Emma im Glück
und Simone wanderten sie zu Bastian. Er benahm sich in letzter Zeit irgendwie seltsam. Mein Überraschungsbesuch auf dem Fußballplatz war jedenfalls ein kompletter Reinfall gewesen. Ich hatte gedacht, er würde sich freuen, aber genau das Gegenteil war der Fall gewesen. Er hatte den Nachmittag seitdem mit keinem Wort mehr erwähnt. Was war bloß los? Hatte ich irgendwas falsch gemacht? Ich wurde nicht mehr schlau aus ihm. Vielleicht sollten wir uns mal gründlich aussprechen …
»Vorsicht!«
Ein lauter Warnruf unterbrach meine Gedanken. Erschrocken hob ich den Kopf und konnte gerade noch einem Jungen ausweichen, der mit drei übereinandergestapelten Kartons den Bürgersteig überquerte. Fast hätte ich ihn mit dem Kinderwagen über den Haufen gefahren. Der oberste Karton schwankte gefährlich, fiel aber nicht herunter. Der Junge stellte die Kartons im nächsten Vorgarten ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Puh, das war knapp!« Er grinste mir zu. »Sag mal, läufst du immer wie ein Zombie durch die Gegend?«
Ich wurde rot. »Tut mir leid, ich hab dich überhaupt nicht gesehen.«
»Das hab ich gemerkt. Was soll’s, ist ja gerade noch mal gut gegangen.«
Erst jetzt bemerkte ich, dass ich in der Straße von Herrn Marten gelandet war. Wir standen direkt vor seinem Haus. Die Vordertür war geöffnet und auf der Treppe standen jede Menge Kartons, eine Lampe, ein leerer Papierkorb, eine Zimmerpalme und anderes Zeug.
Ich machte große Augen. »Das ist doch das Haus von Herrn Marten!«
»Jetzt nicht mehr«, sagte der Junge. »Meine Eltern haben es gekauft. Wir ziehen heute ein.«
»Ehrlich?« Diese Neuigkeit musste ich erst einmal verdauen. Ich hatte zwar gewusst, dass Herr Marten sein Haus zum Verkauf angeboten hatte, aber bisher hatte sich niemand dafür interessiert. Ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, dass jetzt andere Leute dort leben würden. Für mich war es immer noch Herrn Martens Haus, auch wenn er längst woanders wohnte.
»Kennst du den ehemaligen Besitzer?«, wollte der Junge wissen. Ich nickte. »Er ist schon ziemlich alt, oder?«
»Herr Marten ist über achtzig«, sagte ich. »Ich hab ihn manchmal besucht. Er kam alleine nicht mehr so gut zurecht, darum ist er zu seiner Tochter nach München gezogen.«
»Ich bin übrigens Jonas.« Der Junge streckte mir die Hand hin und ich schüttelte sie.
»Emma«, sagte ich.
In diesem Moment erschien ein Mädchen in der Haustür. Sie lief die Treppe hinunter und kam direkt auf uns zu. Ich starrte sie mit offenem Mund an. Es war kein Zweifel möglich. Vor mir stand Klara, das Mädchen vom Fußballplatz! Das Mädchen, das meinen Freund
Basti
nannte!
»Jonas, du sollst Papa drinnen mit dem Kleiderschrank helfen«, sagte sie. Als sie mich entdeckte, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. »Hey, wir kennen uns doch! Du bist Emma, stimmt’s?«
Ich nickte. »Hallo, Klara.« Ich blinzelte verwirrt. »Was machst du denn hier?«
»Wir ziehen gerade ein.« Klara nickte zu Herrn Martens Haus hinüber. »Kennt ihr euch?« Sie sah von Jonas zu mir.
»Seit fünf Minuten.« Jonas, der Klaras älterer Bruder sein musste, grinste. »Emma hätte mich fast über den Haufen gefahren.«
Ich wurde rot. »Ich hab doch schon gesagt, dass es mir leidtut …«
»Hey, das ist ja toll!« Klara strahlte über das ganze Gesicht. »Dann kenne ich ja schon jemanden hier in Tupfingen.«
Ich versuchte ein Lächeln, aber es gelang mir nicht so richtig. Dass ausgerechnet Bastians neue Flamme in Herrn Martens Haus zog, passte mir überhaupt nicht. Wahrscheinlich würden wir uns jetzt ständig über den Weg laufen. Das lässt sich in einem kleinen Dorf wie Tupfingen kaum vermeiden.
Ein Mann mit Halbglatze und Schnurrbart erschien in der Haustür. Ich hatte ihn schon auf dem Fußballplatz gesehen und genau wie am Samstag trug er einen Trainingsanzug und Turnschuhe. Bloß die Trillerpfeife um seinen Hals fehlte. Bastians Trainer!
»Was steht ihr denn da draußen herum?«, rief er leicht verärgert. »Kommt rein und packt mit an! Wir haben noch jede Menge zu tun, wenn wir bis heute Abend fertig werden wollen!«
»Sorry, aber wir müssen los«, sagte Jonas.
Klara grinste entschuldigend. »Eigentlich ist Papa ganz nett. Er ist heute nur etwas gestresst vom Umzug. Tschüss, Emma, wir sehen uns bestimmt ganz bald!« Sie winkte mir noch einmal zu, dann rannte sie hinter ihrem Bruder ins Haus.
»Hoffentlich nicht«, murmelte ich, während ich den Kinderwagen langsam
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