Enders Spiel
Abschaum sein, aber Peter hatte recht gehabt: Die Macht, Schmerz zu verursachen, ist die einzige Macht, die zählt; die Macht, zu töten und zu vernichten. Wenn du nicht töten kannst, dann bist du immer das Opfer derjenigen, die es können, und nichts und niemand wird dich jemals retten.
Dink führte ihn in sein Zimmer, sorgte dafür, dass er sich aufs Bett legte. »Bist du verletzt?«, fragte er.
Ender schüttelte den Kopf.
»Du hast ihn auseinandergenommen. Ich dachte, du wärst erledigt, so wie er dich packte. Aber du hast ihn auseinandergenommen. Wenn er länger durchgehalten hätte, hättest du ihn umgebracht.«
»Er wollte mich umbringen.«
»Ich weiÃ. Ich kenne ihn. Niemand hasst so wie Bonzo. Aber jetzt nicht mehr. Wenn sie ihn dafür nicht eisen und nach Hause schicken, wird er dir nie wieder in die Augen sehen. Dir oder sonst wem. Er ist zwanzig Zentimeter gröÃer als du, und du hast ihn aussehen lassen wie eine verkrüppelte Kuh, die dasteht und wiederkäut.«
Alles jedoch, was Ender sehen konnte, war Bonzos Blick, als Ender ihm aufwärts in die Leiste getreten hatte. Den leeren, toten Blick in seinen Augen. Zu dem Zeitpunkt war er schon am Ende gewesen. Schon besinnungslos. Seine Augen waren offen, aber er dachte oder bewegte sich nicht mehr; da war nur noch dieser tote, blöde Ausdruck auf dem Gesicht, jener schreckliche Blick, genau wie Stilson geblickt hat, als ich ihn fertigmachte.
»Aber sie werden ihn eisen«, sagte Dink. »Jeder weiÃ, dass er angefangen hat. Ich habe gesehen, wie sie aufstanden und die Kommandantenmesse verlieÃen. Brauchte ein paar Sekunden, um zu merken, dass du auch nicht da warst, und dann noch mal eine Minute, um herauszufinden, wohin du gegangen warst. Ich hatte dir doch gesagt, du solltest nicht allein bleiben.«
»Tut mir leid.«
»Sie müssen ihn einfach auf Eis legen. Störenfried. Der und seine stinkende Ehre.«
Dann, zu Dinks Ãberraschung, begann Ender zu weinen. Auf dem Rücken liegend, immer noch klatschnass vor Schweià und Wasser, keuchte er seine Schluchzer heraus, während Tränen aus seinen geschlossenen Augenlidern sickerten und sich in dem Wasser auf seinem Gesicht verloren.
»Alles in Ordnung mit dir?«
»Ich wollte ihm nicht wehtun!«, heulte Ender. »Warum hat er mich bloà nicht in Ruhe gelassen!«
Er hörte, wie seine Tür leise auf-, dann wieder zuging. Er wusste sofort, dass es ein Kampfbefehl war. Er schlug die Augen auf, in der Erwartung, die frühmorgendliche Dunkelheit vor 0600 vorzufinden. Stattdessen waren die Lichter an. Er war nackt, und als er sich bewegte, war das Bett klatschnass. Seine Augen waren geschwollen und schmerzten vom Weinen. Er schaute auf die Uhr auf seinem Pult.1820 , sagte sie. Es ist derselbe Tag. Ich hatte schon eine Schlacht heute, ich hatte zwei Schlachten heute â die Bastarde wissen, was ich durchgemacht habe, und trotzdem tun sie mir das hier an.
WILLIAM BEE , GREIFENTRUPP , TALO MOMOE ,
TIGERTRUPP , 1900
Er setzte sich auf den Bettrand. Die Nachricht zitterte in seiner Hand. Das kann ich nicht, sagte er stumm. Und dann laut: »Das kann ich nicht.«
Er stand verschlafen auf und suchte nach seinem Blitzanzug. Dann erinnerte er sich â er hatte ihn in den Reiniger gesteckt. Er war immer noch dort.
Den Zettel in der Hand, marschierte er aus dem Zimmer. Das Abendessen war fast vorüber, und es waren ein paar Leute im Korridor, aber niemand sprach ihn an. Sie beobachteten ihn nur, vielleicht aus Scheu angesichts dessen, was am Mittag im Waschraum passiert war, vielleicht wegen des abweisenden, furchtbaren Ausdrucks auf seinem Gesicht. Die meisten seiner Jungen waren in der Unterkunft.
»Ho, Ender. Gibtâs heute Abend Training?«
Ender reichte Hot Soup den Zettel. »Diese Hurensöhne«, sagte der. »Zwei auf einmal?«
»Zwei Trupps!«, schrie Crazy Tom.
»Sie werden bloà übereinander stolpern«, sagte Bean.
»Ich muss duschen«, sagte Ender. »Macht sie einsatzbereit, holt alle zusammen, ich treffe euch dann am Tor.«
Er marschierte aus der Unterkunft. Ein Tumult erhob sich hinter ihm. Er hörte Crazy Tom kreischen: »Zwei furzfressende Trupps! Denen werden wir den Arsch versohlen!«
Der Waschraum war leer. Alles sauber gemacht. Nichts von dem Blut, das aus Bonzos Nase in das Duschwasser gelaufen war. Alles weg. Hier ist nie
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