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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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Licht. Wir klopften und traten ein.
    Howard Webb war ein kleiner Mann mit dunklem Haar. Er saß hinter einem Schreibtisch, der aussah, als hätte ihn die städtische Schule schon vor Jahren zum Sperrmüll gestellt. Fenster hinter ihm sorgten für Helligkeit in dem Zimmer, dennoch brannte eine Lampe auf seinem Tisch. Er hatte sie über eine Sammlung von Schwarz-Weiß-Fotos geneigt. Auf sein Zeichen hin zogen Stan und ich uns zwei Holzstühle heran, und als wir vor seinem Schreibtisch Platz nahmen, sah ich, dass es sich bei den Fotos um Luftaufnahmen handelte. Wir stellten uns vor, er streckte den Arm über die Tischplatte aus und schüttelte uns die Hände. Stan hüstelte nervös, als er an der Reihe war. Howard Webb lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
    »Sie haben Glück, dass Sie mich erwischen. Dieses Büro dient eigentlich nur als Anlaufstelle für Landbauanträge und dergleichen. Ich bin eigentlich nur hier, wenn Vermessungen in der Gegend vorgenommen werden. Sie sagten am Telefon, Sie haben ein Foto, das ich mir ansehen soll?«
    Ich reichte ihm die Luftaufnahme meines Vaters. »Ich habe mich gefragt, was Sie uns darüber sagen können.«
    Er betrachtete das Bild einen Moment, dann legte er es hin und gab die Seriennummer in der rechten unteren Ecke in ein Laptop ein, das auf einem kleinen Tisch neben seinem Schreibtisch stand. Er studierte den Monitor einen Moment und wandte sich dann wieder uns zu.
    »Das ist eine Gegend außerhalb von Oakridge. Wir haben sie vor einem Jahr aus der Luft vermessen. Wie sind Sie da rangekommen?«
    Stan rutschte auf dem Stuhl hin und her. »Oh-oh, Johnny.«
    Howard Webb sah ihn unsicher an. »Daran ist nichts falsch. Ich wollte nur sagen, normalerweise finden diese Aufnahmen nicht den Weg hinaus in die Welt ohne eine gewisse fachspezifische Inklination …« Er verstummte, unsicher, ob seine Besucher ihm folgen konnten.
    Stan sah verlegen drein. »Mein Dad hatte es«, sagte er leise.
    »Verstehe. Erschließt er Land in dieser Gegend?«
    »Er war Grundstücksmakler.«
    Howard Webb runzelte die Stirn und betrachtete das Foto erneut. Dann drehte er es um und las, was auf der Rückseite stand.
»Die Bäume sind anders …«
Er wiederholte es bei sich und lächelte. »Ich erinnere mich an dieses Bild. Ihr Vater verkauft Immobilien in Oakridge. Ja, ich erinnere mich an ihn. Wir haben uns Mitte April in seinem Büro getroffen, als ich in der Gegend recherchierte. Er fragte mich, ob ich Fotos hätte, die er für sein Büro haben kann. Ich weiß das noch so genau, weil er mir wenige Tage, nachdem ich ihm ein paar Bilder gegeben hatte, genau diese Frage stellte – warum die Bäume anders wären.« Howard Webb sah mich an und kniff die Augen zusammen. »Wie geht es ihm?«
    »Das wissen wir leider selbst nicht so genau. Möglicherweise macht er gerade eine Krise durch.«
    Der Vermesser schien einen Moment verwirrt, entschied aber offenbar, dass es nicht angebracht wäre, weiter nachzufragen. »Oh, tja, er schien mir ein netter Mann zu sein. Möchten Sie wissen, was er mit den Bäumen meinte?«
    »Ja. Ich habe zwar einen Verdacht, bin aber nicht sicher.«
    »Okay, sehen Sie her.«
    Stan und ich standen auf und beugten uns über den Schreibtisch, während Webb mit der Bleistiftspitze auf das Foto zeigte.
    »Was man hier sieht, entspricht weitgehend der typischen Topografie dieser Gegend – Wald, Fluss, ein abgestürztes Plateau. Aber da ist noch etwas, etwas Interessanteres. Die Bäume, von denen wir sprechen, sind hier.«
    Webb hob den leicht abgesetzten Streifen der Bäume mit dem Bleistift hervor.
    »Sie sehen, dass dieser Teil des Waldes auf dem Foto ein wenig dünner erscheint. Das liegt daran, dass die Vegetation hier – die Bäume – nicht so dicht und kleiner sind als im umliegenden Wald. Der Grund dafür ist, dass sie in einem Boden wachsen, der nicht so reich an Nährstoffen ist. Sehen Sie den Flusslauf? Wie er um dieses Plateau führt? Das ist nicht sein ursprünglicher Lauf. Ich glaube, was wir hier sehen, ist die Folge eines Erdrutsches. Irgendwann stürzte die Front des Plateaus in den Fluss und zwang ihn so zu dieser Biegung hier. Die Linie der dünneren Vegetation auf der anderen Seite der Klippe folgt dem ursprünglichen Verlauf. Es verhält sich tatsächlich so, dass diese Bäume auf dem ursprünglichen Flussbett wachsen. In manchen Fällen sind Flussbetten reich an Sedimenten, dann würden wir der Vegetation den gegenteiligen Effekt ansehen – das heißt, sie würde

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