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Enders

Enders

Titel: Enders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lissa Price
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sich lockerten. Dawson hatte mir die Kontrolle über meinen Körper zurückgegeben. Es musste ihn extreme Konzentration gekostet haben, die Verbindung zu mir aufrechtzuerhalten. Nun musste er wohl neue Kraft tanken.
    »Das ist widerwärtig«, sagte ich. »Sie sind ein grässlicher Mensch. Total krank.«
    Manchmal müssen wir Dinge tun, die nicht schön sind. Für das Allgemeinwohl.
    Die Zielscheibe entfernte sich mit einem traurigen elektronischen Surren, und ein neues Bild rastete in der ursprünglichen Position ein.
    Versuchen wir es damit.
    Es war das Holo eines Starters. Aus der Ferne betrachtet, war er wohl etwa so alt wie ich und lebte auf der Straße. Das verrieten die zerlumpten Klamotten, die Wasserflasche und die Handleuchte. Er wirkte verdreckt und verwahrlost. Aber irgendetwas an dem Bild beunruhigte mich …
    Michael.
    Ich spürte, wie sich mein Magen verkrampfte. Ich wollte das Gewehr senken, aber das ging nicht.
    »Nein …«
    Meine Hände brachten die Waffe in Position. Mein Auge visierte das Ziel an.
    »Hört endlich auf damit!«, schrie ich.
    Meine Gedanken rasten. Konnte ich irgendetwas gegen diesen Fremdeinfluss unternehmen? Wenn Entspannung ihn verstärkte, würde ihn dann Panik blockieren?
    »Ihr könnt mich nicht zwingen, so etwas zu tun!«
    Aber schmerzhaft langsam, wie in Zeitlupe, bewegte mein Finger den Abzug. Nichts vermochte ihn zu stoppen. Alles geschah gegen meinen Willen.
    Mit einem lauten Knall ging das Gewehr los.
    Die Enders im Kontrollraum drückten auf ihre Knöpfe. Die Zielscheibe rollte heran, damit ich die Ergebnisse aus nächster Nähe begutachten konnte.
    Ein roter Kreis umgab das Loch in der Stirn von Michaels Holo-Abbild.
    Hätte er in Fleisch und Blut in meiner Schussbahn gestanden, wäre er jetzt tot.
    Mein Magen hatte sich in einen harten Klumpen verwandelt. Ich spürte, wie meine Arme leichter wurden. Die Fremdkontrolle war vorbei.
    Ich packte das Gewehr und sprintete über den Sicherheitssteg zur Tür. Die Stimme der Ender schrillte durch den Lautsprecher.
    »Callie Woodland, bleiben Sie stehen und kehren Sie zum Schießstand zurück. Ich wiederhole, bleiben Sie stehen!«
    Callie.
    Ich verdrängte Dawsons Stimme aus meinen Gedanken und klammerte mich stattdessen an meinen Zorn. Er schien mich zu beflügeln. Ich stürmte durch die Tür. Der Ender auf der anderen Seite wollte mich aufhalten. Ich zielte auf sein Bein und wollte abdrücken.
    Der Hebel bewegte sich nicht.
    Glaubst du, wir hätten unsere Waffen nicht unter Kontrolle? Sie funktionieren nur in der Schießanlage, kleines Starter-Mädchen.
    »Nennen Sie mich nicht so!«
    Ich hob das Gewehr und rammte es dem Ender in den Bauch. Er krümmte sich und fiel nach vorn. Allerdings hatte ich bei diesem Angriff seinen Kollegen übersehen, der von hinten kam und mir einen harten Gegenstand gegen die Wirbelsäule drückte. Meine Nervenstränge verwandelten sich in Pudding, und meine Knie wurden weich. Dann umfing mich Schwärze.
    Ich sah Sterne, nur dass sie diesmal keine an die Decke projizierte Illusion waren.

kapitel 17 Ich erwachte wieder in meiner Gummizelle, mit Kopfschmerzen und dem Gefühl, als sei mein Mund mit Watte vollgestopft. Die Tür ging auf, eine Ender-Wächterin streckte kurz den Kopf herein und ließ dann jemanden eintreten. Emma. Sie schloss die Tür hinter sich.
    Ich sah sie feindselig an. »Diesmal ohne Smoothie?«
    Sie setzte sich neben mich auf den Boden. »Ich hörte, dass sie dich hier eingesperrt haben.«
    »Ach, hörtest du das? Sonst noch etwas?«
    »Dass du eine wahnsinnig treffsichere Schützin bist. Und dass du einen Wachtposten angegriffen hast.«
    »Ich wollte nicht auf meinen besten Freund schießen.«
    »Das ist doch nur ein Holo. Vielleicht wollten sie herausfinden, ob du Anweisungen befolgen kannst.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie wussten genau, dass ich mich weigern würde. Deshalb arrangierten sie diese Situation.«
    Sie zog die Knie an und stützte die Arme auf. Wieder fiel mir ihr Fußkettchen mit dem großen Namenszug ins Auge.
    »Dann liebst du also diesen Michael?«
    »Nein. Aber er ist mein bester Freund.« Warum wollte sie das überhaupt wissen? Horchte sie mich aus, oder interessierte sie sich wirklich für mich? »Wie geht es ihm?«
    »Gut. Er hat alle Tests mitgemacht.« Was offenbar von vernünftigen Starters erwartet wurde.
    »Und Hyden?« Sie spielte mit einer Haarsträhne. »Was ist mit ihm?«
    »Gute Frage. Was ist mit ihm?«
    »Alles so weit in Ordnung. Ich meine

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