Enders Spiel
Uniform verändert hatten. »Ja, er ist jetzt Oberst«, sagte Graff. »Tatsächlich ist Oberst Anderson seit heute Nachmittag neuer Befehlshaber der Kampfschule. Mir hat man andere Aufgaben übertragen.«
Ender fragte ihn nicht, welche das waren.
Graff schnallte sich in einem Sitz auf der gegenüberliegenden Seite des Mittelganges fest. Es gab nur noch einen anderen Passagier, einen ruhigen Mann in Zivilkleidung, der als General Pace vorgestellt wurde. Pace trug eine Aktentasche, aber Graff hatte nicht mehr Gepäck bei sich als Ender. Irgendwie empfand es Ender als beruhigend, dass auch Graff mit leeren Händen wegging.
Ender sprach nur ein einziges Mal auf der Heimreise. »Warum fliegen wir zur Erde?«, fragte er. »Ich dachte, die Kommandoschule sei irgendwo im Asteroidengürtel.«
»Ist sie auch«, sagte Graff. »Aber die Kampfschule hat keine Einrichtungen zum Andocken von Langstreckenschiffen. Daher bekommst du einen kurzen Landurlaub.«
Ender wollte fragen, ob das bedeutete, dass er seine Familie sehen könne. Aber bei dem Gedanken, dass es möglich sein könnte, hatte er plötzlich Angst, und darum fragte er nicht.
Schloss nur die Augen und versuchte zu schlafen. General Pace beobachtete ihn von hinten; aus welchem Grund, vermochte Ender nicht zu erraten.
Es war ein heiÃer Sommernachmittag in Florida, als sie landeten. Ender war so lange ohne Sonnenlicht gewesen, dass es ihn blendete. Er blinzelte und nieste und wollte wieder nach drinnen. Alles war weit weg und flach; der Boden, dem die Aufwärtskrümmung der FuÃböden in der Kampfschule fehlte, schien abzufallen, sodass Ender sich zu ebener Erde fühlte, als sei er auf einem Berggipfel. Die richtige Schwerkraft fühlte sich anders an, und er stieà sich die FüÃe, wenn er ging.
Er hasste dieses Gefühl. Er wollte zurück nach Hause, zurück zur Kampfschule, dem einzigen Ort im Universum, wo er hingehörte.
»Festgenommen?«
»Tja, das muss man natürlich vermuten. General Pace ist Chef der Militärpolizei. Und es hat einen Todesfall in der Kampfschule gegeben.«
»Mir hat man nicht mitgeteilt, ob Oberst Graff befördert oder vors Kriegsgericht gestellt würde. Bloà versetzt, mit Befehl, sich beim Polemarchen zu melden.«
»Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?«
»Wer wei� Einerseits hat Ender Wiggin nicht nur überlebt, er hat eine Schwelle überschritten, er hat in blendend guter Verfassung abgeschlossen, das muss man dem alten Graff zugutehalten. Andererseits ist da noch der vierte Passagier in der Fähre. Der, der in einem Sack reist.«
»Erst der zweite Todesfall in der Geschichte der Schule. Wenigstens war es diesmal kein Selbstmord.«
»Wieso ist ein Mord besser, Major Imbu?«
»Es war kein Mord, Herr Oberst. Wir haben es aus zwei Richtungen auf Video. Niemand kann Ender einen Vorwurf machen.«
»Aber vielleicht machen sie Graff einen. Wenn das alles hier vorüber ist, können die Zivilisten in unseren Aufzeichnungen herumstöbern und entscheiden, was richtig war und was nicht. Mögen sie uns Orden verleihen, wenn sie denken, dass wir recht hatten, und unsere Pension streichen und uns ins Gefängnis stecken, wenn sie zu dem Schluss kommen, dass wir uns irrten. Wenigstens hatten sie so viel gesunden Menschenverstand, Ender zu verschweigen, dass der Junge gestorben ist.«
»Es ist übrigens das zweite Mal.«
»Das mit Stilson haben sie ihm auch nicht gesagt.«
»Der Kleine kann einem Angst machen.«
»Ender Wiggin ist kein Killer. Er gewinnt bloà⦠nachhaltig. Wenn jemand Angst bekommen muss, dann die Krabbler.«
»Man hat beinahe Mitleid mit ihnen, wenn man weiÃ, dass Ender kommt und sie holen wird.«
»Der Einzige, mit dem ich Mitleid habe, ist Ender. Aber nicht genug, um vorzuschlagen, sie sollten mit ihm kürzertreten. Ich habe gerade Zugang zu dem Material erhalten, das Graff die ganze Zeit über zuging. Ãber Flottenbewegungen, diese Art von Dingen. Bisher konnte ich nachts ruhig schlafen.«
»Die Zeit wird knapp?«
»Ich hätte es nicht erwähnen sollen. Ich kann Ihnen keine gesicherten Informationen geben.«
»Ich weiÃ.«
»Lassen Sie es dabei bewenden: Man bringt ihn keinen Tag zu früh in die Kommandoschule. Vielleicht sogar ein paar Jahre zu spät.«
13
Valentine
»Kinder?«
»Bruder
Weitere Kostenlose Bücher