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Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel

Titel: Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G.E. Lessing
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geben.« 1
    Emilia ist nicht die einzige Person in Lessings Drama, die sich vor die Frage nach dem angemessenen Handeln gestellt sieht. Der Prinz, ihr Gegenspieler, fragt seinen Kammerdiener: »Was würden Sie tun, wenn Sie an meiner Stelle wären?« (I,6). Und am Ende des Trauerspiels ruft Odoardo, der Vater, der seine Tochter erdolcht hat, aus: »Gott, was hab ich getan?« (V,7). Nicht auf alle Fragen werden Antworten gegeben. Und wo Antworten gegeben werden, müssen sie nicht einmal angemessen und akzeptabel sein.
    Eng verknüpft mit der Frage »Was soll ich tun?« sind zwei weitere Fragen: »Was will ich tun?« und »Was darf ich tun?«. Dass Wollen und Dürfen häufig in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen, erfährt jeder Mensch an sich selbst. Dabei steht der nach- und vordenkende, also der gewissenhafte Mensch vor einer weiteren Frage, nämlich: »Wer bestimmt und entscheidet, was ich darf?« Auch diese Frage stellen und beantworten einzelne Personen des Dramas für sich.
    Was will, darf und soll ein junger Prinz, der ein Fürstentum regiert? Das ist nicht nur eine Frage der Ethik, sondern auch der Politik. Ist es wirklich so, wie eine der Hauptpersonen erfahren zu haben glaubt, dass ein Fürst »alles darf, was er will« (V,4)? Welche Möglichkeiten bleiben dann den Menschen im Staat, den so genannten »Untertanen«, ihr Leben zu gestalten und ihre Ziele zu verwirklichen?
    Das Drama gilt als »die konkreteste Form der Darstellung menschlichen Verhaltens und zwischenmenschlicher Beziehungen« 2 . Es ist des Weiteren die »konkreteste Art, in welcher wir über die Lage des Menschen in der Welt denken können«. 3 Lessings Drama wurde 17 Jahre vor dem Ausbruch der Französischen Revolution uraufgeführt. Es wurde vom Autor, dem großen Repräsentanten der Aufklärung, als »Trauerspiel« angekündigt. Die Literaturwissenschaft etikettiert es genauer als »bürgerliches Trauerspiel«. Damit ist nicht nur etwas über die Bauart und den Ausgang des Stückes gesagt; vielmehr wird deutlich, dass ein sozialer Stand in den Blick gerückt wird, dessen Selbstbewusstsein noch nicht voll entfaltet ist. Die gestellten Fragen sind jedoch nicht an eine bestimmte Zeit und nicht an eine bestimmte Staats- und Regierungsform gebunden. Sie stellen sich überall, wo Menschen als soziale Wesen nach einem Lebensziel suchen und nach Wegen, dorthin zu gelangen.

2. Inhalt
    Das Drama
Emilia Galotti
ist in Prosa verfasst und wurde 1772 im Hoftheater in Braunschweig zum ersten Mal aufgeführt. Es ist in fünf Aufzüge eingeteilt und besteht aus insgesamt 43 Szenen oder Auftritten. Die Handlung spielt in der Mitte des 18. Jahrhunderts in einem absolutistisch regierten italienischen Kleinstaat in der Po-Ebene. Dort regierte das Fürstengeschlecht Gonzaga vom 14. bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts. Ein Hettore Gonzaga ist jedoch historisch nicht nachweisbar. Die Tragödie der Emilia Galotti hat ihre stoffliche Grundlage in der römischen Sage vom Tod der Virginia, über den der römische Historiker Titus Livius (59 v. – 17 n. Chr.) berichtet. Dieser Stoff war schon vor Lessing in Frankreich, England, Spanien und Deutschland dramatisiert worden.
Erster Aufzug
    1. Am frühen Morgen geht der Fürst Hettore Gonzaga, für heutige Leser missverständlich als »Prinz« angekündigt, in seinem Arbeitszimmer lustlos seinen Amtsgeschäften nach. Klage- und Bittschriften werden abgewiesen, bis eine Bittstellerin Emilia heißt. Der Name genügt, den Fürsten geneigt zu machen und ihn gleichzeitig in solche Unruhe zu versetzen, dass er alles liegen lassen und ausfahren will. Der gerade hereingegebene Brief einer Gräfin Orsina wird kaum zur Kenntnis genommen, geschweige denn gelesen. Dagegen ist der junge Fürst augenblicklich bereit, den Maler Conti zu empfangen und den gerade gefassten Plan auszufahren wieder aufzugeben.
    2.–4. Der Maler Conti hat im Auftrag des Fürsten mit großem Aufwand ein Gemälde der Gräfin Orsina, der Geliebten des Fürsten, angefertigt, das er nun übergeben möchte. Da die Liebe des Fürsten jedoch inzwischen erkaltet ist, kann dieser auch für das Porträt nichts empfinden. Dagegen ist er ganz begeistert von einem Bild, das Emilia Galotti, eine der »vorzüglichsten Schönheiten unserer Stadt«, zeigt, mit dem der Maler Conti aber »noch sehr unzufrieden« ist. Ohne über einen Preis zu verhandeln, kauft der Fürst beide Bilder, bestimmt das Gemälde Orsinas für die fürstliche Galerie und behält das andere

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