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Ende (German Edition)

Ende (German Edition)

Titel: Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Monteagudo
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steht die Tür zwischen Schlafraum und Essraum sperrangelweit auf, ebenso die nach draußen.
    Hugo bleibt noch eine Weile liegen, wie um Kraft zu sammeln für das, was jetzt folgt: Schwungvoll, wenn auch ungeschickt, kriecht er aus dem Schlafsack und taumelt, geblendet vom Licht, zur Tür. Er trägt einen Sommerpyjama mit kurzen Hosen. Die linke Hand hält er weiterhin schützend an die Stirn, mit der rechten kratzt er sich am Oberschenkel.
    «Denen werde ich was pfeifen!», grummelt er, als er an der Tür ankommt und nach dem Griff tastet.
    «Immer mit der Ruhe, mein Lieber», sagt eine Stimme aus dem Essraum. «Die Tür ist absichtlich auf.»
    An der Stimme erkennt Hugo, dass es Ibáñez ist, der sich da im Gegenlicht im Türrahmen abzeichnet.
    «Absichtlich?», sagt Hugo, schnalzt mit seiner klebrigen Zunge, reibt sich die Augen, um Ibáñez besser zu erkennen. «Wie viel Uhr ist es? Wo sind die anderen?»
    Ibáñez zögert kurz, vielleicht drei oder vier Sekunden, aber trotzdem wirkt die Stille so, als gäbe es im Umkreis von mehreren Kilometern keine Menschenseele.
    «Die Tür steht offen, damit du endlich aufwachst», erklärt Ibáñez. «Die anderen treiben sich irgendwo draußen rum. Und wie viel Uhr es ist, wissen wir nicht.»
    «Was? Immer noch nicht? Du willst mich wohl verarschen!», sagt Hugo, der mit einem Schlag hellwach geworden ist. Die Uhren, die Handys …»
    «Funktionieren noch immer nicht.»
    Hugo setzt sich auf die nächstbeste Pritsche, schnaubt müde, reibt sich mit beiden Händen die Stirn.
    «Warum habt ihr mich nicht geweckt?»
    «Haben wir ja versucht!», erwidert Ibáñez, tritt über die Schwelle und stellt sich neben Hugo. «Aber da war nichts zu machen. Im Schlaf bist du wie ein Bär: genauso schwer zu wecken und genauso gefährlich.»
    «Wo ist Cova?»
    «Die ist mit den anderen Frauen runter zum Fluss.»
    «Zum Fluss?»
    «Ja, sie wollen schauen, ob sie die Bergsteiger finden.»
    «Was für Bergsteiger?»
    «Erinnerst du dich nicht mehr? Wir haben gestern kurz über sie gesprochen.»
    «Nein, davon weiß ich nichts mehr.»
    «Wo warst du gestern nur mit deinen Gedanken? Egal, jedenfalls bin ich ihnen begegnet, bevor ihr angekommen seid. Es waren mehrere Typen in engen Kletterhosen und mit kompletter Ausrüstung. Sie wollten am Fluss ihr Zelt aufschlagen, obwohl es schon dunkel war.»
    «Warum wollt ihr mit diesen Kerlen sprechen?»
    «Na ja, angesichts unserer Lage wär’s nicht schlecht, mal wieder mit einem menschlichen Wesen zu tun zu haben. Bisher haben wir nur Hunde gesehen. Und einen Rehbock.»
    «Einen Rehbock?»
    «Ja, der ist hier reinspaziert, wahrscheinlich hat er was zu fressen gesucht.»
    Hugo schweigt nachdenklich. Nach der langen Nacht hängen gräuliche Tränensäcke unter seinen Augen.
    «Hoffentlich verirren sich die Frauen nicht.»
    «Ach was! Nieves und Amparo kennen die Gegend gut. Maribel auch. Und der Weg stellt keine große Herausforderung dar. Außerdem mussten sie …»
    «Was ist mit den Autos?», fragt Hugo, der plötzlich munter geworden scheint. «Vielleicht springen sie ja jetzt an.»
    «Haben wir schon versucht. Ginés wollte nicht warten, bis du endlich aufwachst.»
    «Und?»
    «Genau wie gestern. Das von Ginés lässt sich nicht mal öffnen. Die Diesel können wir eh vergessen. Und bei deinem – oder vielmehr dem von deiner Frau – haben wir versucht, was wir gestern besprochen haben. Wir haben es angeschoben, den abschüssigen Weg runter, aber dann …»
    «Was dann? Was ist passiert?»
    «Dem Auto nichts, aber uns beinahe, oder besser gesagt Ginés, der saß nämlich am Steuer. Deine Kiste ist zwar ziemlich alt, aber so alt auch wieder nicht. Jedenfalls hat die Bremse nicht richtig funktioniert, und das Lenkrad ließ sich kaum bewegen, typisch Servolenkung eben, wenn der Motor nicht an ist.»
    «Mist! Und dann?»
    «Nichts, ging glimpflich aus. Ginés ist rechts in einen Weg eingebogen, der bergauf führt, und konnte so den Wagen stoppen. Den einen oder anderen Ast hat er schon gestreift, aber letztlich hat das Auto nicht mal einen Kratzer abgekriegt. Wir haben es einfach dort stehenlassen.»
    «Wusste denn Rafa das mit den Bremsen nicht? Wie konnte er zulassen …»
    «Rafa war nicht dabei.»
    «Was? Ist er immer noch sauer?»
    «Sieht so aus. Er ist heute Nacht abgehauen, ohne jemandem Bescheid zu sagen.»
    «Abgehauen?»
    «Ja, abgehauen.»
    «Und Maribel?»
    «Die ist noch hier.»
    «Er ist einfach weg, ohne …»
    Hugo beendet den

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