Empfindliche Wahrheit (German Edition)
hatte gehofft, Shorty würde mir etwas über die Operation Wildlife erzählen.«
»Das habe ich gehört. Shorty hat an der Sache mit Jeb ziemlich zu knapsen, verständlicherweise. Er ist nicht ganz er selbst, unter uns gesagt. Gut, viel hätten Sie aus ihm eh nicht rausgekriegt. Nicht in seinem Interesse. Oder in sonst jemands. Kaffee? Koffeinfrei? Pfefferminztee? Oder was Stärkeres? Ich kidnappe schließlich nicht alle Tage einen Vorzeigebeamten Ihrer Majestät. Wie weit sind Sie gekommen?«
»Womit?«
»Mit Ihren Nachforschungen. Ich dachte, das wäre unser Thema. Sie waren bei Probyn, Sie waren bei der Witwe. Über die Witwe sind Sie an Shorty gekommen. Sie haben Elliot gesehen. Welche Karten können Sie also noch ausspielen? Ich versuche nur, ein bisschen zu kiebitzen«, erläuterte er beflissen. »Probyn? Vergessen Sie’s. Der hat nichts gesehen. Und der Rest ist reines Hörensagen. Hätte vor keinem Gericht Bestand. Die Witwe? Im Schock, paranoid, hysterisch: ein Rohrkrepierer. Was haben Sie sonst noch?«
»Sie haben Probyn belogen.«
»Das hätten Sie ganz genauso. Die Situation hat es erfordert. Oder kennt man beim guten alten F. O. keine Notlügen? Ihr Problem ist nicht nur, dass Sie schon bald auf der Straße sitzen könnten, Sie müssen sich auf ein ziemlich übles Nachspiel gefasst machen. Ich dachte, vielleicht kann ich Ihnen ja helfen.«
»Und zwar?«
»Wie wär’s für den Anfang mit ein bisschen Protektion und einem Job?«
»Bei Ethical Outcomes?«
»Oh, Himmel, diese Dinosaurier«, sagte Crispin mit einem Auflachen, als hätte er Ethical Outcomes völlig vergessen gehabt, bis Toby ihn wieder daran erinnert hatte. »Damit hat das nichts zu tun, Gott sei Dank. Drei Kreuze. Ethical hat die Stühle hochgestellt und ist jetzt ganz offshore. Wer die Anteile hat, der hat auch die Verantwortung. Absolut keine Verbindung mit Castle Keep, weder sichtbar noch anderweitig.«
»Und auch keine Miss Maisie?«
»Schon lange nicht mehr, die gute Seele. Beglückt jetzt die Heiden Somalias mit Bibeln, nach allem, was man hört.«
»Und Ihr Freund Quinn?«
»Tja, der arme Fergus. Wobei seine Partei ihn neuerdings wieder umwirbt, höre ich, jetzt, wo sie nicht mehr an der Macht ist. Da ist Ministerialerfahrung plötzlich Gold wert. Unter der Bedingung natürlich, dass er New Labour und all ihrem Blendwerk abschwört, was er bereitwilligst tun wird. Hätte gern hier angeheuert, ganz unter uns. Lag praktisch auf den Knien vor mir. Aber ich fürchte, anders als Sie hat’s der gute alte Fergus schlicht nicht gebracht.« Ein nostalgisches Lächeln. »Bei diesem Spiel gibt es immer den entscheidenden Moment am Anfang, wenn es heißt, entweder riskieren oder kneifen. Sie haben bezahlte Leute an der Hand, die in den Startlöchern sitzen und auf ihren Einsatz fiebern. Sie haben Nachrichtenmaterial für eine halbe Million Dollar, die Finanzierung steht, plus ein Topf voll Gold, wenn’s klappt, und gerade so viel grünes Licht von ganz oben, dass Sie abgedeckt sind, aber mehr nicht. Gut, es gab ein bisschen Knatsch wegen unseren Quellen. Aber wann gibt es den nicht?«
»Und das war Wildlife?«
»Mehr oder weniger.«
»Und der Kollateralschaden?«
»Tragisch. So was ist immer wieder tragisch. Das mit Abstand Schlimmste bei diesem Geschäft. Es vergeht keine Nacht, in der ich nicht daran denke. Aber was ist die Alternative? Geben Sie mir eine Predator und ein paar Hellfires, und ich zeige Ihnen, wie echter Kollateralschaden aussieht. Wollen wir eine Runde durch den Garten drehen? So viel schönen Sonnenschein darf man doch nicht ungenutzt lassen.«
Der Raum, in dem sie standen, war teils Büro, teils Wintergarten. Crispin trat ins Freie. Toby blieb nichts übrig, als ihm zu folgen. Der Garten war langgestreckt, von einer Mauer eingefasst und im orientalischen Stil angelegt, mit Kiesbecken und einem Gerinne aus Schiefer, durch das Wasser in einen Teich plätscherte. Eine Bronzechinesin mit ausladendem Hut fing Fische für ihren Korb.
»Schon mal von einem Unternehmen gehört, das sich Rosethorne Protection Services nennt?«, erkundigte sich Crispin über die Schulter. »Circa drei Milliarden Dollar bei der letzten Schätzung?«
»Nein.«
»Na, dann schlagen Sie mal nach, denen gehören wir nämlich – noch. Bei unserer derzeitigen Wachstumsrate müssten wir uns in ein paar Jährchen rauskaufen können, Maximum vier. Wissen Sie, wie viele Mitarbeiter wir weltweit haben?«
»Nein, bedaure.«
»In Vollzeit
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