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Emil und die drei Zwillinge

Emil und die drei Zwillinge

Titel: Emil und die drei Zwillinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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Kapitän Schmauch auf. Klotilde mußte ihm einen steifen Grog brauen. Er setzte sich in den Lehnstuhl, stopfte seine Shagpfeife, paffte blaue Wolken gegen die Gardinen und sagte: „Hier ist’s gemütlich! Seit ich gestern abend mit euch zusammen war, habe ich in meinem eignen Hause Budenangst.“
    „Sie hätten, als Sie jünger waren, heiraten sollen“, entgegnete die Großmutter.
    „Nee“, sagte der Kapitän. „Der Mann dauernd auf dem Ozean und die Frau Gemahlin dauernd allein zu Hause, — das wäre auch nicht das Richtige gewesen. Heute abend gondle ich schon wieder auf ein paar Tage nach Südschweden. Holz frachten. So geht das nun seit Jahrzehnten. Und immer solo! Wenn wenigstens der Hans für immer in Korlsbüttel bliebe. Aber wenn seine Lehrzeit als Pikkolo vorbei ist, geht er ja nach England und Frankreich. Ein Kellner muß in fremden Ländern herumgekommen sein und kann nicht wegen eines alten Onkels hierbleiben.
    Na ja, und so wird man älter und älter. Bis man eines schönen Tages nicht mehr älter wird.“ Er war richtig gerührt. Deswegen bekam er noch einen Grog.
    Dann aber mußte er an Bord. Er zog seinen Ölmantel an und stiefelte in den Regen hinaus. In Richtung Schweden.
    Nach dem Abendessen saßen die Jungen wieder allein in der Veranda. Dienstag war noch da. Er hatte die Erlaubnis seiner Eltern, bis neun Uhr zu bleiben. Der Regen trommelte aufs Dach.
    Sie langweilten sich.

    Plötzlich preßte sich ein Gesicht ans Verandafenster. Und es klopfte leise an die Glasscheibe.
    Die vier sprangen auf. Der Professor lief zur Tür und riß sie auf: „Wer ist da?“
    Hastig trat eine vermummte Gestalt ein.
    Es war Hans Schmauch, der Pikkolo. „Entschuldigt die Stö- rung“, sagte er. „Aber ich brauche euren Rat.“ Er legte die nasse Pelerine ab. „Stellt euch folgendes vor: Gegen acht Uhr bestellte Mister Byron einen Tee bei mir. Auf sein Zimmer. Ich trug also den Tee hinauf. Als ich wieder gehen wollte, meinte er, er müsse mich was fragen. Es dürfe aber kein Mensch erfahren. Ich nickte. Was hätte ich andres tun sollen, nicht? Dann sagte er: ,Du bist ein ausgezeichneter Turner. Ich habe dich im Bad turnen sehen. Du hast Talent. Wenn ich dich ausbilde, kannst du ein großartiger Artist werden. Und vor allem bist du so wunderbar klein und leicht! Laß dich einmal heben!’ Er hob mich mit einem Arm hoch und wirbelte mich derartig durch die Luft, daß mir schwarz vor Augen wurde. Dann setzte er mich wieder nieder. ,Ihr Tee wird kalt, Mister Byron’, sagte ich und wollte aus dem Zimmer. Er aber verstellte mir die Tür und fragte, ob ich Lust hätte, Artist zu werden und mit ihm aufzutreten. .Aber Sie haben doch schon Ihre Zwillinge’, sagte ich.
    .Wozu brauchen Sie denn einen dritten?’ .Ich brauche keinen dritten’, erklärte er. .Sondern einen zweiten’. Und wißt ihr, was er dann sagte?“
    Die Jungens lauschten aufgeregt.
    Der Pikkolo fuhr in seinem Bericht fort: „Es klang so komisch, was er dann sagte. Und zugleich klang es so unheimlich!
    Er sagte nämlich: ‚Jackie wird mir zu schwer!‘
    „Zu schwer?“ fragte Dienstag.
    „Na ja. Jackie wächst. Und je mehr er wächst, um so mehr wiegt er. Und weil er zuviel wiegt, kann sein Vater manche Übungen mit ihm schon gar nicht mehr machen. Und andre Übungen klappen nicht mehr. Oder sie werden zu gefährlich.
    Wenn Jackie so weiter wächst, kann Mister Byron überhaupt nichts mehr mit ihm anfangen.“
    Die Jungen standen da und schwiegen.
    Der Pikkolo fuhr fort: „Aus diesem Grunde soll ich mit Mister Byron und Mackie fortfahren. Er will mit uns bei Nacht und Nebel ausreißen. Und Jackie soll keine Silbe davon erfahren.
    So einen Ersatz wie mich fände er sobald nicht wieder, hat Mister Byron gesagt.“
    Emil griff sich an den Kopf. „Aber um alles in der Welt!“ rief er. „Der Mann kann doch nicht einfach einen Sohn von sich irgendwo an der Ostsee sitzen lassen, bloß weil der Junge wächst! Das ist doch heller Wahnsinn! Was soll denn aus dem Jackie werden?“
    „Das arme Paulchen!“ flüsterte Gustav.
    Der Professor ging auf und ab. „Das wäre ja noch schöner.
    Wir werden das unter gar keinen Umständen dulden. Einfach einen Zwilling versetzen! Und einen dritten engagieren! Das kommt gar nicht in Frage.“
    „Ein Glück, daß unsre Erwachsenen nach Dänemark gondeln“, erklärte Gustav. „Da sind sie uns wenigstens nicht im Wege.“
    Emil schlug auf den Tisch. „Dieser Muskelpietsch soll sich wundern. Das ist wieder

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