark. Sie wa­ren ge­ra­de aus dem Ne­bel her­aus­ge­kom­men.
Vor ih­nen, um einen Ki­lo­me­ter­stein ge­dreht, hing der ro­te Sport­wa­gen, ein Rad
über dem Ab­grund. Ne­ben ihm stand der Mann, der ihn ge­fah­ren hat­te, un­ver­letzt.
    »Das nennt man
Glück«, sag­te Cler­fa­yt.
    »Glück?« er­wi­der­te
der Mann wü­tend. »Und der Wa­gen? Se­hen Sie sich das an! Ich bin nicht
kas­ko­ver­si­chert. Und mein Arm?«
    »Ihr Arm ist
höchs­tens ver­staucht. Sie kön­nen ihn ja be­we­gen. Mann, sei­en Sie froh, daß Sie
noch auf der Stra­ße ste­hen.«
    Cler­fa­yt stieg aus
und be­trach­te­te das Wrack. »Manch­mal sind die Ki­lo­me­ter­stei­ne doch zu et­was
gut.«
    »Sie, Herr, sind
schuld!« schrie der Mann. »Sie ha­ben mich da­zu ge­bracht, zu schnell zu fah­ren.
Ich ma­che Sie ver­ant­wort­lich! Hät­ten Sie mich pas­sie­ren las­sen und nicht ein
Ren­nen mit mir an­ge­fan­gen ...«
    Lil­li­an lach­te.
»Was lacht die Da­me?« frag­te der Mann är­ger­lich.
    »Das geht Sie
nichts an. Aber da heu­te Mitt­woch ist, will ich es Ih­nen er­klä­ren. Die Da­me
kommt von ei­nem an­dern Stern und kennt un­se­re Ge­bräu­che hier un­ten noch nicht;
sie lacht, weil Sie um Ih­ren Wa­gen jam­mern, an­statt sich zu freu­en, daß Sie
noch le­ben. Der Da­me ist das un­er­klär­lich. Ich hin­ge­gen be­wun­de­re Sie des­halb.
Ich wer­de Ih­nen von der nächs­ten Ort­schaft einen Ab­schlepp­wa­gen schi­cken.«
    »Halt! So kom­men
Sie nicht da­von! Hät­ten Sie mich nicht zum Ren­nen her­aus­ge­for­dert, wä­re ich
ru­hig ge­fah­ren und wür­de nicht ...«
    »Die Kon­junk­ti­ve
ge­ra­ten Ih­nen durch­ein­an­der«, sag­te Cler­fa­yt. »Am bes­ten ma­chen Sie den
ver­lo­re­nen Krieg für al­les ver­ant­wort­lich.«
    Der Mann sah auf
Cler­fa­yts Num­mern­schild. »Fran­zö­sisch! Wie krie­ge ich da mein Geld?« Er
fum­mel­te mit ei­nem Blei­stift und ei­nem Stück Pa­pier in der lin­ken Hand her­um.
»Ih­re Num­mer! Schrei­ben Sie sie mir auf! Se­hen Sie nicht, daß ich

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