Emma
dieses Mal aus, doch sie würde es erneut versuchen, sobald
sie ausgeruht und erholt genug dafür war. Im Augenblick brachte sie ganz
offensichtlich die Konzentration dazu nicht auf!
Als
Nino später am Abend nach Hause zurückkehrte, fand er sie schlafend dort auf
der Couch. Ohne den Versuch zu machen, sie zu wecken, ging auch er zu Bett.
Wie
er ihr angekündigt hatte, komplimentierte Nino Emma am nächsten Tag wieder
hinaus aus seinem Loft.
„Sei
vernünftig und mach keine Geschichten“, legte er ihr nahe, als sie protestieren
wollte. „Was soll dir in deiner Wohnung schon passieren? Er wird dir wohl kaum
die Tür eintreten und wenn, dann rufst du eben die Polizei!“
Also
gab Emma nach und kehrte in ihre Wohnung zurück. Sie hatte überhaupt erst noch
einige Dinge zu erledigen, ehe sie sich wieder richtig dem Wohlgefühl ihrer
Freiheit würde widmen können. Dazu gehörte zum Beispiel, sich eine neue Handynummer
zu besorgen, da sie das eine Telefon an Davide zurückgeschickt hatte und ihre
frühere Nummer nicht mehr benutzen wollte. Sie brauchte unbedingt eine, die er
nicht kannte.
Das
nächste Problem, das sie lösen musste, war das Auto. Sie seufzte, dann rief sie
widerstrebend ihren Vater an.
„Ciao
Papà, ich bin’s!“
„Emma!
Wie geht es dir? Warum habt ihr euch denn überhaupt nicht mehr gemeldet in den
letzten Tagen?“
„Ach
weißt du, es war viel los“, antwortete sie lahm. Die Aussicht, ihren Eltern
alles erklären zu müssen, reizte sie nicht besonders, aber da ihr klar war,
dass es sich nicht würde vermeiden lassen, konnte sie es auch gleich hinter
sich bringen. „Sag mal, steht zufällig noch das alte Auto in der Garage, das du
eigentlich verkaufen wolltest?“
„Ja
schon! Was ist damit?“
„Das
brauche ich in den nächsten paar Tagen, ist nur vorübergehend. Und – kannst du
mich vielleicht fürs Wochenende abholen?“
Wie
sie erwartet hatte, herrschte einen Moment Stille am anderen Ende der Leitung.
Und wie sie erwartet hatte, kam die erhoffte Antwort.
„Ja,
natürlich hole ich dich ab! Sag mir wann und wo, das kriegen wir schon hin!“
Emma
atmete auf. „Danke! Ich fahre mit dem Zug bis Codigoro, wenn du mich da am
Bahnhof aufsammeln könntest, das wäre fein! Und sag Mamma nicht, warum ich
komme, das erledige ich dann schon selber!“
„Ist
gut!“
Wenn
ihr Vater gerne Näheres erfahren hätte, so ließ er sich seine Neugier zumindest
nicht anmerken, registrierte Emma dankbar.
Bis
Freitagnachmittag hatte sie nun also Zeit, noch ein paar Dinge zu organisieren.
Sie musste unbedingt mit Nino besprechen, welche Unterlagen sie für ihre
Bewerbungen vorbereiten sollte. Nach all dieser Zeit im ‚warmen Nest’, wie er
es genannt hatte, war sie da ziemlich aus der Übung.
Aber
zuerst einmal wollte sie wieder richtig ausgehen und sich ins Nachtleben
stürzen, fröhlich sein, sich ein paar unbeschwerte Abende machen, alte Freunde
wieder treffen, sie wollte – nichts dergleichen tun.
Emma
stellte fest, dass sie von der Zeit mit Gandolfo derart ausgelaugt war, dass
ihr für einfach alles der Elan fehlte. Es fiel ihr schwer, morgens aus dem Bett
zu kommen, sie konnte sich kaum aufraffen, sich die Zähne zu putzen und sich zu
waschen, geschweige denn sich zu schminken. Lustlos und mit großer Mühe
besorgte sie sich ein Telefon und erledigte die nötigsten Einkäufe.
Die
meiste Zeit jedoch verbrachte sie im Halbschlaf auf ihrem Sofa und glotzte in
den Fernseher. Sie verspürte keinerlei Lust zu lesen, dabei wollte sie genau
das immer tun, wenn sie nur endlich einmal ein paar freie Tage zur Verfügung
hätte. Ihr fehlte jeglicher Antrieb, unter Menschen zu gehen, dabei hatte sie so
vieles unternehmen wollen, wenn ihr Davide nur jemals die Zeit dazu ließe. Sie
wollte Ausstellungen besuchen beispielsweise, oder eines der Museen, dergleichen
rangierte auf ihrer Liste ganz oben. Nun da sie die Möglichkeit dazu hatte, fehlte
ihr einfach die Kraft.
Und
sie schaffte es tatsächlich in all diesen Tagen nicht, die altbekannte und
ersehnte Euphorie über ihre neu gewonnene Freiheit zu neuem Leben zu erwecken
oder sich zu irgendetwas aufzuraffen. Sogar ihre Sorge, Davide könne plötzlich
vor der Tür stehen, trat in den Hintergrund und sie blieb so phlegmatisch, dass
er ihr schon eine Bombe durchs Fenster hätte werfen müssen, um sie zu einer
Reaktion zu bewegen.
Verflucht,
grollte sie in sich hinein, warum war sie nicht schon viel früher aus der Sache
ausgestiegen? Es war
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