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Emil und die drei Zwillinge

Emil und die drei Zwillinge

Titel: Emil und die drei Zwillinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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Focksegel. Das Boot glitt nach Nordwesten.
    Um die gleiche Zeit saßen unsere Dänemark-Touristen in Kopenhagen auf der Terrasse eines Restaurants, das ,Frascati‘
    hieß. Sie frühstückten und freuten sich über das wunderschöne Glockenspiel des Rathausturms. Außerdem bestaunten sie den Appetit ihrer Nachbarn.
    „Je kleiner das Land, um so größer der Appetit seiner Bewohner“, erklärte Justizrat Haberland.
    Emils Großmutter betrachtete das dänische Ehepaar, das am Nebentisch saß, und sagte: „Es ist ein Wunder. Wenn man bedenkt, was die beiden Leute gefuttert haben, seit wir hier sitzen, so müßten sie eigentlich längst zerplatzt sein.“ Das dänische Ehepaar ließ sich nicht stören. Der Kellner servierte gerade den nächsten Gang.
    „Hier müssen ja die Köchinnen zu tun haben“, vermutete Fräulein Klotilde Seelenbinder. „Da hab’ ich’s bei Ihnen besser, gnädige Frau.“
    Frau Haberland lächelte dem alten Mädchen zu. „Fein, daß wir beide so zufrieden miteinander sind.“ Klotilde wurde rot und schwieg. Denn sie betete Frau Haberland an.
    Pony Hütchen hockte über einem Notizbuch, das sie vorsorglich mitgenommen hatte, und trug ein, was sie auf der Reise seit ihrer Ankunft in Kopenhagen erlebt hatte. Es waren natürlich nur Stichwörter. ,Gedser‘ stand da. Und ‚Feuerschiff‘. Vivel, prima Abendbrot. Tivoli, ein riesiger Rummelplatz. Amalienborg. Christiansborg. Alte Börse, prachtvolle Giebelreihe. Ausländische Kriegsschiffe, sogar japanische. Lange Linie, Strandbummel am Hafen. Thorwaldsenmuseum.

    „Wie mag es jetzt den Jungen gehen?“ fragte Klotilde.
    Der Justizrat sagte: „Die sind froh, daß sie uns los sind.“ Klotilde Schlips wollte es nicht glauben.
    Aber der Justizrat erklärte: „Das weiß ich nun besser, meine Liebe. Ich war ja selber einmal so’n Flegel.“ Pony blickte ihn ungläubig an.
    Er lachte. „Doch, doch, Pony!“ meinte er. „Es ist zwar schon lange her. Aber manchmal ist mir zumute, als sei’s gestern gewesen.“ Dann rief er den Kellner, zahlte und trieb zum Aufbruch.
    Auf der Westerbroegade stiegen sie in einen Überland-Autobus und fuhren gemeinsam mit reisenden Engländern, Dänen und Franzosen durch die Insel Seeland. Die Straße führte nordwärts. Immer an sauberen Häusern und Gärten vorbei. Und überall blühten rote Kletterrosen. Ein Ort, der besonders hübsch war, hieß Klampenborg. Pony schrieb den Namen rasch in ihr Notizbuch.
    Manchmal sahen sie zur Rechten das Meer. Es war aber kein Meer, sondern eine Meerenge, die der Sund heißt. Überseedampfer fuhren auf dem Sund. Mit Musikkapellen.
    Und mit einemmal entdeckte Pony auf der andern Seite des Sundes Land. Sie kam sich vor wie Columbus, zupfte den Justizrat aufgeregt am Ärmel und fragte: „Was ist das dort drüben?“
    „Das ist Schweden“, sagte Justizrat Haberland.
    „Aha“, meinte Pony. Und dann zückte sie ihr Notizbuch und trug ein: Schwedische Küste gesehen. Justizrat H. ein furchtbar netter Mann.
    Das Segelboot ,Kunigunde IV‘ war seit vielen Stunden auf dem Wasser. Noch immer wehte eine leichte Brise. Der Pikkolo hatte dem Professor und Gustav gezeigt, wie man die Segel fiert.
    Sie hockten auf der Luvseite und gondelten vergnügt durch die Ostsee. Das Picknick hatten sie schon intus. Es war alles in schönster Ordnung. Die Sonne schien freigebig. Der Wind streichelte die braungebrannten Gesichter, als meine er’s gut mit der Jugend.
    Gustav legte sich in der kleinen Kajüte auf eins der Ruhebetten und träumte, er rase mit seinem Motorrad übers Wasser.
    Der Professor saß neben dem Pikkolo, der die Ruderpinne bediente, und schaute ins Meer. Manchmal sah er eine bunt schillernde Qualle vorbeischwimmen. Manchmal einen Fisch.
    Plötzlich rief Hans Schmauch: „Was ist denn das ?“ und zeigte geradeaus.
    Vor ihnen lag eine Insel. Sie hielten auf sie zu.
    Der Pikkolo meinte: „Das müssen wir uns aus der Nähe betrachten!“
    Der Professor sagte: „Es scheint sich um einen Sandhaufen zu handeln. Mit etwas Gras drauf.“
    Sie waren schon ganz nahe.
    „Eine Palme!“ rief Hans Schmauch. „Mitten in der Ostsee eine Palme! Man sollte es nicht für möglich halten.“
    „Sie sieht aus, als hätte sie die Grippe“, stellte der Professor sachlich fest.
    „Es ist eine Fächerpalme.“
    Und dann gab es plötzlich einen Ruck!
    Hans Schmauch und der Professor fielen von ihren Sitzen.
    Gustav richtete sich jäh auf und stieß mit dem Kopf an die Kajütendecke. Er fluchte.

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