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Enders Schatten

Enders Schatten

Titel: Enders Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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dabei erwischte, dass er seinen Login-Namen benutzt hatte. Bean war so hoffnungsvoll, als er schließlich Nikolais Akte fand.
    Die Einschätzung der Lehrer war negativ. »Ein Platzhalter.« Grausam – aber war es wahr?
    Bean erkannte: Ich habe mich bisher zu sehr auf die Einschätzungen der Lehrer verlassen. Habe ich denn Beweise dafür, dass sie recht haben? Oder glaube ich ihren Urteilen nur deshalb, weil sie mich so hoch einschätzen? Habe ich mich von ihnen in die Selbstgefälligkeit schmeicheln lassen?
    Was, wenn all ihre Einschätzungen hoffnungslos falsch waren?
    Auf den Straßen von Rotterdam hatte ich keine Lehrerakten. Ich kannte die Kinder tatsächlich. Poke – ich habe sie selbst eingeschätzt und lag damit fast richtig, nur hier und da gab es ein paar Überraschungen. Sergeant – überhaupt keine Überraschungen. Achilles – ja, ich kannte ihn.
    Warum habe ich mich also von den anderen Schülern ferngehalten? Weil sie mich als Erste isoliert haben, und weil ich zu dem Schluss gekommen bin, dass die Lehrer die Macht hatten. Aber jetzt sehe ich, dass ich nur zum Teil recht hatte. Die Lehrer haben hier und jetzt die Macht, aber eines Tages werde ich nicht mehr in der Kampfschule sein, und was zählt es dann, was die Lehrer von mir halten? Ich kann so viel über Militärtheorie und -geschichte lernen, wie ich will, und es wird mir nichts nützen, wenn sie mir nie ein Kommando geben, und ich werde nie eine Armee oder eine Flotte kommandieren können, wenn sie nicht Grund haben zu glauben, dass die anderen Männer mir folgen werden.
    Heute sind sie noch keine Männer, sondern Jungen und ein paar Mädchen. Sie sind noch keine Männer, aber sie werden welche sein. Wie wählen sie ihre Anführer? Wie bringe ich sie dazu, jemandem zu folgen, der so klein ist und so sehr abgelehnt wird wie ich?
    Wie hat Wiggin das geschafft?
    Bean fragte Nikolai, welche Kids aus ihrer Startgruppe mit Wiggin übten.
    Â»Nur ein paar. Und sie stehen irgendwie am Rand, verstehst du? Schleimer und Angeber.«
    Â»Aber wer sind sie?«
    Â»Willst du dich Wiggin anschließen?«
    Â»Ich will nur etwas über ihn herausfinden.«
    Â»Was denn?«
    Die Fragen beunruhigten Bean. Es behagte ihm nicht, so viel über seine Absichten zu sprechen. Aber er spürte keine Böswilligkeit bei Nikolai. Der Junge war einfach nur neugierig.
    Â»Vorgeschichte. Er ist der Beste, stimmt’s? Wie ist er das geworden?« Bean fragte sich, ob er natürlich genug klang. Seine Worte sollten einen beiläufigen Eindruck machen.
    Â»Wenn du es herausfindest, kannst du es mir ja erzählen.« Nikolai verdrehte selbstironisch die Augen.
    Â»Das werde ich«, versprach Bean.
    Â»Als ob ich eine Chance hätte, so zu werden wie Ender.« Nikolai lachte. » Du hast eine Chance, so schnell, wie du lernst.«
    Â»Enders Rotz ist auch kein Honig«, erklärte Bean.
    Â»Wie meinst du das?«
    Â»Er ist ein Mensch wie jeder andere. Aber wenn ich was herausfinde, sage ich’s dir, okay?«
    Bean fragte sich, ob Nikolai bereits an seinem Unvermögen verzweifelte, einer der Besten zu sein. Konnte es sein, dass die negative Einschätzung der Lehrer richtig war? Oder hatten sie ihm unbewusst ihre Verachtung gezeigt, und er glaubte ihnen?
    Von den Jungen, die Nikolai ihm genannt hatte – den Angebern und Schleimern, was keine völlig unzutreffende Einschätzung war – , erfuhr Bean, was er wissen wollte: die Namen von Wiggins besten Freunden.
    Shen. Alai. Petra – sie schon wieder! Aber mit Shen war er am längsten befreundet.
    Bean fand Shen während der Lernzeit in der Bibliothek. Der einzige Grund, dort hinzugehen, waren die Vids – die Bücher konnte man auch auf dem Pult einsehen. Aber Shen sah sich keine Vids an. Er hatte sein Pult dabei und spielte das Fantasy-Spiel.
    Bean setzte sich neben ihn und schaute zu. Ein Mann mit einem Löwenkopf, der ein Kettenhemd trug, stand vor einem Riesen, der ihm offenbar mehrere Getränke anbot. Die Lautsprecher am Pult waren so angebracht, dass Bean den Ton nicht hören könnte, aber Shen schien auf etwas zu reagieren; er tippte ein paar Worte ein. Sein Löwenmann trank eine der Substanzen und starb auf der Stelle.
    Shen murmelte etwas und schob das Pult weg.
    Â»Das ist das Getränk des Riesen?«, fragte Bean. »Hab schon davon gehört.«
    Â»Hast du es noch nie

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