Emil und die Detektive
Weise deine Tüchtigkeit belohnt wird.« Emil machte eine Verbeugung.
Dann nahm der Beamte ein Bündel Geldscheine aus seiner Mappe, zählte sie auf den Tisch, und Tante Martha, die genau aufpaßte, flüsterte, als er fertig war: »Tausend Mark!«
»Ei Potz!« rief Pony. »Nun haut's dreizehn!« Großmutter unterschrieb eine Quittung. Dann ging der Wachtmeister. Und Tante Martha gab ihm vorher ein großes Glas Kirschwasser aus Onkels Schrank.
Emil hatte sich neben die Großmutter gesetzt und konnte kein Wort reden. Die alte Frau legte ihren Arm um ihn und sagte kopfschüttelnd: »Es ist doch kaum zu glauben. Es ist doch kaum zu glauben.« Pony Hütchen stieg auf einen Stuhl, taktierte, als wäre eine Kapelle im Zimmer, und sang: »Nun laden wir, nun laden wir die ändern Jungens zum Kaffee ein!«
»Ja«, sagte Emil, »das auch. Aber vor allem... eigentlich könnte doch nun... was denkt ihr... Mutter auch nach Berlin kommen...«
Siebzehntes Kapitel - Frau Tischbein ist so aufgeregt
Am nächsten Morgen klingelte Frau Bäckermeister Wirth in Neustadt an der Tür von Frau Friseuse Tischbein.
»Tag, Frau Tischbein«, sagte sie dann. »Wie geht's?«
»Morgen, Frau Wirth. Ich bin so sehr in Sorge! Mein Junge hat noch nicht eine Zeile geschrieben. Immer, wenn es klingelt, denke ich, es ist der Briefträger. Soll ich Sie frisieren?«
»Nein. Ich wollte nur mal herkommen, und... weil ich Ihnen etwas ausrichten soll.«
»Bitteschön«, sagte die Friseuse.
»Viele Grüße von Emil und...«
»Um Himmelswillen! Was ist ihm passiert? Wo ist er? Was wissen Sie?« rief Frau Tischbein. Sie war furchtbar aufgeregt und hob ängstlich beide Hände hoch.
»Aber es geht ihm doch gut, meine Liebe. Sehr gut sogar. Er hat einen Dieb erwischt. Denken Sie nur! Und die Polizei hat ihm eine Belohnung von tausend Mark geschickt. Was sagen Sie nun? Hm? Und da sollen Sie, mit dem Mittagszug, nach Berlin kommen.«
»Aber woher wissen Sie das denn alles?«
»Ihre Schwester, Frau Heimbold, hat eben aus Berlin bei mir im Geschäft angerufen. Emil hat auch ein paar Worte gesagt. Und Sie sollten doch ja kommen! Wo Sie jetzt soviel Geld hätten, wäre das doch zu machen.«
»So, so... Ja freilich«, murmelte Frau Tischbein verstört. »Tausend Mark? Weil er einen Dieb erwischt hat? Wie ist er bloß auf die Id ee gekommen? Nichts als Dummheiten macht er!«
»Aber es hat sich doch gelohnt! Tausend Mark sind doch eine Menge Geld!«
»Gehen Sie mir ja mit den tausend Mark!«
»Na, na, es kann einem Schlimmeres passieren. Also, werden Sie fahren?«
»Natürlich! Ich habe keinen Augenblick Ruhe, bis ich den Jungen gesehen habe.«
»Also, gute Reise. Und viel Vergnügen!«
»Danke schön, Frau Wirth«, sagte die Friseuse und schloß kopfschüttelnd die Tür.
Als sie, nachmittags, im Berliner Zug saß, erlebte sie eine noch größere Überraschung. Ihr gegenüber las ein Herr Zeitung. Frau Tischbein blickte nervös aus einer Ecke in die andere, zählte die Telegraphenmasten, die vorm Fenster vorbeizogen, und wäre am liebsten hinter den Zug gerannt, um zu schieben. Es ging ihr zu langsam. Während sie so herumrutschte und den Kopf hin und her drehte, fiel ihr Blick auf die Zeitung gegenüber.
»Allmächtiger!« rief sie und riß dem Herrn das Blatt aus der Hand. Der Herr dachte, die Frau sei plötzlich verrückt geworden, und kriegte Angst.
»Da! Da!« stammelte sie. »Das hier... das ist mein Junge!« Und sie stieß mit dem Finger nach einer Photographie, die auf der ersten Zeitungsseite zu sehen war. »Was Sie nicht sagen!« meinte der Mann erfreut. »Sie sind die Mutter von Emil Tischbein? Das ist ja ein Prachtkerl. Hut ab, Frau Tischbein, Hut ab!«
»So, so«, sagte die Friseuse. »Behalten Sie den Hut ruhig auf, mein Herr!« Und dann begann sie den Artikel zu lesen. Darüber stand in Riesenbuchstaben:
Ein kleiner Junge als Detektiv!
Hundert Berliner Kinder auf der Verbrecherjagd Und dann folgte ein ausführlich spannender Bericht über Emils Erlebnisse vom Bahnhof in Neustadt bis ins Berliner Polizeipräsidium. Frau Tischbein wurde richtig blaß. Und die Zeitung raschelte, als wäre es windig. Und dabei waren die Fenster verschlossen. Der Herr konnte es kaum erwarten, daß sie den Artikel zu Ende las. Doch der war sehr lang und füllte fast die ganze erste Seite aus. Und mittendrin saß Emils Bild.
Endlich legte sie das Blatt beiseite, sah ihn an und sagte: »Kaum ist er allein, macht er solche
Weitere Kostenlose Bücher