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Ende (German Edition)

Ende (German Edition)

Titel: Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Monteagudo
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sie weitergehen. Hugo hingegen rührt sich nicht von der Stelle.
    «Wisst ihr, was er getan hat?», brüllt er den anderen nach. «Wisst ihr, was euer Pseudomacho getan hat, euer General Truman, der sich um die Moral der Truppe sorgt? Er ist wirklich eine Schwuchtel! Jetzt macht er einen auf hart, dabei hat er mich damals angebaggert. Ihr habt richtig gehört. Er hat mich zum Essen eingeladen, zu sich nach Hause, obwohl er noch bei seiner Mutter wohnte. Die Mutter hat sich den ganzen Abend nicht blicken lassen. Wahrscheinlich hat er ihr eingebläut, dass sie von der Bildfläche zu verschwinden hat.»
    Maribel bleibt abrupt stehen, ebenso Nieves und Amparo. Ratlos sehen sie einander an, wissen nicht, was sie tun sollen. Auch María ist stehengeblieben, blickt nachdenklich zu Boden.
    «Da seid ihr baff, was?», fährt Hugo fort. «Aber so war’s nun mal. Den ganzen Abend hat er mich angegraben, am Ende sogar vorgeschlagen, zusammen einen Porno anzuschauen, in seinem Zimmer. Ist doch klar, was er im Sinn hatte.»
    Jetzt bleibt auch Ginés stehen, schüttelt verärgert den Kopf.
    «Komm jetzt, Hugo», sagt er und zieht die Vokale in die Länge, als spräche er mit einem Kind, das nicht gehorchen will. «Wir dürfen uns nicht trennen.»
    «Was wäre schon dabei, wenn er schwul wäre?», mischt sich Amparo ein. «Jedem, wie es ihm gefällt: homo, hetero oder bi. Das heißt noch lange nicht …»
    «Lass gut sein, Amparo», unterbricht Ginés sie. «Es ist nicht so, wie Hugo denkt.»
    «Reine Verwirrungstaktik. Ich will jetzt von dir eine Antwort! Und versteck dich nicht hinter den Frauen. Sag einfach ja oder nein, wenn du den Mumm dazu hast.»
    «Hör zu», sagt Ginés schließlich. «Ich habe zwar wichtigere Dinge im Kopf als die Frage nach der sexuellen Identität zweier Teenager vor dreißig Jahren, die nicht mal miteinander im Bett gelandet sind. Aber nehmen wir mal an, es stimmt, was du sagst, und nehmen wir außerdem an, dass es nicht umgekehrt ist und du dich deshalb so aufregst, nehmen wir also an, ich bin eine ‹Schwuchtel›, wie du das nennst, und du der männlichste Mann der Welt: Das heißt noch lange nicht, dass ich nicht mehr Mumm habe als du, mehr Führungsqualitäten. Und außerdem: Wenn ich es wirklich verbergen wollte, würde ich dich einfach nicht beachten, würde ich so tun, als ließe mich das alles kalt, denn so besoffen, wie du bist, glaubt dir sowieso niemand.»
    «Deine Freundin guckt aber ganz schön dumm aus der Wäsche», setzt Hugo nach. «Offenbar hätte sie nie gedacht …»
    «Wenn ich mir also die Mühe mache, dir zu antworten», fährt Ginés unbeirrt fort, «dann nur, weil deine Frau verschwunden ist und wir alle Verständnis haben …»
    «Du bist nicht der Einzige, der leidet», wirft Nieves Hugo an den Kopf. «Schau dir Maribel an: Im Gegensatz zu dir bewahrt sie Haltung. Jeder hat sein Kreuz zu tragen, ich auch. Meine Kinder sind in Villallana. Verstehst du? Und …»
    Nieves kann nicht weitersprechen, die Stimme versagt ihr, ihre Augen werden feucht.
    «Du Arschloch! Was bist du nur für ein Arschloch, Ginés!», attackiert Hugo ihn schon wieder. «Immer versteckst du dich hinter den Weibern. Was ist mit dir, Maribel? Verteidigst du ihn etwa auch?»
    «Ich will nur eins: so schnell wie möglich von hier weg.»
    «Endlich sagt mal jemand was Vernünftiges», bestärkt sie Amparo.
    Die zwei Männer und vier Frauen gehen los. Als sie hinter der Kurve verschwunden sind, regt sich am anderen Ende des Platzes etwas. Der Bär ist zurückgekommen: Scheu schleicht er herbei, schnuppert, späht umher. Dann stellt er sich auf die Hinterpfoten und reckt den Hals, bewegt den Kopf hin und her, bläht seine feuchten dunklen Nasenhöhlen auf.

H ugo sitzt auf einem Plastikstuhl, wie man sie oft in Straßencafés findet. Er kommt eben aus dem Schwimmbecken, ist pitschnass, das Wasser tropft aus seinen Bermudashorts, sammelt sich auf der Sitzfläche und rinnt durch die Ritzen. Es ist heiß, die Sonne brennt vom wolkenlosen Himmel. Eine leichte, kaum spürbare Brise streichelt kühl über die Haut.
    Hugo wühlt in dem Kleiderstapel auf dem Stuhl, der neben ihm steht. Als er seine noch feuchte Hand herauszieht, hält er ein Feuerzeug und eine Zigarette in den Fingern. Unter ihm haben sich drei runde Pfützen gebildet, die zu einer größeren, formlosen Pfütze zusammenlaufen, trotz des Widerstands der von der Sonne stundenlang erhitzten Fliesen aus körnigem Beton.
    Ginés schwimmt mit ruhigen

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