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Enders

Enders

Titel: Enders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lissa Price
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könnte ich … hundert … Jahre … schlafen …

kapitel 5 Ich hatte einen Traum. Ich wusste, dass es ein Traum war, weil ich ihn öfter hatte. Nur das Ende war anders als sonst. Ich saß an einem Fenstertisch in einem Café, ganz hinten im Raum, damit ich die Tür im Blickfeld hatte. Ich kannte diesen Trick aus einem der alten Western, die ich oft mit meinem Vater guckte.
    Ich starrte die Tür an und wartete, aber sie öffnete sich nie.
    Plötzlich befand ich mich in unserem Haus, zu einer Zeit, als Tyler noch nicht geboren war. Dad und ich saßen mit einer Decke über den Knien eng aneinandergeschmiegt auf der Couch. Aus der Küche kam der Duft von frischem Butter-Popcorn. Wir hatten auf dem Airscreen einen Western aus grauer Vorzeit laufen.
    Ich hörte Dads warmes Lachen dicht an meinem Ohr. Er machte sich darüber lustig, wie ungeschickt die Pistolenhelden ihre Waffen hielten.
    »So ist das völlig falsch«, sagte er.
    Plötzlich hielt er eine Pistole in der Hand. Er legte meine Hände um die Waffe und richtete den Lauf auf den Airscreen.
    »So musst du sie halten, siehst du?«
    Ich umklammerte mit winzigen Fingern die große, schwere Pistole und drückte ab.
    Der Schauspieler kippte nach hinten.
    »Ich habe ihn erschossen, Daddy«, rief ich entsetzt. »Ich habe ihn erschossen.«
    Mein Vater lachte.
    Ein Schaukeln weckte mich. Ich schlug die Augen auf und sah, dass ich immer noch im SUV saß.
    »Gut geschlafen?« Hyden saß am Steuer und hielt den Blick auf die Straße gerichtet.
    »Ich bin eingeschlafen.«
    »All die Aufregung war wohl zu viel für dich.«
    Die Gegend war mir unbekannt. Ein Industriegebiet. Stumme Lagerhallen, umgeben von weiten leeren Asphaltflächen. Wir steuerten auf eine davon zu.
    »Wo sind wir?«, fragte ich, immer noch benommen.
    »Auf dem Weg zu meinem Labor.«
    Ich fühlte mich so müde. Worüber hatten wir gesprochen, bevor ich weggedämmert war?
    Hyden lenkte den SUV hinter ein kastenförmiges, fensterloses Gebäude und hielt dicht vor einer Metallwand. Ein roter Laser tastete sein Nummernschild ab. Die Wand hob sich, und dahinter kam eine sehr ordentliche Garage zum Vorschein. Ich sah weder Fahrräder noch Kinderspielzeug, nur ein paar seltsame Geräte und Metallcontainer. Er fuhr hinein, und die Wand senkte sich hinter uns.
    Hyden stellte den Motor ab, und ich streckte die Hand zum Türgriff aus.
    »Warte«, sagte er. »Beweg dich nicht.«
    »Warum?«
    »Lass mich erst alles checken.«
    »Aber das hier ist dein Labor, dein Zuhause, oder?«
    »Mein sicheres Zuhause.«
    Hyden stieg aus und checkte sämtliche Winkel der Garage. Er fuhr mit einem Handgerät über die Wände und hinter jeden Container, offenbar auf der Suche nach elektronischen Wanzen. An der Wand entdeckte ich ein Wärmesensor-Display, das Hydens Körper als wandernden roten Punkt abbildete. Obwohl nichts auf die Anwesenheit einer weiteren Person hindeutete, ging er weiter mit äußerster Gründlichkeit zu Werk.
    Dann nahm er den Hörer einer altmodischen Gegensprechanlage aus der Wandhalterung und drückte auf einen Knopf. Nach einem kurzen Dialog kam er zurück zum Wagen.
    »Okay«, sagte er. »Du kannst jetzt aussteigen.«
    Er ließ mich nicht aus den Augen, als ich aus dem SUV kletterte. Dann führte er mich zu einer massiven Metalltür und gab eine Zahlenkombination in ein Tastenfeld an der Wand ein. Die Tür glitt mit einem schweren Knirschen auf wie das Portal zu einer Schatzhöhle.
    Wir betraten einen Aufzug und fuhren in die Tiefe. Die Luft wurde merklich kühler. Ich war nicht besonders klaustrophobisch veranlagt, doch der Gedanke, immer weiter ins Erdinnere vorzudringen, bereitete mir Unbehagen. Das alles erschien mir falsch. Unnatürlich. Ich kannte diesen Jungen nicht einmal, und nun fuhr ich mit ihm in den Untergrund.
    Hyden deutete meine Miene wohl richtig, denn er gab mir mit einem kleinen Lächeln zu verstehen, dass er mir nichts tun würde und ich in Sicherheit sei.
    Der Aufzug glitt auf, und wir standen in einem Korridor. Hyden öffnete eine Metalltür, die in ein geräumiges, abgedunkeltes Techniklabor führte. Kleine Lichtquellen an mehreren Stellen erinnerten an die Ausstellungsräume eines Museums. In den Ecken flimmerten Airscreens, und seltsame Gebilde hingen und standen überall herum – gewundene Metallrohre und glitzernde Kunststoffschläuche, durch die farbige Flecken wanderten. Aus der Nähe betrachtet, waren die Flecken winzige geometrische Formen mit beweglichen Teilen. Ein

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