Email ans Universum (German Edition)
wie viele Bücher ich auch über mechanistische Biologie gelesen habe. Sie alle erschienen mir wie vierbeinige Menschen.
Jeder LSD-Reisende hat seine oder ihre eigenen Berichte anzubieten. An dieser Stelle biete ich lediglich die Sammlung meiner eigenen Erfahrungen an, die ich in den von mir favorisierten Metaphern ausdrücke.
Nach meiner ersten LSD-Reise erschienen mir nicht nur Hunde weniger maschinenhaft als zuvor, sondern auch Käfer, Bäume, Vögel und selbst der Sternenhimmel. Und nachdem ich meinen hundertsten Trip genommen hatte, kam sogar ich mir selbst weniger wie eine Maschine vor.
In meinen Augen waren weder Pantheismus noch Panpsychismus jemals Philosophien. Vielmehr habe ich Philosophien gänzlich aufgegeben. Ich lebe inmitten von Wundern, die ich unter dem Gesetz der allgemeinen Semantik betrachte, welches aussagt, dass keine Karte jemals das „gesamte“ Territorium abbilden kann. Ich denke, dass wir in jedem Fall das Wort „gesamt“ aus der Alltagssprache verbannen sollten, um es ausschließlich der reinen Mathematik zu überlassen.
Lasst mich das ein wenig erklären. Stellt euch eine große Stadt vor, die ihr gut kennt – Zürich, Berlin, Amsterdam, Los Angeles, welche Stadt auch immer. Der Illustration halber schreibe ich „Dublin“, aber ihr solltet an eine Stadt eurer Wahl denken. Denkt ihr, dass irgendeine Karte von Dublin die Aufenthaltsorte und Bewegungen aller dort lebenden Mäuse zeigen kann? Selbst wenn man diese Absurdität als theoretisch möglich betrachtet, würde diese Mäusekarte nicht die Blumen, Flöhe, Mikroben usw. beinhalten; auch würde sie keine Emotionen, Freude, Leid usw. der Menschen (oder der Hunde) abbilden – und sie würde auch nur für Sekunden relativ genau bleiben. (Absolut genau kann sie nicht einmal für eine Nanosekunde bleiben.)
Und nun denkt an die anderen Formen von „Karten“ – unser Glaube, unsere Künste und unsere Wissenschaften. Gibt die Quantenmechanik eine „vollständige“ oder auch nur eine fast vollständige Auskunft darüber, warum Bozo so viele Menschen umbringen möchte? Sagen uns Freuds Theorie, der Marxismus, der Postmodernismus, eine Hautprobe oder die Ölpreise – einzeln oder in einem Metamodell kombiniert – „alles“ darüber?
Sagt van Gogh mehr oder weniger über Pflanzenwuchs aus als Beethovens Sechste , Darwins Die Entstehung der Arten oder die neuesten botanischen Abhandlungen? Wessen Geometrie verrät die „ganze“ Wahrheit über den Dubliner Sternenhimmel – Euklids, Gauß´, Lobatchevskys, Buckminster Fullers?
Um das vollständig zu begreifen, was ich hiermit meine, probiert doch einmal folgende Übung: Versucht „alles“ über die Seite (oder den Computerbildschirm) auszusagen, auf welcher ihr diese Worte lest. Angenommen, ihr habt diesen Text als gedruckte Version vor euch, dann versucht alles aufzuschreiben, was ihr über die chemische Zusammensetzung der Tinte und des Papiers wisst. Wenn ihr nicht genug wisst, dann stellt ruhig Nachforschungen an.
Versucht „alles“ darüber in Erfahrung zu bringen, wie der Text von mir zu euch kam, sogar wenn dies sechs Monate Studium der Computerwissenschaften und Elektronik in Anspruch nimmt. Wer forderte mich dazu auf, diesen Text hier zu schreiben? Findet „alles“ über sie oder ihn heraus. Vernachlässigt auch nicht die anderen Personen, die mit der Produktion dieser Seite zu tun hatten – ihre Gehälter, ihre Sorgen, ihre Religionen, ihre politischen Einstellungen, ihr Sexleben,…
Und vergesst auch mich nicht, warum mich jemand fragte, ob ich über LSD schreiben könne und ich zustimmte? Versucht „alles“ über mich herauszufinden.
(Hinweis: Während ich diese Übung machte, fand ich heraus, dass unter den unbegrenzten Ursachen dafür, warum ich Schriftsteller wurde, auch die Überfischung der Nordsee durch die Dänen vor 15 Jahrhunderten eine Rolle spielte 85 .)
Wenn man mit dieser Suche nach der „Gesamtheit“ gründlich genug fortfährt (mindestens über zwei Jahre), wird die Seite wahrscheinlich leicht vergilbt und die Tinte etwas verblasst sein, was dann weitere Untersuchungen auf dem Gebiet der Chemie zur Folge hat, ja sogar der politischen Geschichte – zum Beispiel wäre das Papier haltbarer, wenn es aus Hanf hergestellt würde. Warum benutzen die Verlage stattdessen Holz?
Jetzt stellt euch vor, dass diese gigantische Informationsflut euer Gehirn nicht in zwei Jahren, sondern in zwei Nanosekunden durchströmt, wobei die
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