Ende (German Edition)
und legt ihr die Hände auf die Schultern. «Es fehlt keiner, wir sind zu sechst: Amparo, Maribel, Hugo …»
«Aber wir waren mal mehr! Vorher waren wir mehr!»
«Wann?», fragt Amparo.
«Lasst uns von hier verschwinden», schlägt Maribel vor und sieht sich um. «Der Bär kann jederzeit zurückkommen.»
«Es reicht!», schimpft María und reißt sich von Ginés los. «Merkt ihr nicht, dass diese Frau Zuwendung braucht?»
María nimmt Nieves in den Arm. Sie ist etwas kleiner und muss sich auf die Zehenspitzen stellen, um Wange an Wange mit ihr zu stehen.
«Es ist nur, weil …», schluchzt Nieves, «weil immer dann was passiert, wenn wir abgelenkt sind!»
«Keine Angst», flüstert ihr María beruhigend ins Ohr. «Denk daran, was Ginés gesagt hat. Noch sind die zwölf Stunden nicht um, noch lange nicht. Außerdem hat das hier bald ein Ende, muss ein Ende haben.»
Niemand sieht die beiden Frauen an. Alle Blicke richten sich auf Hugo, der ein langes, gurgelndes Stöhnen ausstößt, das langsam verklingt. Er hält sich nach wie vor die Hand vor die Augen und hat den anderen den Rücken zugekehrt, sodass keiner erkennen kann, was mit ihm los ist. Wieder fängt er an zu stöhnen, diesmal stockend, mit zuckendem Rücken, als würde er von Krämpfen geschüttelt.
«Hugo!», schreit Amparo. «Was ist los mit dir?»
«Guten Tag, Herr Bär», sagt Hugo und nimmt die Hand vom Gesicht. Er hat Mühe, sich zu artikulieren, weil er lachen muss. «Wären Sie so freundlich, uns zu sagen, wo das Schwimmbad ist?»
Dann bricht er vollends in Gelächter aus. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, ein Wort hervorzubringen, wischt er sich schließlich, geschüttelt von Lachkrämpfen, die Tränen weg und gluckst: «Und dieses Vieh rennt einfach weg: aus den Augen, aus dem Sinn.»
Wieder bricht Hugo in Gelächter aus. Die anderen sehen ihn vorwurfsvoll an, lassen sich von seiner Heiterkeit nicht anstecken. Nieves löst sich von María und flüstert ihr ins Ohr:
«Ich stinke bestimmt nach Hund.»
«Keine Sorge», beruhigt María sie warmherzig. «Ist bei uns auch nicht anders.»
Hugo feiert seine eigene Party, kriegt sich kaum ein vor Lachen, ruft sich die Szene wieder und wieder vor Augen.
«Hören Sie», prustet er und hält sich den Bauch. «Ist das ein Hut oder sind das Ihre Ohren?»
Wieder lacht er hemmungslos, scheint schier zu platzen. Mittlerweile nervt sein Heiterkeitsanfall die anderen, aber noch nicht genug, als dass sie eingreifen würden.
«Guten Tag, Herr Bär. Wie geht’s der Familie?»
«Es reicht!», fällt Ginés ihm schließlich ins Wort.
«Was hast du denn?», erwidert Hugo. «Ich fand es einfach witzig, als …»
«Es reicht, hab ich gesagt! Dass sich hier Bären rumtreiben, ist alles andere als witzig.»
Allein das Wort «Bär» ruft bei Hugo einen weiteren Lachanfall hervor.
«Wie er da so stand und sie auf ihn zuging und sagte …»
«Halt endlich die Klappe!» Ginés platzt der Kragen.
Einige Augenblicke lang sind alle still, sehen Ginés an, der heftig atmet, als hätte er sich gerade angestrengt. Hugo ist erstarrt, sein Lachen zu einem bitteren Lächeln gefroren.
«Du könntest etwas rücksichtsvoller zu ihm sein», ermahnt ihn María. «Schließlich hat er seine Frau verloren.»
Wieder tritt Stille ein. Man hört, wie die Luft an Ginés’ geweiteten Nasenlöchern entlangstreift. Mit gesenktem Blick steht er da.
«Was ist?», fragt Hugo. «Willst du mich nicht um Verzeihung bitten?»
«Ob jemand trinkt oder isst, bis es ihm zu den Ohren rauskommt, schert mich nicht», antwortet Ginés, jede einzelne Silbe betonend. «Aber ich werde nicht dulden, dass jemand beleidigend wird oder die Moral der Truppe untergräbt.»
«Zu Befehl, Herr Leutnant! Und wieso sollten wir dir gehorchen, du Schwuchtel?»
«Lasst uns von hier abhauen.» Ginés lässt sich nicht provozieren. «Solange die Luft rein ist.»
«Ich hab ‹Schwuchtel› gesagt.»
«Ja, Hugo, du hast ‹Schwuchtel› gesagt», erwidert Ginés gelassen. «Wir haben es alle gehört. Los, Leute, wir müssen hier weg. Womöglich holt der Bär Verstärkung.»
«Sieh mal einer an. Wie cool», stichelt Hugo weiter, während die anderen in Richtung der überdachten Gasse aufbrechen. «Meinst du, wir fallen auf dein cooles Gehabe rein? Auf deine scharfe Braut? Komm schon, du bist doch schwuler als ein Pudel!»
Amparo, Maribel und Nieves sehen sich fragend an, machen Anstalten stehenzubleiben, aber Ginés geht stur weiter, sodass auch
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