Emilia Galotti - Textausgabe und Lektüreschlüssel
bei sich in seinem Kabinett.
5. Vor sich selbst gesteht der Prinz ein, dass er mehr noch als das Kunstwerk die dargestellte Person selbst besitzen möchte.
6. Die Konfliktlage, in der sich der Prinz befindet, wird deutlicher, wenn man erfährt, dass er sich in Kürze im Interesse des Staates und aus politischen Erwägungen mit der Prinzessin von Massa verheiraten wird, dass er – auch deshalb – die Gräfin Orsina verabschiedet hat, dass er aber gleichzeitig wie von Sinnen ist, wenn er an jene Emilia Galotti denkt, die er bei einer Abendgesellschaft kurz zuvor kennen gelernt hat und in die er sich verliebt hat. Marinelli, der Kammerherr, spielt die Konflikte herunter, indem er bezüglich der Gräfin Orsina erklärt, dass man neben der Gemahlin durchaus eine Mätresse halten könne, wenn man wolle. Etwas schwieriger sei es, Emilia Galotti für den Prinzen zu gewinnen; denn diese Emilia, Tochter rechtschaffener Eltern, werde am Nachmittag mit Graf Appiani, einem reichen und tugendhaften jungen Mann, auf dem Landgut des Vaters, in Sabionetta, vermählt. Marinelli entwickelt dem völlig überraschten und erschütterten Fürsten dann doch einen Plan, wie die Hochzeit verhindert werden könnte.
7. Um Emilia noch einmal zu sehen, beschließt der Prinz, in jene Kirche zu gehen, in der Emilia jeden Tag die Morgenmesse hört.
8. Camillo Rota, einer der Räte, erscheint zum Vortrag, trifft aber auf einen geistesabwesenden Herrn und vermeidet es, diesen zu Entscheidungen zu bewegen.
Zweiter Aufzug
1.–2. Odoardo, Emilia Galottis Vater, kommt überraschend von seinem Landgut in die Residenzstadt Guastalla, wo Claudia, seine Frau, mit Emilia, der gemeinsamen Tochter, eine Wohnung bezogen hat, um das Leben in der Stadt kennen lernen zu können. Der Vater ist beunruhigt, als er seine Tochter zu Hause nicht antrifft.
3. Pirro, ein Bediensteter Odoardos, wird von Angelo, einem gesuchten Banditen, nach dem Weg ausgefragt, den die Hochzeitsgesellschaft zum Ort der Vermählung von Emilia Galotti und Graf Appiani nehmen wird.
4. Odoardo und Claudia vergleichen die Möglichkeiten und Gefahren, die das Leben in der Stadt mit sich bringt. Odoardos Besorgnis wird größer, als er hört, dass sich der Prinz auf einer Abendgesellschaft angeregt mit Emilia unterhalten hat.
5. Claudia hält Odoardos Sorge für übertrieben.
6. Odoardo hat sich gerade entfernt, als Emilia verwirrt und atemlos in die Wohnung stürzt: Sie ist während der Messe von einem Mann angesprochen worden, in dem sie nachträglich den Prinzen erkannte. Mit Mühe hat sie sich einer weiteren Unterredung entziehen können. Die Mutter empfiehlt, von dem Vorfall weder dem Vater noch dem Bräutigam zu berichten.
7. Graf Appiani, Emilias Bräutigam, kommt, um einige Kleinigkeiten für die nachmittägliche Feier zu besprechen.
8. Graf Appiani ist von unbestimmten Sorgen besetzt. Er fühlt sich bedrängt, den Fürsten über seine bevorstehende Vermählung zu informieren, obwohl er dazu nicht verpflichtet ist.
9. Marinelli ist Graf Appiani in die Wohnung der Galottis gefolgt, um sich angeblich eines Auftrags des Prinzen zu entledigen.
10. Marinelli und Appiani, die in einem gespannten Konkurrenzverhältnis stehen, geraten hart aneinander, als Marquese Marinelli dem Grafen Appiani den angeblich ehrenvollen Auftrag erteilt, eine Botschaft des Prinzen an den Herzog von Massa zu überbringen, und Appiani den Auftrag mit der Begründung zurückweist, dass am Nachmittag seine Hochzeit mit Emilia Galotti stattfinde. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung schimpft Appiani den Kammerherrn Marinelli einen Affen. Einem nach dem Ehrenkodex jetzt notwendigen Duell entzieht sich Marinelli; er hat eine andere Form der Rache im Sinn.
11. Claudia gegenüber spielt Appiani die Bedeutung der Begegnung herunter und erklärt, man könne jetzt »ganz ruhig« zur Hochzeitsfeier fahren.
Dritter Aufzug
1. Während Marinelli auf dem Lustschloss des Prinzen in Dosalo von seiner Unterredung mit Appiani berichtet und den Prinzen ausfragt, was er mit Emilia in der Kirche geredet habe, fällt draußen ein Schuss. Marinelli hatte Leute zu einem vorgetäuschten räuberischen Überfall auf die Hochzeitskutsche angeheuert, aus der dann Emilia ›gerettet‹ werden sollte. Der Schuss signalisiert, dass der erste Teil des Plans gelungen ist.
2. Angelo informiert Marinelli, dass bei dem Überfall Graf Appiani getötet wurde und dass auch Nicolo, der Komplize Angelos, ums Leben kam. Der Marquese sieht
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