Emil und die drei Zwillinge
Kartenkunststücke.
Und dann endlich kam die Glanznummer des Abends, ,The three Byrons’!
Was Mister Byron mit seinen beiden Zwillingen zuwege brachte, war geradezu unfaßbar. Die Zuschauer saßen steif auf ihren Stühlen und wagten kaum zu atmen. Am großartigsten wurde es, als sich Mister Byron rücklings auf ein Taburett legte und die Arme hochreckte. Jackie Byron, der größere Zwilling, machte in der rechten Handfläche seines Vaters den Kopfstand, und Mackie Byron in der linken Hand. Erst hielten sie sich noch mit ihren Händen an Mister Byrons Armen fest. Aber dann ließen sie seine Arme los und legten ihre Hände stramm an die Hosennaht! So standen sie auf dem Kopf, wie kleine umgekehrte Soldaten. Hinterher sprangen sie wieder auf die Füße und lächelten, als sei gar nichts gewesen.
Mister Byron blieb auf seinem Taburett liegen, zog die Knie an den Leib und streckte die Füße hoch. Mackie legte sich bäuchlings auf die väterlichen Fußsohlen. Mister Byron bewegte jetzt die Füße, fast wie ein Radfahrer, und Mackie drehte sich auf den Sohlen seines Vaters um die eigene Längsachse wie eine rasende Spindel. Dann flog er plötzlich in die Luft, wirbelte um sich selber, fiel wieder auf Byrons Füße, wurde wieder hochgeworfen, drehte sich in der Luft um neunzig Grad und fiel, — nein, er fiel nicht, sondern stand auf einmal mit seinen Füßen auf den Füßen Mister Byrons!
Klotilde meinte mit zitternder Stimme: „Ich kann gar nicht mehr hinsehen.“
Aber Emil, Gustav und der Professor waren hingerissen.
„Schade, daß der kleine Dienstag nicht mit ist“, sagte Gustav.
Dann legte sich Jackie Byron, der eine Zwilling, aufs Taburett, streckte die Arme hoch, ergriff die Hände seines Vaters, und dann machte dieser große schwere Athlet auf Jackies hochgestreckten Armen einen Handstand!
»Daß dem Jackie nicht die Knochen brechen, ist mir rätselhaft“, flüsterte Emil.
Gustav nickte. „Daß da nichts passiert, spricht gegen sämtliche physikalischen Gesetze.“
Als die drei Byrons mit ihren Künsten zu Ende waren, brach ein unerhörter Beifall los. Die Korlsbüttler Einwohner, die vor dem Hotel standen und durch die Vorhangspalte blickten, klatschten so lange, bis die Fledermäuse aufgeregt umherflatterten. Der Bühnenvorhang mußte zwölfmal aufgezogen werden.
Gustav ergriff sein englisches Wörterbuch und stand, zum äußersten entschlossen, auf. „Los!“ sagte er und lief davon. Der Professor und Emil folgten ihm eilig.
Sie erwarteten die Zwillinge im Korridor hinter der Bühne.
„Hallo, boys!“ rief der Professor.
Die Zwillinge drehten sich um.
„A moment, please“, bat Gustav.
Mackie, der Kleinere, setzte sich in Trab und verschwand in einem Hinterzimmer. Jackie blieb stehen.
„You are wonderful“, meinte Emil. „Very nice, indeed. My compliments, Byron.“
Jackie Byron kam auf sie zu. Er sah mächtig müde und verschwitzt aus.
Gustav blätterte im Wörterbuch. „Hallo, dear“, stotterte er dann. „We have seen you. It’s the greatest impression in all my life, by Jove! Do you understand?“
Jackie Byron blickte die drei Jungen lange an. Dann sagte er leise: „Nu macht mal keinen Quatsch! Ich verstehe kein einziges Wort Englisch. ‘N Tag, die Herren!“
Die drei Freunde machten verblüffte Gesichter.
Gustav klappte das Wörterbuch zu. „Mich trifft der Schlag.
Ich denke, du bist Engländer?“
„Ach wo“, erwiderte Jackie. „Unsere Namen sind Künstlernamen. Ausländische Namen ziehen mehr. Was glaubt ihr wohl wie ich in Wirklichkeit heiße ?“
Als die drei Byrons mit ihren Künsten zu Ende waren, brach ein unerhörter Beifall los.
Sie zogen Stirnfalten und dachten nach: „Sag’s lieber gleich“, empfahl der Professor. „Sonst könnten wir ja das ganze Adreß- buch durchraten.“
Jackie hielt einen Finger vor den Mund. „Ihr dürft es natürlich nicht weitererzähle n. Ich heiße, nein, ich sag’s doch lieber nicht.“
Emil meinte: „Ich heiße Tischbein. Viel schlimmer wirst du auch nicht heißen.“
„Doch“, sagte Jackie. „Also gut. Ich heiße Paul Pachulke und bin aus Berlin-Teltow.“
„Paulchen Pachulke“, flüsterte Gustav. „Aus Teltow an der Rübe!“ Er staunte. „Na, is ja alles halb so wichtig. Ich heiße Gustav. Und wir wollten dir mitteilen, daß wir schwer begeistert sind. Mensch, ihr seid Sonderklasse.“
Jackie freute sich über das Lob. „Sehr angenehm“, sagte er.
„Kommt ihr morgen wieder ins Bad?“
Sie
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