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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
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Bo­ris.«
    »Du siehst aus, als
brauch­test du et­was zu es­sen. Komm in das Café drü­ben. Ich wer­de in­zwi­schen
se­hen, ob ich noch ei­ne Fahr­kar­te be­kom­me.«
    Sie gin­gen hin­über.
Er be­stell­te ihr Ei­er, Schin­ken und Kaf­fee. »Ich ge­he zu­rück zum Bahn­hof«,
sag­te er.
    »Bleib hier. Lauf
nicht weg.«
    »Ich lau­fe nicht
mehr weg. Warum denkt das je­der?« Bo­ris lä­chel­te. »Es ist nicht das Schlech­tes­te,
wenn man das denkt. Man will dann, daß der an­de­re bleibt.«
    Sie sah ihn an.
Ih­re Lip­pen zit­ter­ten. »Ich will nicht wei­nen«, sag­te sie.
    Er blieb am Tisch
ste­hen. »Du bist nur er­schöpft. Iß et­was. Ich bin si­cher, es ist das ers­te
heu­te.«
    Sie hob den Kopf.
»Se­he ich so schlecht aus?«
    »Nein, Du­scha. Und
selbst wenn du mü­de aus­sä­hest, so ho­len ein paar Stun­den Schlaf bei dir im­mer
al­les wie­der auf. Hast du das ver­ges­sen?«
    »Ja«, sag­te sie.
»Ich ha­be so vie­les ver­ges­sen. Und man­ches nicht.«
    Sie be­gann zu
es­sen, aber sie un­ter­brach sich und nahm ih­ren Spie­gel her­aus. Sie be­trach­te­te
sich sehr ge­nau, das Ge­sicht, die Au­gen, die blau­en Schat­ten. Was hat­te der
Arzt in Niz­za ge­sagt? Be­vor es Som­mer wird, und viel­leicht frü­her, wenn Sie so
wei­ter­le­ben. Som­mer – hier war es schon Som­mer, aber in den Ber­gen kam er
spät. Sie be­trach­te­te das Ge­sicht noch ein­mal, dann hol­te sie Pu­der und
Lip­pen­stift her­vor. Wol­kow kam zu­rück. »Ich ha­be ei­ne Fahr­kar­te be­kom­men. Der
Zug ist nicht aus­ver­kauft.«
    »Hast du ein Bett?«
    »Noch nicht. Aber
viel­leicht wird eins frei. Ich brau­che kei­nes; ich ha­be den gan­zen Weg hier­her
ge­schla­fen.« Er strei­chel­te den Hund, der bei Lil­li­an sit­zen ge­blie­ben war. »Du
mußt einst­wei­len in den Pack­wa­gen, Wolf, aber wir schmug­geln dich schon wie­der her­aus.«
    »Ich kann ihn in
mein Ab­teil neh­men.«
    Bo­ris nick­te. »In
Frank­reich gibt es ver­ständ­nis­vol­le Schaff­ner. In Zü­rich über­le­gen wir dann,
was du tun willst.«
    »Ich will zu­rück«,
sag­te Lil­li­an.
    »Zu­rück? Wo­hin?«
frag­te Wol­kow vor­sich­tig.
    Sie schwieg.
    »Ich war auf dem
We­ge zu­rück«, sag­te sie dann. »Du brauchst es nicht zu glau­ben.«
    »Warum soll ich es
nicht glau­ben?«
    »Warum soll­test
du?«
    »Ich ha­be ein­mal
ge­nau das­sel­be ge­tan wie du, Du­scha. Vor vie­len Jah­ren. Ich bin auch
zu­rück­ge­gan­gen.«
    Lil­li­an zer­brö­ckel­te
ei­ne Kru­me Brot auf ih­rem Tel­ler. »Es nützt nichts, wenn je­mand es ei­nem vor­her
er­klärt, wie?«
    »Nichts. Man muß es
selbst her­aus­fin­den. Man wür­de sonst im­mer glau­ben, das Wich­tigs­te ver­säumt zu
ha­ben. Weißt du schon, wo­hin du ge­hen willst von Zü­rich aus?«
    »In ir­gend­ein
Sa­na­to­ri­um. Im Bel­la Vis­ta neh­men sie mich si­cher nicht wie­der.«
    »Na­tür­lich neh­men
sie dich. Aber weißt du be­stimmt, daß du zu­rück willst? Du bist jetzt er­schöpft
und brauchst Ru­he. Das kann sich än­dern.«
    »Ich will zu­rück.«
    »Cler­fa­yts we­gen?«
    »Cler­fa­yt hat
nichts da­mit zu tun. Ich woll­te schon vor­her zu­rück.«
    »Warum?«
    »Aus vie­len
Grün­den. Ich weiß sie jetzt nicht mehr. Sie wa­ren so rich­tig, daß ich sie
wie­der ver­ges­sen ha­be.«
    »Wenn du un­ten
blei­ben willst – du brauchst nicht al­lein zu sein. Ich kann auch blei­ben.«
    Lil­li­an schüt­tel­te
den Kopf. »Nein, Bo­ris. Es ist ge­nug. Ich will zu­rück. Aber du willst
viel­leicht noch blei­ben? Du warst so lan­ge nicht un­ten.«
    Wol­kow lä­chel­te.
»Ich ken­ne das hier schon ...«
    Sie nick­te. »Das
ha­be ich ge­hört. Ich ken­ne es jetzt auch.«
    In
Zü­rich
te­le­fo­nier­te Wol­kow mit dem Sa­na­to­ri­um.
    »Lebt sie noch?«
frag­te der Dalai La­ma mür­risch.
    »Al­so gut,
mei­net­we­gen kann sie kom­men.«
    Lil­li­an blieb noch
ei­ne Wo­che in Zü­rich im Ho­tel Dol­der. Sie lag viel zu Bett. Sie war plötz­lich
sehr mü­de. Das Fie­ber kam je­den Abend und war hoch. Wol­kow frag­te den Arzt, den
er zur Be­hand­lung ge­holt hat­te. »Sie müß­te längst im Kran­ken­haus sein«,
er­klär­te der Pro­fes­sor. »Las­sen Sie sie hier.«
    »Sie will nicht
hier blei­ben. Sie will nach oben.«
    Der Arzt hob

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