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Ende (German Edition)

Ende (German Edition)

Titel: Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Monteagudo
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mal?»
    «Ich? Cova.»
    «Was für ein origineller Name.»
    «Kommt von Covadonga, oder? Von den Höhlen?», fragt Nieves. «Bist du aus Asturien?»
    «Nein», sagt Cova kurz angebunden. «Das mit Covadonga war so eine Schnapsidee von meinem Vater. Ich mag den Namen nicht besonders.»
    «Dann ist dein Vater aus Asturien», will Nieves wissen.
    «Nein, auch nicht. In unserer Familie gibt es seit zehn Generationen niemanden aus Asturien.»
    «Seit wann seid ihr verheiratet?», fragt Maribel, um nicht wieder eine peinliche Stille eintreten zu lassen.
    Cova zögert mit der Antwort.
    «Seit fast fünfzehn Jahren.»
    «Habt ihr keine Kinder?»
    «Nein.»
    «Ein Leben ohne Kinder hat was. Ich jedenfalls denke gern daran zurück. Das war unsere beste Zeit, als Paar, meine ich.»
    «Wenn man keine Kinder hat, liebt man sich mehr», räsoniert Nieves laut. «Man muss die Zuneigung nicht aufteilen und wird auch nicht so schnell alt.»
    «Kinder haben auch ihre guten Seiten», wendet Cova ein. «Trotzdem sehe ich keinen Grund, deprimiert zu sein.»
    «Natürlich haben sie auch ihre guten Seiten», gibt Nieves zu. «Sie geben einem Sinn. Wenn sie klein sind, sind sie entzückend. Es gibt eine Phase, da hat man wirklich seine Freude an ihnen.»
    «Ein paar Monate lang vielleicht», ätzt Maribel.
    «Man hat Kinder, man zieht sie groß», fährt Nieves fort, «aber irgendwann bemerkt man, dass sich im Grunde nichts verändert hat.»
    «Willst du damit sagen, dass Kinder das Leben nicht verändern?», wundert sich Maribel.
    «Ich meine, man verändert sich nicht als Mensch. Man wird älter, man hat mehr erlebt, aber letztlich hat man noch die gleichen Fehler, die gleichen Probleme wie vorher. Und irgendwann gehen die Kinder aus dem Haus, und man ist … man ist …»
    «Aber du hast neues Leben geschaffen», wendet Cova ein. «Du hast ihnen den Weg in diese Welt geebnet, du hast ihnen die Möglichkeit gegeben, glücklich zu sein.»
    «So, wie die Welt im Augenblick ist», mischt sich Maribel wieder ein, «kann man sich nicht sicher sein, ob …»
    «Wenn man jung ist», nimmt Nieves den Faden auf, «ist man noch überzeugt, dass man mal glücklich wird.»
    Die drei Frauen schauen zur Herberge. Die anderen haben das Schlafzimmer betreten. Das Gemurmel ist verklungen, verschwunden das auf und ab flackernde Licht der Flamme, die durch den Hauptraum gegeistert ist wie ein magisches Insekt. Jetzt herrscht wieder Stille, das Gebäude ist eine dunkle, drohend aufragende Masse. Schließlich ergreift Cova das Wort.
    «Was habt ihr diesem Jungen damals angetan? Diesem Andrés?»
    «Da musst du deinen Mann fragen», erwidert Maribel, «der weiß es am besten. Schließlich war er der Rädelsführer.»
    «Das stimmt nicht», widerspricht ihr Nieves. «Wir haben alle mitgemacht.»
    «Er will es mir nicht sagen. Ich habe ihn gefragt, aber … Das erste Mal meinte er, er könne sich nicht mehr erinnern.»
    Maribel lächelt ironisch und schnaubt verächtlich. Es hat den Anschein, als wolle sie eine Bemerkung machen, aber dann überlegt sie es sich anders und schweigt.
    «Ich kenne meinen Mann», sagt Cova. «Jetzt hat er gerade seine Kotzbrockenphase, aber irgendwann kommt seine Sympathieweltmeisterphase. Und dann schläft er ein.»
    «Immerhin. Früher ist er nicht eingeschlafen.»
    Die drei brechen gleichzeitig in Gelächter aus.
    «War nur ein Scherz», stellt Nieves klar. «Tatsächlich hatten wir viel Spaß. Wir waren damals Freunde, es gab keine Pärchen …»
    «Was ich damit sagen will: Ihr könnt ganz offen über ihn reden», stellt Cova klar.
    «Hugo war der Witzigste von uns allen», erzählt Maribel. «Ibáñez versuchte ihm den Rang streitig zu machen, aber seine Witze sind immer so kompliziert. Sein Sinn für Humor ist so …»
    Maribel beendet den Satz nicht. Der umherhuschende Schimmer zeichnet sich im Türrahmen ab. Dann erlischt er wieder, was zu allgemeinem Protestgemurmel führt, das anschwillt, bis deutlich hörbar eine einzelne Stimme ertönt. Es ist die von Hugo.
    «Mädels, eine bösartige Strahlung breitet sich auf der ganzen Welt aus», sagt er mit künstlich hohler Stimme. «Nichts funktioniert mehr: Handys, Rafas Taschenlampe, Marías Feuerzeug – alles tot.» Zwischen den Wörtern lässt er lange Pausen.
    Die Gruppe ist bereits zu sehen. Einige fingern noch sinnlos an ihren Telefonen herum, andere haben es schon aufgegeben. Je näher sie den drei Frauen kommen, desto deutlicher zeichnen sich ihre Umrisse

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