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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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üppiger wachsen –, aber in manchen besteht das Flussbett auch nur aus Kies und Sand, und dann haben es die Pflanzen schwerer, weil sie nur auf einer dünnen Krume aus nährstoffreicher Erde wachsen. Das ist vermutlich hier der Fall.«
    »Aber das Land gehört uns, und der Streifen, wo die Bäume stehen, sieht nicht wie ein Flussbett aus. Ich meine, man sieht keine Vertiefung oder so.«
    »Der Swallow ist auch heute sehr flach in diesem Teil des Landes. Nichts deutet darauf hin, dass er an diesem alten, ursprünglichen Abschnitt tiefer gewesen wäre. Der Erdrutsch könnte vor einigen Hundert Jahren stattgefunden haben. Und in diesem Zeitraum könnte vom Wind verwehter Sand, vom Regen angespülte Materie, abgestorbene Vegetation die Niederung aufgefüllt haben …«
    Stan gab zwei schmatzende Laute mit den Lippen von sich. »Wow, Johnny, ein geheimer Fluss, und wir wussten nicht einmal, dass er da war!«
    Howard Webb sah leicht pikiert drein, erholte sich jedoch schnell und sah Stan lächelnd an. »Viele Dinge sieht man erst aus der Luft.«
    Ich hatte erfahren, was ich erfahren wollte. Stan und ich dankten Howard Webb, dass er uns seine Zeit geopfert hatte, und verließen das Büro. Beim Gehen fiel mir jedoch noch etwas ein; ich drehte mich um.
    »Als mein Vater sich nach dem Foto erkundigte, war da noch jemand bei ihm?«
    »Ja, ein rothaariger Bursche, etwa in Ihrem Alter.«
     
    Auf dem Nachhauseweg war Stan ganz außer sich wegen des geheimen Flusses.
    »Ich wette, wir sind die einzigen Menschen auf der Welt, die davon wissen, Johnny. Er ist genau dort, unter den Bäumen, und alle spazieren einfach darüber hinweg, nur wir wissen Bescheid. Ich hab dir ja gesagt, es ist merkwürdig, wie die Bäume aussehen. Und ich hatte recht.«
    »Du hattest recht, Alter.«
    »Ich frage mich, wie er aussehen würde, wenn wir ihn ausgraben.« Er schwieg einen Moment, dann holte er zischend Luft und sah mich an. »Johnny! Das muss der Grund sein, warum Dad dort Löcher gegraben hat. Woher er die Probe hatte. Der geheime Fluss muss voller Gold sein!«
    »Beruhige dich, Alter.«
    »Aber warum hätte er Proben nehmen sollen, wenn er das nicht geglaubt hätte? He, weißt du was, wir sollten dort nachforschen gehen.«
    »Mach dir keine Sorgen, wir gehen nachforschen.«
    »Wir sollten eine Liste für unsere Ausrüstung machen. Zum Beispiel eine Taschenlampe und eine Axt. Und ein Seil.«
    »Wofür brauchst du denn ein Seil?«
    »Damit man es aufrollen und über die Schulter hängen kann. Sodass es quer über die Brust geht.«
    »Und man total cool aussieht.«
    »Ja. Wir müssen das machen, wenn Rosie da ist, damit sie mich sieht.« Danach sah er ein paar Minuten zum Fenster hinaus und wandte sich schließlich wieder leise an mich. »Glaubst du, wir sollten heiraten, Johnny?«
    »Geht nicht, wir sind Brüder.«
    »Ich und Rosie, Dummkopf.«
    Eine Heirat zwischen Stan und Rosie kam mir so bizarr vor, dass ich nie auch nur darüber nachgedacht hätte und in meiner Überraschung vermutlich zwangsläufig negativ reagieren musste.
    »Ich weiß nicht, Stan. Marla und ich sind nicht verheiratet.«
    »Ja, aber, Johnny«, Stan sah betrübt drein, »du bist du.«
    »Okay, selbst wenn, findest du das eine gute Idee? Ich meine, Rosie ist ein sehr nettes Mädchen, aber ich glaube, sie hatte früher ein ziemlich hartes Leben. Verheiratet sein heißt mehr, als nur miteinander gehen, man muss sich mehr mit den Problemen des anderen auseinandersetzen.«
    »Aber Rosie hat keine Probleme. Wir sind glücklich.«
    »Ja, ich will damit nur sagen, ihr könntet Probleme bekommen, wenn ihr verheiratet seid.«
    »Das ergibt keinen Sinn, Johnny.«
    »Hör mal, Stan, ich weiß, du liebst sie, aber du wohnst direkt nebenan, du kannst sie sehen, wann immer du willst. Wo liegt der Unterschied?«
    Stan schwieg lange Zeit, und da wusste ich, dass ich ihn unglücklich gemacht hatte.
    »Aber wenn wir heiraten, wärst du nicht böse, oder, Johnny?«
    »Nein, ich wäre nicht böse.«
    Stan lächelte in sich hinein und schmiegte sich tiefer in seinen Sitz. Und ich fuhr weiter und fragte mich, wie kompliziert das Leben noch werden konnte.
     
    Marla kam später als üblich nach Hause. Als sie eintraf, war es bereits dunkel. Sie warf ihre Sachen über eine Stuhllehne und ließ sich auf die Couch fallen. Die kühle Luft draußen hatte ihre Wangen gerötet, doch unter dieser Färbung sah sie so müde aus wie stets in letzter Zeit. Stan war in seinem Zimmer und sah fern, kam

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