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Emilia Galotti

Emilia Galotti

Titel: Emilia Galotti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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anders geschehen, als in Guastalla?
    DER PRINZ. Da haben Sie Recht, Marinelli; da haben Sie Recht. - Ja so: das verändert die Sache, lieber Galotti. Nicht wahr? Sie sehen selbst -
    ODOARDO.O ja, ich sehe - Ich sehe, was ich sehe. - Gott! Gott!
    DER PRINZ. Was ist Ihnen? was haben Sie mit sich?

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    ODOARDO.Daß ich es nicht vorausgesehen,
    was ich da sehe. Das ärgert mich: weiter nichts. -
    Nun ja; sie soll wieder nach Guastalla. Ich will sie wieder zu ihrer Mutter bringen: und bis die strengste Untersuchung sie frei gesprochen, will ich selbst aus Guastalla nicht weichen. Denn wer weiß, - (mit einem bittern Lachen) wer weiß, ob die Gerechtigkeit nicht auch nötig findet, mich zu vernehmen.
    MARINELLI. Sehr möglich! In solchen Fällen tut die Gerechtigkeit lieber zu viel, als zu wenig. -
    Daher fürchte ich sogar -
    DER PRINZ. Was? was fürchten Sie?
    MARINELLI. Man werde vor der Hand nicht
    verstatten können, daß Mutter und Tochter sich sprechen.
    ODOARDO.Sich nicht sprechen?
    MARINELLI. Man werde genötiget sein, Mutter und Tochter zu trennen.
    ODOARDO.Mutter und Tochter zu trennen?
    MARINELLI. Mutter und Tochter und Vater.
    Die Form des Verhörs erfodert diese Vorsichtig-keit schlechterdings. Und es tut mir leid, gnädiger Herr, daß ich mich gezwungen sehe, aus-134
    drücklich darauf anzutragen, wenigstens Emilien in eine besondere Verwahrungzu bringen.
    ODOARDO.Besondere Verwahrung? - Prinz!
    Prinz! - Doch ja; freilich, freilich! Ganz recht: in eine besondere Verwahrung! Nicht, Prinz? nicht?
    -O wie fein die Gerechtigkeit ist! Vortrefflich!
    (Fährt schnell nach dem Schubsacke, in welchem er den Dolch hat)
    DER PRINZ (schmeichelhaft auf ihn zutretend).
    Fassen Sie sich, lieber Galotti -
    ODOARDO(bei Seite, indem er die Hand leer wieder heraus zieht). Das sprach sein Engel!
    DER PRINZ. Sie sind irrig; Sie verstehen ihn nicht. Sie denken bei dem Worte Verwahrung, wohl gar an Gefängnis und Kerker.
    ODOARDO.Lassen Sie mich daran denken:
    und ich bin ruhig!
    DER PRINZ. Kein Wort von Gefängnis, Marinelli! Hier ist die Strenge der Gesetze mit der Achtung gegen unbescholtene Tugend leicht zu vereinigen. Wenn Emilia in besondere Verwahrung gebracht werden muß: so weiß ich schon -
    die alleranständigste. Das Haus meines Kanzlers
    - Keinen Widerspruch, Marinelli! - Da will ich 135
    sie selbst hinbringen, da will ich sie der Aufsicht einer der würdigsten Damen übergeben. Die soll mir für sie bürgen, haften. - Sie gehen zu weit, Marinelli, wirklich zu weit, wenn Sie mehr verlangen. - Sie kennen doch, Galotti, meinen Kanzler Grimaldi, und seine Gemahlin?
    ODOARDO.Was sollt' ich nicht? Sogar die liebenswürdigen Töchter dieses edeln Paares kenn'
    ich. Wer kennt sie nicht? - (Zu Marinelli) Nein, mein Herr, geben Sie das nicht zu. Wenn Emilia verwahret werden muß: so müsse sie in dem tiefsten Kerker verwahret werden. Dringen Sie darauf; ich bitte Sie. - Ich Tor, mit meiner Bitte!
    ich alter Geck! -Ja wohl hat sie Recht die gute Sibylle: Wer über gewisse Dinge seinen Verstand nicht verlieret, der hat keinen zu verlieren!
    DER PRINZ. Ich verstehe Sie nicht. - Lieber Galotti, was kann ich mehr tun? - Lassen Sie es dabei: ich bitte Sie. - Ja, ja, in das Haus meines Kanzlers! da soll sie hin; da bring' ich sie selbst hin; und wenn ihr da nicht mit der äußersten Achtung begegnet wird, so hat mein Wort nichts gegolten. Aber sorgen Sie nicht. - Dabei bleibt es! dabei bleibt es! -Sie selbst, Galotti, mit sich, 136
    können es halten, wie sie wollen. Sie können uns nach Guastalla folgen; Sie können nach Sabionetta zurückkehren: wie Sie wollen. Es wäre lächerlich, Ihnen vorzuschreiben. - Und nun, auf Wiedersehen, lieber Galotti! -Kommen Sie, Marinelli: es wird spät.
    ODOARDO (der in tiefen Gedanken gestan-
    den). Wie? so soll ich sie gar nicht sprechen meine Tochter? Auch hier nicht? - Ich lasse mir ja alles gefallen; ich finde ja alles ganz vortrefflich. Das Haus eines Kanzlers ist natürlicher Weise eine Freistatt der Tugend. O, gnädiger Herr, bringen Sie ja meine Tochter dahin; nirgends anders als dahin. - Aber sprechen wollt'
    ich sie doch gern vorher. Der Tod des Grafen ist ihr noch unbekannt. Sie wird nicht begreifen können, warum man sie von ihren Eltern tren-net. Ihr jenen auf gute Art beizubringen; sie dieser Trennung wegen zu beruhigen; - muß ich sie sprechen, gnädiger Herr, muß ich sie sprechen.
    DER PRINZ. So kommen Sie denn -
    ODOARDO. O, die Tochter kann auch wohl zu dem Vater kommen. -

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