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Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen

Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen

Titel: Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Konrad
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das Gefühl schwächt, statt es zu stärken. Wiedererkennbare Gefühlsmuster zu beschreiben, birgt die Gefahr, sich in Wiederholungen zu ergehen. Wie ist dieser Widerspruch praktisch aufzulösen? Drei Vorschläge:
    1.Mut zum Gefühl
Nicht Gefühle sind unzeitgemäß, sondern ihre Darstellungsformen. Achten Sie auf Ihre Umwelt. Wie werden Gefühle transformiert, vermittelt, ausgedrückt? Können Sie solche Beobachtungen für die Gestaltung Ihrer Charaktere fruchtbar machen?
    2.Kritik ohne Verzicht
Moderne Literatur kann auch Probleme des Erzählens reflektieren. Behandeln Sie in der Erzählung die Frage: Stelle ich Gefühle in einer angemessenen Form dar?
    3.Emotionale Atmosphäre
Machen Sie sich bewusst, dass jeder Text, egal worum es darin geht, immer auch eine emotionale Atmosphäre hat, dunkel oder hell, warm oder kühl.
Anregung
Zeitgemäße Sprache
    Lesen Sie noch einmal den Satz aus dem empfindsamen Roman Geschichte des Fräuleins von Sternheim von Sophie von la Roche (1771). Übertragen Sie die Szene in eine Sprache, die Sie der heutigen Zeit als angemessen empfinden. Wie würde ein Freund heute begründen, dass den anderen nur selten besucht?

Der emotionale Spannungsbogen
    Über die emotionale Atmosphäre hinaus hat jeder literarische Text auch eine emotionale Dramaturgie. Der Leser wird durch wechselnde Gefühle geführt. Zur emotionalen Dramaturgie gehören:
    -die Kombination von Gefühl, Bewertung und Deutung,
    -die sprachliche Atmosphäre, mit der Gefühle zum Ausdruck gebracht werden,
    -der emotionale Spannungsbogen,
    -die Entwicklung des zentralen Charakters,
    -der geschickte Einsatz von emotionalisierenden Motiven.
    Der Spannungsbogen kann am Modell des Dreiakters gezeigt werden:

    (Abbildung: Gustav Freytag Die Technik des Dramas )
    1.Akt
Die Welt des Helden wird vorgestellt. Ein plötzliches Ereignis bricht herein, das ihn zum Handeln zwingt.
    2.Akt
Der Protagonist wird mit wechselnden Hindernissen konfrontiert, die es ihm schwer machen, seine Probleme zu lösen und sein Ziel zu erreichen. Er steuert auf einen »schwarzen Moment« zu: Das Erreichen des Ziels scheint vollkommen ausgeschlossen.
    3.Akt
Es kommt zu einem Ereignis, das die Lösung provoziert, die Ereignisse treiben auf einen Höhepunkt zu, und am Ende steht eine überraschende Wende.
    Dieses Prinzip kann man auf die emotionale Spannungskurve übertragen. Sie wechselt zwischen »anspannenden« und entspannenden Gefühlen. Welche das sind, hängt ganz vom Thema ab. Auf den klassischen Dreiakter bezogen, hört sich die emotionale Dramaturgie so an:
    1.Am Anfang stehen Ruhe und Sicherheit, vielleicht Geborgenheit, aber auch eine latente Unzufriedenheit, die die Handlung in Gang setzt. Das »auslösende Ereignis« bewirkt Verstörung, Verunsicherung, vielleicht Trauer oder Wut.
    2.Im Mittelteil wechseln die Gefühle: Der Protagonist hat das Verlangen, in den ursprünglichen Ruhezustand zurückzukehren, aber das wird ihm vereitelt. Immer neue Provokationen sorgen für Aggression, Angst oder Schmerz. Erste oder vermeintliche Lösungsschritte führen zu Erleichterung oder zu Zufriedenheit, die dann wieder zunichte gemacht werden.
    3.Während im ersten und zweiten Teil die Gefühle oft nur latent sind, brechen sie zum Schluss hin hervor: Großer Schmerz, hochgradige Angst oder wilde Aggression sind mit dem Höhepunkt der Erzählung verbunden. Am Ende stehen entweder Erleichterung, Hoffnung oder Resignation – je nachdem, ob man sich für ein Happy End entscheidet oder nicht.
    In amerikanischen Comics wie Tom und Jerry ist das emotionale Spannungsschema einfach. Es wechselt zwischen Angst und Erleichterung und zwischen Aggression und Genugtuung. Wenn ein Angriff des Täters bestraft wird, empfindet der Betrachter Zufriedenheit. Wenn das Opfer davonkommt, empfindet er Erleichterung. In der anspruchsvollen Literatur sind die emotionalen Wendungen wesentlich komplexer. Denn hier treten die Gefühle nie in Reinform auf, sondern sind vielschichtig, ambivalent und überlagern einander. Trotzdem wirkt das Prinzip: Die emotionale Grundstimmung deutet sich im ersten Teil des Textes an. Sie wird durch ein plötzliches Ereignis gesteigert oder konterkariert. Der Protagonist ist ambivalenten Gefühlen ausgesetzt, und die Ereignisse im Erzähltext lassen ihn einmal zu der einen, dann wieder zu der anderen Seite tendieren. Ein Erzähltext drängt immer zur Entscheidung. Erzählungen der Moderne unterlaufen diese beiden Prinzipien. So ist für

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