Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Emma im Glück

Emma im Glück

Titel: Emma im Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
Vom Netzwerk:
weiterschob. Erst jetzt fiel mir auf, dass die beiden Lili überhaupt nicht beachtet hatten. Normalerweise drehen ja alle Leute immer gleich durch, wenn sie ein Baby sehen. Als würde es die nicht an jeder Straßenecke geben. Aber Jonas und Klara schienen sich nicht besonders für Babys zu interessieren. Wenn Klara nicht so eine blöde Fußball-Tussi gewesen wäre, hätte sie das eigentlich ziemlich sympathisch gemacht. Aber so schob ich den Gedanken schnell wieder beiseite.

[zurück]
    10 . Kapitel
    Oma ist die Beste
    A ls ich an der Kirche vorbeikam, beschloss ich, Oma einen Besuch abzustatten. Offiziell wohnte sie zwar noch bei uns, aber eigentlich war sie inzwischen die meiste Zeit bei Pfarrer Pauli. Nach der Hochzeit würde sie dann richtig zu ihm ziehen, doch daran mochte ich noch gar nicht denken. Oma meinte zwar, es würde sich kaum etwas ändern, weil sie ja nur ein paar Hundert Meter von uns entfernt wohnte, aber ich wusste, dass das nicht stimmte. Es würden sich eine Menge Dinge ändern.
     
    Was mir alles fehlen wird, wenn Oma nicht mehr bei uns wohnt:
    Omas Schweinebraten mit Sauerkraut
Omas superleckerer Schokoladenkuchen
Omas Erdbeertorte mit Vanillepudding
Dass Oma mir Kakao kocht, wenn ich nachts nicht schlafen kann
Dass Oma immer da ist, wenn ich von der Schule nach Hause komme
Dass ich einfach so in Omas Dachkammer hineinplatzen kann, um mit ihr
über Gott und die Welt zu reden (das sagt Oma immer)
Dass Oma mir immer zuhört und nie schimpft, wenn ich etwas angestellt habe
Dass sich Oma nie über mich lustig macht
Omas Umarmungen und ihr Geruch nach Kölnischwasser und Zwiebeln
Omas schlaue Sprüche, von denen sie mindestens tausend Stück kennt,
für jede Gelegenheit den richtigen
    Ich klingelte. Es dauerte eine Weile, bis Oma aufmachte.
    »Emma!«, rief sie. »Das ist ja schön! Tritt ein, bring Glück herein. Und Lili hast du auch mitgebracht!«
    Ich stellte den Kinderwagen im Flur ab. Lili zuckte ein bisschen, schlief aber zum Glück weiter. Erst jetzt fiel mir auf, dass Oma irgendwie seltsam aussah. Sie war barfuß und hatte sich ein cremefarbenes Stück Stoff um den Körper geschlungen, das von vielen kleinen Stecknadeln zusammengehalten wurde.
    »Was hast du denn an?«, fragte ich.
    Oma sah an sich herab. »Oh, das wird mein Hochzeitskleid. Es ist noch nicht ganz fertig. Ich hab gerade eine Anprobe mit der Schneiderin. Aber komm doch erst mal rein!«
    Wir gingen ins Wohnzimmer. Vor dem Kamin stand eine dicke Frau mit einer noch dickeren Brille. Sie hatte mehrere Nadeln im Mund und um ihren Hals hing ein Maßband.
    »Das ist Barbara, meine Schneiderin«, sagte Oma. »Barbara, das ist meine Enkelin Emma.«
    Barbara nickte mir zu. Sagen konnte sie gerade nichts wegen der Nadeln zwischen den Lippen. Wahrscheinlich war es nicht angenehm, so eine Nadel herunterzuschlucken. Da war man besser vorsichtig.
    »Lass dich von Emma nicht stören, Barbara. Wir machen einfach weiter mit der Anprobe. Wo waren wir stehen geblieben?«
    »Beim Baum«, nuschelte Barbara.
    Ich verstand kein Wort. Was für ein Baum? Erst als sich Barbara auf den Boden kniete und das Kleid unten abzustecken begann, begriff ich, dass sie den Saum meinte. Erstaunlich behände kroch sie um Oma herum und steckte hier und da eine Nadel in den Stoff. Nach einer Weile sah das Ganze tatsächlich beinahe wie ein Kleid aus.
    »Und?«, fragte Oma, als Barbara fertig war. »Wie findest du’s?«
    »Wahnsinn.« Ich betrachtete das Kleid. Es ging bis kurz übers Knie und war sehr schlicht. Unten schauten Omas stämmige Waden heraus. Oma ist ziemlich dick, aber das Kleid war so geschnitten, dass das gar nicht so auffiel. Vielleicht hatte sie deshalb extra eine Schneiderin engagiert. »Steht dir gut«, sagte ich. Und das war die reine Wahrheit.
    »Hoffentlich gefällt es Gerhard auch.« Oma schnaufte, als sie sich aus dem halb fertigen Kleid pellte.
    Barbara nahm es ihr ab. »Ich nähe alles so weit fertig, dann können wir nächste Woche die letzte Anprobe machen. Passt es Ihnen am Mittwoch?«
    Oma nickte. »Perfekt, vielen Dank.« Sie zog ihren geblümten Morgenrock an und ließ sich aufs Sofa fallen. »Könntest du Barbara bitte zur Tür bringen, Emma? Ich muss kurz ein bisschen verschnaufen.«
    Ich nickte. »Klar.«
    Die Schneiderin packte ihre Sachen zusammen. Nachdem wir uns verabschiedet hatten, ging ich zurück ins Wohnzimmer. Oma saß mit geschlossenen Augen auf dem Sofa. Sie atmete schwer.
    »Alles in Ordnung?«, fragte ich vorsichtig.

Weitere Kostenlose Bücher