Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
Vom Netzwerk:
Zunge so erfolgreich, dass der Sturm sich wie durch Zauber legte und sie allein bewegt blieb wie die See nach einem Unwetter, als ihr Herr den Schauplatz betrat.
    »Was zum Teufel ist hier los?« fragte er und blickte mich in einer Weise an, die ich nach dieser ungastlichen Behandlung schlecht ertragen konnte.
    »Was zum Teufel? Allerdings!« brummte ich. »Die Schweineherde in der Bibel war sicherlich von keinem schlimmeren Geist besessen als Ihre Tiere hier. Geradesogut könnten Sie einen Fremden mit einer Tigerbrut allein lassen.«
    »Sie tun keinem etwas zuleide, der nichts anfasst«, bemerkte er, während er die Flasche vor mich hinstellte und den verschobenen Tisch zurechtrückte. »Die Hunde sind in ihrem Recht, wenn sie wachsam sind. — Nehmen Sie ein Glas Wein?«
    »Nein, danke!«
    »Sie sind doch nicht gebissen worden?«
    »Wenn ich es wäre, hätte ich dem Beisser einen Denkzettel gegeben.«
    Heathcliffs Gesicht entspannte sich in einem Grinsen. »Na, na«, sagte er, »Sie sind aufgeregt, Mr. Lockwood! Hier, trinken Sie ein Glas Wein. Gäste sind in diesem Hause so selten, dass ich und meine Hunde — das gebe ich zu kaum wissen, wie man sie empfängt. Zum Wohl, Mr. Lockwood!«
    Ich verbeugte mich und trank ihm zu, denn ich sah ein, dass es töricht gewesen wäre, wegen des schlechten Betragens dieses Hundevolks zu schmollen. Überdies hatte ich keine Lust, dem Manne Gelegenheit zu geben, sich weiter über mich lustig zu machen, zumal er in der Stimmung dazu war.
    Er, wohl von der Erwägung ausgehend, dass es unklug sei, einen guten Pächter zu beleidigen, mäßigte ein wenig seine Art, die Wörter einzeln abgehackt hervorzustoßen, und leitete zu einem Gegenstand über, von dem er annahm, dass er mich interessierte, einem Gespräch über die Vorteile und Nachteile meines neuen Wohnortes. Ich fand ihn sehr bewandert in den Dingen, die wir berührten, und bevor ich nach Hause ging, war ich so weit ermutigt, dass ich mich aus freien Stücken für morgen wieder ansagte. Er wünschte augenscheinlich keine Wiederholung des Besuchs, doch werde ich trotzdem hingehen. Es ist erstaunlich, wie gesellig ich mir, mit ihm verglichen, vorkomme.
     
     

Zweites Kapitel
    GESTERN NACHMITTAG setzten Nebel und Kälte ein. Ich hatte halb und halb Lust, in meinem Studierzimmer am Kamin zu bleiben, anstatt durch Heide und Lehmboden nach Wuthering Heights zu waten. Als ich jedoch vom Mittagessen aufstand (nebenbei bemerkt, ich esse zwischen zwölf und ein Uhr; die Haushälterin, eine ältere Frau, die ich laut Vereinbarung zugleich mit dem Hause übernommen hatte, konnte oder wollte meine Bitte, um fünf Uhr zu speisen, nicht begreifen), als ich also mit diesem bequemen Vorsatz die Treppe hinaufging und das Zimmer betrat, kniete dort, inmitten von Bürsten und Kohleneimern, eine Dienstmagd am Boden, die mit Haufen von Asche die Flammen erstickte und dabei einen höllischen Staub aufwirbelte. Dieser Anblick ließ mich augenblicklich entweichen; ich nahm meinen Hut und langte nach einem Marsch von vier Meilen bei Heathcliffs Gartenpforte an, gerade zur rechten Zeit, den ersten wirbelnden Flocken eines Schneegestöbers zu entrinnen.
    Auf dieser kahlen Höhe war die Erde hart gefroren, und die kalte Luft ließ mich am ganzen Körper erschauern. Da ich die Kette nicht lösen konnte, sprang ich über den Zaun, lief den von Stachelbeersträuchern gesäumten gepflasterten Damm entlang und klopfte, vergeblich Einlass begehrend, an das Tor, bis meine Knöchel schmerzten und die Hunde heulten.
    ›Elende Bande!‹ knirschte ich innerlich, ›ihr verdientet, für eure flegelhafte Ungastlichkeit ewig von euresgleichen gemieden zu werden! Zum mindesten würde ich meine Tür während des Tages nicht verriegeln. Mir ganz gleich — ich will hinein!‹ Mit diesem Entschluss fasste ich die Klinke und rüttelte heftig daran. Es dauerte noch eine Weile, bis das essigsaure Gesicht Josephs in einem runden Fenster der Scheune erschien.
    »Was wolln Sie?« schrie er mich an. »Der Herr is drunten aufm Feld. Gehn Sie doch hinten rum, wenn Sie ’n sprechen wolln.«
    »Ist denn niemand im Haus, der die Tür öffnen kann?« schrie ich zurück.
    »Nee, nur die Frau, und die macht nich auf, und wenn Sie bis heut nacht weitertoben.«
    »Warum nicht? Können Sie ihr nicht sagen, wer ich bin, he, Joseph?«
    »Nee, ich nich! Ich will nix mit zu tun ham«, murmelte er, und der Kopf verschwand.
    Der Schnee begann dichter zu fallen. Ich ergriff die Klinke, um

Weitere Kostenlose Bücher