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Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Titel: Empfindliche Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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einmal über den einsamen Polizisten an der Ecke Cloudesley Road wunderten, denn war der hilfsbereite Schutzmann an der Ecke nicht ein Relikt aus grauer Vorzeit? Und wie konnte es sein – Toby diesmal –, dass der angebliche Pannendienst immer noch an diesem verflixten Reifen herumwerkelte? Aber egal, als Allererstes musste Emily von der Bildfläche verschwinden, außer Hör- und Sichtweite, bitte, um ihrer eigenen Sicherheit willen, denn um keinen Preis durfte sie als seine Komplizin dastehen, was er ihr auch klar und in aller Ausführlichkeit darlegte.
    So dass er, als er zum Endspurt das abschüssige Stück die Copenhagen Street hinunter ansetzte, gar nicht verstehen konnte, warum sie immer noch da war – und nicht nur neben ihm ging, sondern ihn führte und vermutlich sogar auf den Füßen hielt. Ihre eine Hand umfasste mit undamenhafter Kraft seinen Unterarm, ihr anderer Arm lag wie ein Schraubstock um seine Schultern, allerdings ohne an seine Blessuren zu kommen, was ihm ins Gedächtnis rief, dass sie seine Anatomie mittlerweile ziemlich gut kannte.
    Sie hatten die Kreuzung erreicht, als er wie angewurzelt stehen blieb.
    »Scheiße!«
    »Was ist Scheiße?«
    »Ich erinnere mich nicht.«
    »Erinnerst dich nicht an was, Himmelherrgott?«
    »Ob Mimi’s rechts oder links ist.«
    »Warte hier auf mich.«
    Sie parkte ihn auf einer Bank, und er wartete benommen, während sie einen hastigen Erkundungsgang antrat und mit der Nachricht zurückkehrte, dass Mimi’s auf der linken Seite lag, nur einen Katzensprung entfernt.
    Aber erst nahm sie ihm ein Versprechen ab:
    »Sobald das hier erledigt ist, fahren wir ins Krankenhaus. Abgemacht? Was ist denn jetzt wieder los?«
    »Ich hab mein Geld vergessen.«
    »Ich hab jede Menge.«
    Wir kabbeln uns wie ein altes Ehepaar, dachte er, dabei sind wir noch nicht mal beim Wangenkuss angelangt. Vielleicht sagte er es auch laut, denn sie lächelte, als sie die Tür zu Mimi’s aufstieß, einem engen, aber extrem sauberen Laden mit einem großen Sperrholztresen gleich beim Eingang, hinter dem niemand saß, und einer Theke an der Rückwand, wo es Kaffee und Erfrischungen zu kaufen gab, und an der Seitenwand einem Poster, das den Kunden ein Upgrade für ihren PC anbot, inklusive Gesundheitscheck, Wiederherstellung verlorengegangener Daten und Ausmerzung jeglicher übelgesinnter Viren. Unter diesem Poster reihten sich sechs Computernischen aneinander, vor denen, schön aufrecht, sechs Kunden saßen, vier schwarze Männer und zwei blonde Frauen. Keine Nische war frei, es hieß warten.
    Also setzte er sich an ein Tischchen und wartete, während Emily ihnen zwei Tees holte und ein paar Worte mit dem Geschäftsführer wechselte. Dann kam sie und setzte sich Toby gegenüber und hielt über den Tisch hinweg seine beiden Hände – nicht ausschließlich, so hoffte er, aus medizinischen Gründen –, bis einer der Männer von seinem Barhocker stieg und einen Computer freigab.
    Ihm war schwindlig, und die Finger an seiner rechten Hand wollten nicht gehorchen, so dass es letztlich Emily war, die die USB -Sticks in die Buchse nestelte, während Toby mit seinem BlackBerry die Adressen für sie aufrief: Guardian , New York Times , Private Eye , Reprieve, Channel 4 News, BBC News, ITN und zum Schluss – keine pure Ironie – die Presse- und Informationsabteilung des Außenministeriums Ihrer Majestät.
    »Und an meinen Vater«, sagte sie und gab Kits Mail-Adresse ein und drückte »Senden« und bedachte auch ihre Mutter gleich mit, falls Kit in seinem Zelt schmollte und seine E-Mails nicht abrief. Dann, leicht verspätet, fielen Toby die Fotos ein, die Brigid ihn hatte ablichten lassen, und er bestand darauf, dass Emily sie noch hinterherschickte.
    Und Emily war mitten im Senden, als Toby draußen ein Martinshorn hörte und im ersten Moment dachte, dass das die Ambulanz war, die ihn holen kam, und dass Emily sie offenbar doch ohne sein Wissen gerufen haben musste, vielleicht noch bei ihm daheim, als sie im Treppenhaus mit Oakley geredet hatte.
    Dann sagte er sich, nein, nie und nimmer hatte sie das hinter seinem Rücken getan, denn wenn er etwas sicher wusste, dann, dass Emily zu keiner Täuschung fähig war, und wenn Emily sagte: »Ich rufe die Ambulanz, wenn wir hier bei Mimi’s fertig sind«, dann rief sie sie, wenn sie fertig waren, und keine Sekunde früher.
    Sein nächster Gedanke war: Sie kommen wegen Giles, Giles hat sich vor einen Bus geworfen – denn wenn ein Mann in Giles’

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