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Ende (German Edition)

Ende (German Edition)

Titel: Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Monteagudo
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habt?», fragt Ibáñez.
    «Natürlich haben wir richtig gezählt», erwidert Maribel. «Du bist mit Amparo und Nieves gekommen, oder? Macht drei in einem Auto.»
    «Stimmt, aber … Jetzt weiß ich’s!», ruft Ibáñez. «Das Auto muss den Ausflüglern gehören.»
    «Welchen Ausflüglern?»
    «Den Leuten, die ich vorhin getroffen habe. Die sind hier vorbeigekommen», erklärt Ibáñez und zeigt zum Weg. «Sie hatten Bergsteigerausrüstung dabei und wollten am Fluss ihr Zelt aufschlagen.»
    «Bergsteiger?», fragt María. «Die kommen doch sonst immer in Kleintransportern.»
    «Ist doch jetzt egal!», drängt Ginés. «Konzentrieren wir uns auf das, was uns wirklich interessiert. Amparo: Deinen Autoschlüssel brauchen wir auch.»
    «Ich komme mit euch», sagt Amparo. Schlagartig wenden sich ihr alle Gesichter zu. «Ich kenne den Weg, ich bin fit, und ich weiß nicht, ob ich beschützt werden will.»
    «Wer kriegt das Feuerzeug?», will Nieves wissen.
    «Ihr», sagt Ginés, «dann könnt ihr die Schlafsäcke rausholen und alles vorbereiten. Drinnen ist es am dunkelsten, draußen spenden die Sterne etwas Licht.»
    Als Cova und Rafa ihnen die Autoschlüssel ausgehändigt haben, machen sie sich auf zu dem Schlängelpfad, der hinauf zu den Autos führt. In der trockenen Luft ist das Geräusch ihrer Schritte deutlich zu hören, das Knirschen der Schuhsohlen auf dem steinigen Untergrund. Einer der drei rutscht aus, stürzt fast. Dann nehmen sie wieder ihren normalen Rhythmus auf, gehen weiter bergauf, entfernen sich, bis ihre Umrisse nur noch durch ihre Bewegung zu erahnen sind. Schließlich verschmelzen sie endgültig mit dem Schwarz der Nacht, werden verschluckt von der dunklen Vegetation.

E ine halbe Stunde ist vergangen. Die Gruppe liegt auf dem Platz vor der Herberge, den Kopf in Richtung Herberge, eng beieinander, auf Decken und Schlafsäcken; ganz rechts, von dem Gebäude aus betrachtet, also Richtung Süden, liegt Rafa; dann kommen Maribel, Nieves und Amparo; die Mitte bildet Cova, dann folgen Hugo, María und Ginés und ganz außen Ibáñez. Würden wir sie nicht so gut kennen, könnten wir ihre Stimmen nicht auseinanderhalten, sie keinem Namen zuordnen. Mehr noch: Würde jemand die Unterhaltung transkribieren, ohne weitere Hinweise zu geben, könnten wir die männlichen und die weiblichen Stimmen nicht immer unterscheiden.
    «Schschsch, seid mal ruhig!»
    «Was ist?»
    «Ihr sollt ruhig sein!»
    «Was ist denn los?»
    «Nichts, er will uns nur einen Schreck einjagen.»
    «Das ist nicht schwer, zumindest was mich angeht.»
    «Wollt ihr endlich ruhig sein!»
    Das Schweigen ist geradezu greifbar, als wäre die Luft schlagartig dichter geworden, als füllte sie jeden Winkel, jeden Zwischenraum, jeden Spalt zwischen Kleidung und Schlafsack, zwischen Schlafsack und Boden. Jedes Knistern ist zu hören, jede Regung. Jemand hustet kurz, jemand schluckt, dann wieder nichts, sekundenlang tiefe Stille, in der sogar die Atmung auszusetzen scheint. Dann plötzlich sind doch wieder Geräusche zu hören: der Fluss tief in der Schlucht, der an manchen Stellen rauscht, an anderen geheimnisvoll rieselt; die Blätter, die im Wind säuseln. Und in der Ferne ein Hund, der dann und wann melancholisch bellt.
    «Wusstest du, dass gleich ein Hund bellen würde?»
    «Nein, natürlich nicht! Ich wollte, dass ihr der Stille lauscht.»
    «Du bist ja ein richtiger Poet!»
    «Mir ist das fast zu still.»
    «Mir wäre auch wohler, wenn ich statt diesem Gekläffe ein Auto hören würde.»
    «Wo Hunde sind, ist der Mensch nicht weit.»
    «Es gibt auch regelrechte Hundesöhne.»
    «Mir wären alle Autos recht, und wenn sie Bumbabumbamusik aufgedreht hätten. Da seht ihr, wie verzweifelt ich bin.»
    «Habt ihr wirklich so die Hosen voll? Ihr mögt wohl keine Einsamkeit, was?»
    «Welche Einsamkeit? Bei neun Leuten?»
    «Du weißt, was ich meine.»
    «Stimmt. Du meinst Frieden, innere Ruhe. Aber darf ich dich daran erinnern, dass wir keinen Strom haben, dass alle elektrischen Geräte ausgefallen sind, dass wir von jeglicher Kommunikation abgeschnitten sind, dass die Autos nicht anspringen. Ich weiß nicht, wie’s dir geht, aber mich erinnert das hier eher an Friedhofsruhe.»
    «Apropos, wir haben das Auto nicht gesehen, Maribel.»
    «Welches Auto?»
    «Das, von dem du gesprochen hast.»
    «Die sind wahrscheinlich weggefahren, während wir gefeiert haben.»
    «Morgen müssen wir unbedingt ausprobieren, ob vielleicht Hugos Kiste anspringt.»
    «Wie

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