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Emil und die drei Zwillinge

Emil und die drei Zwillinge

Titel: Emil und die drei Zwillinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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Emil sagte, während er das Handtuch an den Nagel hängte: „Es scheint mit Vätern seine Schwie - rigkeiten zu haben. Dem einen Jungen will der Vater durchbrennen. Und der andre Junge soll einen neuen Vater kriegen, obwohl er eigentlich gar keinen haben will.“
    „Welcher andre Junge?“ fragte der Professor. Weil Emil nicht antwortete, blickte er zu ihm hin. Und plötzlich verstand er den Zusammenhang. „Ach so.“

    „Ich habe noch mit keinem Menschen darüber gesprochen“ meinte Emil leise. „Auch mit meiner Mutter nicht. Mit ihr sogar am allerwenigsten.“
    „Ich erzähle es nicht weiter“, sagte der Professor.
    Emil hängte die Pfanne von einem Haken an den andern. Er drehte den Wasserhahn fester zu. Er schloß das Fenster. „Ich muß mit jemandem darüber sprechen. Es ist so schwer für mich, weißt du ? Auf meinen Vater kann ich mich kaum besinnen. Seitdem sind meine Mutter und ich allein. Und ich bin nie auf den Gedanken gekommen, daß das anders werden könnte. Und ich dachte immer: Wenn ich erst einmal Geld verdiene, wird’s schö- ner werden. Dann machen wir in den Ferien große Reisen. Oder auch kleine. Und wir nehmen uns eine größere Wohnung. Mit echten Möbeln und vielen guten Büchern. Und zweimal in der Woche kommt eine Aufwartefrau. Und die Wäsche geben wir weg. Naja, wie man sich das so ausmalt. Statt dessen kommt da plötzlich ein Mann und will meine Mutter heiraten. Und wer wird nun die größere Wohnung mieten? Er! Und wer wird mit meiner Mutter verreisen? Er! Und wer bestellt nun die Aufwartefrau?
    Er! Er verdient das Geld. Und ob ich welches verdiene, ist ganz unwichtig. Ich darf sogar studieren, sagt er. Immer ist er da! Und mit einemmal kann man seiner Mutter nicht mehr alles erzählen. Vielleicht interessiert sie’s gar nicht mehr, denkt man.
    Und dann kann man abends nicht einschlafen. Und wenn sie hereinkommt, atmet man tief, als schliefe man doch! Dabei möchte man viel lieber laut heulen! Wie’n ganz kleiner Sextaner.“ Emil schluckte schwer. Dann nahm er sich mächtig zusammen. „Na, es wird schon gehen. Wenn sie ihn lieb hat, muß sie ihn natürlich heiraten. Es ist vielleicht gar nicht so wichtig, daß das Leben für mich nun nicht mehr so schön ist.“
    „Schon möglich“, meinte der andere. „Aber hat sie ihn denn lieb?“

    „Erlaube mal. Warum sollte sie ihn denn sonst heiraten? Bestimmt hat sie ihn lieb. Er ist ja auch ein netter Mann. Er und ich, wir verstehen uns soweit ganz gut.“ Er blickte seinen Freund an. „Was hältst du von der Sache?“
    Der Professor sagte: „Ich glaube, du bist zu egoistisch. Findest du nicht? Deine Mutter ist doch nicht nur deine Mutter.
    Sondern auch eine Frau. Seit dein Vater tot ist, hat sie das deinetwegen vergessen. Weil du klein warst. Aber nun bist du groß genug. Und da denkt sie seit langem wieder einmal an sich selber. Das ist ihr gutes Recht.“
    „Das sage ich mir ja jeden Tag hundertmal. Aber es macht mich traurig, weißt du? Und es ist furchtbar schade.“
    „Es ist vieles furchtbar schade im Leben“, meinte der Professor. „Das werden wir beide nicht ändern. Aber es ist immer noch besser, es ist für dich schade als für deine Mutter.“
    „Selbstverständlich“, sagte Emil. „Aber ich glaube, ich habe zwei Menschen in mir drin. Der eine sieht alles ein und nickt mit dem Kopfe. Und der andre hält sich die Augen zu und weint ganz leise. Kennst du das?“
    „Ich habe davon gelesen“, erklärte der Professor. „Aber selber bin ich nicht so. Was ich eingesehen habe, tut mir nicht mehr leid.“
    „Dann bist du zu beneiden!“ meinte Emil nachdenklich. „Ich war jedenfalls sehr froh, als deine Einladung kam! Denn ich kann mich so schwer verstellen. Und vielleicht hätte sie etwas gemerkt. Stell dir das vor! Sie hätte sofort erklärt, daß sie ihn nicht nimmt. Denn das hat sie ihm ja gleich gesagt: ,Ich heirate nur, wenn mein Junge damit einverstanden ist!‘ Und da mußte er mich erst fragen.“
    „Kolossal anständig von der Frau!“ meinte der Professor anerkennend.
    „Na Mensch“, sagte Emil. „Meine Mutter!“ Später zogen sie ihre Mäntel an und gingen den beiden Freunden entgegen. Sie trafen einander im Erlenbruch.
    „Die Sache kommt morgen abend zum Klappen“, berichtete Gustav. „Morgen hat nämlich der Pikkolo seinen freien Tag. Und abends will der feine Herr mit seinem Zwilling junior und unserem Hans Schmauch türmen. Schmauch will von uns wissen, was er tun soll. Mister Byron,

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