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Ende (German Edition)

Ende (German Edition)

Titel: Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Monteagudo
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Vegetarier?»
    «Schon, aber man nennt es nicht so. Vegetarier sein ist eine Geisteshaltung. Bei Tieren heißt das Pflanzenfresser.»
    Stille tritt ein, eine gespannte Stille. Es hat den Anschein, als würde Rafa nichts erwidern, aber dann ergreift er doch das Wort.
    «Okay, wie ihr wollt. Ab jetzt sage ich gar nichts mehr. Außerdem gehen wir jetzt ins Bett. Komm, Mariel.»
    «Rafa …»
    «Komm jetzt!»
    Rafa und Maribel suchen ihre Sachen zusammen. Spannung liegt in der Luft.
    «Nehmt das Feuerzeug mit. Wenn ihr fertig seid, legt es einfach aufs erste Bett gleich an der Tür.»
    Noch während die beiden auf dem Weg zur Herberge sind, wird schon geflüstert. Als sie die Tür hinter sich schließen, hört man deutlich Amparos Stimme.
    «Du hättest die Klappe halten sollen.»
    «Tut mir leid, aber ich fand’s lustig. Ich hatte plötzlich dieses Bild im Kopf, Wildschweine, die in einem makrobiotischen Restaurant sitzen und einen Sojaburger bestellen.»
    «Hör endlich auf damit!»
    Hugo verzichtet auf einen weiteren Kommentar. Eine Zeitlang lastet das Schweigen auf der Gruppe. Dann erklingt wieder Amparos Stimme.
    «Ich glaube, ich lege mich auch hin. Ich habe weder Lust noch Geduld, bis zum Sonnenaufgang auszuharren.»
    «Wir bleiben noch ein Weilchen. Ob wir ganz durchhalten, weiß ich allerdings nicht.»
    «Gute Nacht.»
    Man wünscht sich eine gute Nacht, dann tritt wieder Schweigen ein. Amparos Schritte sind längst verklungen, als jemand sich zu sprechen entschließt.
    «Merkwürdig. Es hat überhaupt nicht abgekühlt.»
    «Wird es schon noch. Am kühlsten ist es immer am frühen Morgen.»
    «Lang kann es nicht mehr sein bis dahin.»
    «Die Uhren! Wir haben gar nicht geschaut, wie spät es ist.»
    «Doch, haben wir. Oder besser gesagt: Rafa. Aber das hat uns auch nicht weitergeholfen, weil seine Uhr nämlich digital ist. Wir wissen nicht mal, wann sie stehengeblieben ist.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Hugo – Ibáñez
    H eiteres Morgenlicht erfüllt den Schlafraum. Durch ein kleines Fenster oben in der Wand sieht man Baumwipfel und ein Stück blauen Himmels. Durch die weitgeöffnete Tür zum Essraum schiebt sich ein schmaler Lichtstreifen herein und erleuchtet alles, was er berührt: die Staubpartikel in der Luft, die Bodenfliesen und die groben, in unterschiedlichen Grautönen schillernden Decken auf den Betten. Es herrscht Stille. Nur Vogelgezwitscher ist zu hören, das ferne Rauschen des Flusses, Naturgeräusche, die mit der frischen Luft und dem Blau des Himmels eine friedliche Morgenstimmung erzeugen.
    Das Sonnenlicht offenbart schonungslos, wie karg der Schlafraum, wie hässlich die Pritschen, wie nackt die schmutzig weißen, an verschiedenen Stellen abbröckelnden Wände sind. Doch die Stille verleiht dem Raum auch etwas Asketisches, Demütiges, Spirituelles, das an die einstige Funktion des Gebäudes erinnert. Die meisten Betten sind unbenutzt, die Einheitsdecken unberührt. Auf dreien oder vieren verteilen sich schön ordentlich Taschen, ein Necessaire, Kleidungsstücke, ein zusammengerollter Schlafsack. Nur auf zwei der Pritschen herrscht Unordnung. Auf der einen liegt ein offener, in eine zerknitterte Decke verdrehter Schlafsack; auf der anderen ein weiterer, leuchtend blauer Schlafsack, dessen Wölbung darauf hindeutet, dass jemand darin liegt.
    Nichts regt sich, kein Geräusch ist zu hören, bis zu dem Augenblick, in dem der Sonnenstreifen, der mit für das menschliche Augen nicht wahrnehmbarer Geschwindigkeit weitergewandert ist, den Schlafsack auf dem letzten Bett in Licht taucht. Da bewegt er sich, zieht sich zusammen, wie wenn ein Mensch sich gegen die Helligkeit des neuen Tages wehrt.
    Der Schlafsack beruhigt sich wieder. Offenbar will die Person, wer immer es ist, liegen bleiben. Doch dann bewegt er sich erneut, diesmal heftiger, energischer als eben. Nach einem kurzen Innehalten ein weiterer Ruck, fast schon ein Aufbäumen, begleitet von einem gereizten Brummen. Nun setzt sich die Person auf der Pritsche abrupt auf und schiebt den Schlafsack mit beiden Händen weg. Es ist Hugo. In seinem vom Schlaf aufgedunsenen Gesicht schimmert schwarz der Bart, während seine fortgeschrittene Glatze umso deutlicher zutage tritt. Schützend hält er die Hand an die Stirn und versucht blinzelnd herauszufinden, woher das Licht kommt. Dann lässt er sich mit einem müden Seufzer wieder auf die Matratze sinken.
    «Ihr Arschlöcher habt die Tür aufgelassen», murmelt er mit teigiger Stimme.
    Tatsächlich

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