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Emmas Story

Emmas Story

Titel: Emmas Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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lässt. Lu tritt rücksichtsvoll ein paar Schritte zurück und lehnt sich dort an den Türrahmen, wo gerade noch Armin gehangen hat.
    Mit verschränkten Armen lehnt sie dort. Ich habe das Gefühl, dass sie nicht nur Armin mitfühlend betrachtet, sondern dass ihr Blick auch immer wieder zu mir wandert.
    Natürlich. Es gäbe viel zu sagen. Viel zu sprechen, in Worten und mit den Augen. Nur muss ich mich jetzt gerade erst einmal um meinen Freund kümmern, dessen Herz in Scherben auf dem Boden vor uns liegt.
    Die Tränen laufen ihm in Strömen übers Gesicht.
    »Ich hab die Schnauze voll!«, schluchzt er. »Das mach ich nicht mehr mit. Soll er doch sehen, wo er sich den Kick herholt. Von mir jedenfalls nicht mehr.«
    So etwas hat er schon öfter gesagt.
    Aber diesmal habe ich das Gefühl, dass er es auch wirklich so meint.
    Armin greift nach meiner Hand und drückt sie so fest, dass es schon fast weh tut. Aber ich sage nichts, halte es aus.
    ›Ja, drück fest zu. Tu mir ruhig weh. Wie habe ich das tun können? Wie konnte ich nur? Wie konnte ich nur Lu küssen?‹
    »Du hast Recht, Emma, weißt du«, Armin schluckt. »Du hast ja so Recht! Es wird sich nie ändern. Die Kleine und Gerda und das Haus und das ganze Geld und dann sind die ja auch alle katholisch …« Er lässt mich los, vergräbt das Gesicht in den Händen und weint hemmungslos.
    Ich weiß nicht, wer Gerda ist – vermutlich die Schwiegermutter – aber im Grunde ist das auch egal. Wichtig ist, dass Armin vielleicht zum ersten Mal ausspricht, was doch schon lange sonnenklar ist: Rolf gehört nicht zu ihm. Nicht auf diese Weise, die Armin gern hätte, die er sich wünscht, die er braucht.
    Lu verschwindet für eine Sekunde im Flur und kommt mit einer Packung Taschentüchern zurück. Die reicht sie mir. Unsere Finger berühren sich über dem knautschigen Plastik. Wenn Armins Herz hier in Scheiben zerlegt vor uns liegt, dann steht meins gerade Kopf.
    Da ich es nicht gewohnt bin, mit Herzen umzugehen, die aus der Norm geraten sind, wird mir ganz schwindelig davon.
    Als Lu zur Tür zurückgeht, vermisse ich sie plötzlich hier neben mir. Was natürlich Unsinn ist, denn sie ist ja noch im Raum. Aber ich weiß einfach nicht, was ich mit Armin anfangen soll. Wie ich ihn trösten soll, ihm beistehen.
    Vielleicht wäre es das Beste, wenn ich als Erstes ein Taschentuch rauskrame und es ihm hinhalte.
    Das scheint gut zu funktionieren, denn Armin sieht es, nimmt die Hände vom Gesicht, greift nach dem Taschentuch und schnäuzt vorsichtig hinein. Dabei gibt er ein Geräusch von sich, das mich an Katzenjunge erinnert.
    »Warum hast du mir nicht die Wahrheit gesagt?«, fragt er dann. Er sieht mich nicht an dabei, aber natürlich meint er mich.
    Ich zucke hilflos die Achseln. Kann es selbst plötzlich nicht mehr begründen.
    »Ich dachte, du weißt es«, klingt ziemlich schwach, finde ich selbst. Deswegen setze ich hinzu: »Hättest du es denn hören wollen? Schließlich hast du dir die ganze Situation immer wieder schöngeredet. Hättest du mir da überhaupt zugehört?«
    Armin schnieft.
    »Hätte ich doch gemusst, oder? Und das hätte mich wachgerüttelt. Hätte mich immer wieder mit der Nase drauf gestoßen. Ich hab dir doch auch gesagt, dass du es vermasselt hast mit Frauke und dass du deswegen aufhören sollst, ihr nachzutrauern. Hab ich nicht?«
    Ich nicke. »Hast du.«
    »Und hat dir das geholfen oder nicht?«
    Lu sieht mich wahrscheinlich an.
    Sicher kann ich es nicht sagen, denn sie steht genau in meinem Rücken. Aber sie schaut bestimmt zu mir und verfolgt gespannt, wie ich mich jetzt herauszulavieren versuche, was meine Unzulänglichkeiten im Hinblick auf Frauke angeht.
    Ich räuspere mich. »Na ja, wahrscheinlich hat es mich vorbereitet. Auf den Moment, in dem es mir selbst klar wurde. Deshalb war es wahrscheinlich nicht so ein Schock für mich.«
    »Siehst du!« Armin stöhnt leise. »Das hätte ich auch gebraucht. Vielleicht hätte ich mir dann die Zeche von heut Nacht sparen können. Du hättest es mir sagen müssen, was du gesehen hast. Denn du hattest doch Recht.«
    Ich spüre Lus Blick in meinem Rücken brennen.
    Mein schlechtes Gewissen brennt überall.
    »Das stimmt«, lenke ich ein und lege eine Hand auf Armins Schulter. »Ich fürchte, deine dumme Freundin hat sich einfach nicht getraut. Ich hatte Angst, dass du mich dann zum Teufel jagst, wenn ich dir so etwas sage.«
    »So’ n Quatsch!«, sagt Armin.
    Mehr nicht.
    Lu sieht mich an, das fühle ich

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