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Enders

Enders

Titel: Enders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lissa Price
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sei es nun mal nicht möglich gewesen. Dann deutete er auf seine Uhr, um mich daran zu erinnern, dass ich zum Ende kommen sollte.
    »Ich kann nicht lange reden. Du machst inzwischen brav, was Michael sagt, ja?«
    »Okay, Callie«, versprach Tyler. »Und du kommst bald zu uns, oder?«
    Michael warf mir einen ernsten Blick zu. »Sei vorsichtig!«
    »Du auch!«
    Ihre Gesichter lösten sich in Pixels auf. Dann war der Schirm leer.
    »Tut mir leid, dass ihr nicht länger reden konntet«, sagte Hyden und deutete mit dem Kinn in Richtung Airscreen. »Aber das Risiko, dass sie das Gespräch abfangen, ist sehr groß.«
    Ich stand auf und ging auf ihn zu. Er wich einen Schritt zurück.
    »Du hast sie betäubt?«, fragte ich.
    »Natürlich nicht. Ernie gab ihnen wahrscheinlich ein leichtes Beruhigungsmittel, um zu vermeiden, dass sie in Panik gerieten. Vergiss nicht, er musste sie ganz schnell aus dem Haus schaffen.«
    »Hast du mich auf die gleiche Weise ausgeschaltet? Ich bin noch nie im Leben auf einer Autofahrt eingeschlafen.«
    »Heute war ein harter Tag«, entgegnete er. »Es galt, euch alle in Sicherheit zu bringen. Das haben wir geschafft. Tyler ist dort oben gut geschützt. Und du bist hier bei uns ebenfalls sicher.«
    »Versuch nie wieder, mich auf diese Weise auszutricksen«, erklärte ich gefasst. »In Zukunft sagst du mir vorher Bescheid, bevor hier irgendjemand eine Spritze für die Narkose aufzieht.«
    »Okay.« Er nickte. »Verstanden. Soll nicht wieder vorkommen.«
    Ich starrte den leeren Schirm an und versuchte das warme Gefühl heraufzubeschwören, das beim Anblick von Tylers Lächeln in mir aufgestiegen war. Ich hatte die Chips schon vorher gehasst, aus unzähligen Gründen, aber nun war alles noch schlimmer. Nun waren sie dafür verantwortlich, dass sie mich von meinem Bruder fernhielten.
    »Warum kannst du mich nicht zu ihnen bringen?«, fragte ich.
    »Sie sind sicherer, wenn du nicht bei ihnen bist«, erklärte Hyden. »Er hat es auf dich abgesehen.«
    »Wie oft muss ich Tyler noch vertrösten?« Ich starrte den Airscreen an, aber er schaltete sich nicht wieder ein.
    Hyden schwieg einen Moment. »Es ist spät. Du musst müde sein.«
    Ich fuhr mir über die Augen. »Vielleicht hast du recht. Wo kann ich schlafen?«
    Er zeigte mir den Wohntrakt, dessen Räume erstaunlich bescheiden eingerichtet waren. Ein Bett, ein winziger Schreibtisch und ein kleines Bad. Das war alles.
    »Nicht gerade ein Luxusquartier«, entschuldigte sich Hyden. »Wie du siehst, habe ich mein ganzes Geld in die Technik gesteckt. Und ich versuche mobil zu bleiben. Aus Sicherheitsgründen.«
    »Das ist sicher nicht einfach.«
    »Du kennst das ja selbst – von einem Ort zum anderen fliehen.«
    Bilder aus meiner Vergangenheit kamen mir in den Sinn – Schlafsäcke auf kalten Böden, Barrikaden aus umgedrehten Schreibtischen, die Angst, von den Marshals erwischt zu werden.
    »Was denkst du – wie viele Metallos gibt es insgesamt?«
    »Mein Vater hat schätzungsweise an die fünfzig. Das bedeutet, weitere fünfzig müssten irgendwo da draußen sein.«
    »Schon mal von einer Chip-Trägerin namens Emma gehört?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Nein. Suchst du sie? Oder weichst du ihr aus?«
    »Sie ist Helenas Enkelin. Ich habe Helena versprochen, sie aufzuspüren.«
    »Verstehe.« Er vergrub beide Hände in den Hosentaschen. »Aber du musst dir klarmachen, dass nicht alle Metallos Wert darauf legen, gefunden zu werden.«
    In dieser Nacht träumte ich, dass ich nachts allein auf einer Wiese stand, umgeben von hohem Gras, das mir an die Hüften reichte. Ein einzelner Baum stand vor mir. Ein roter Baum.
    Der Old Man trat hinter dem Baum hervor. Die blau leuchtenden Pixels, die über seine Maske tanzten, gaben ein schwaches Summen von sich.
    »Callie, wo warst du?«, fragte er mit seiner knisternden Stimme. »Du hast mir gefehlt.«
    »Ich dachte, Sie seien endlich verschwunden.«
    »Ich bin immer bei dir, Callie. Das weißt du. Ich werde dich nie verlassen.«
    Er kam auf mich zu. Ich wich zurück. Hyden erhob sich aus dem hohen Gras unter dem Baum. Ich dachte, er würde mir helfen, doch er trat neben seinen Vater und näherte sich mir ebenfalls.
    »Wir werden dich nie verlassen«, sagte Hyden.
    Immer dichter an mich heran, bis ich nur noch die blauen Pixels sah.

kapitel 6 Beim Aufwachen brauchte ich eine Weile, bis ich mich erinnerte, dass ich bei Hyden war. Mein Kopf schmerzte. Vielleicht von dem Zeug, mit dem Hyden mich ruhig

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