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Enders

Enders

Titel: Enders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lissa Price
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mir.
    »Was tun Sie mit mir?«
    Bleib ganz entspannt. Nicht sprechen.
    Meine rechte Hand begann zu vibrieren, ruckte unkontrollierbar vor und zurück. Dann hob sie sich ein paar Zentimeter über den Tisch und bewegte sich auf den roten Kreis zu. Zitternd schwebte sie über der Holzform, während ich nur hilflos zuschauen konnte.
    Ich spürte, wie sich die Härchen an meinen Armen aufrichteten.
    Entspann dich. Lass los. Seine Stimme klang, als wollte er mich in Trance versetzen.
    Dann fiel meine Hand auf den Holzklotz wie der Greifarm eines uralten primitiven Spielautomaten. Meine Finger umklammerten ihn ungeschickt. Langsam hob sich meine Hand. Und dann erschlaffte sie, und der rote Kreis polterte auf den Tisch.
    »Was war das?«, fragte ich.
    Ich kontrolliere dich.
    Ich nahm meine ganze Willenskraft zusammen, um ihn aus meinem Kopf zu verdrängen. Ich wusste nicht, wie ich das bewirken konnte, nur, dass ich es wollte, dass ich es erreichen wollte. Ich konzentrierte mich auf die Vorstellung, dass er verschwand, fortgeblasen von einem unsichtbaren Tornado, bis mein Denken befreit und klar war, bis mir mein Verstand wieder ganz allein gehörte.
    Ich weiß nicht, ob er von sich aus ging oder ob ich es tatsächlich geschafft hatte, ihn zu vertreiben, aber plötzlich herrschte Stille.
    Ich saß fünfzehn oder zwanzig Minuten in vollkommener Stille da, bis ein Ender-Wachtposten kam und mich in eine große Halle brachte. Eine Schießanlage.
    »Begeben Sie sich an den letzten Stand«, befahl eine weibliche Stimme per Lautsprecher.
    Ich sah mich um und entdeckte in der oberen Etage gleich neben dem Kontrollraum eine Ender in einem verglasten Beobachtungskäfig. Sie war groß und elegant und hatte das weiße Haar zu einer Hochfrisur aufgesteckt.
    Ein Gewehr erwartete mich am letzten Stand. Ich nahm es auf. Angenommen, ich gab einen Schuss auf die Glaswand ab, um herauszufinden, ob sie kugelsicher war? Unsinn. Natürlich war sie kugelsicher.
    Das Gewehr war schwer für ein Mädchen von meiner Statur. Ich hörte, wie eine Zielscheibe leise surrend an ihren Platz fuhr und einrastete. Es war keine gewöhnliche Zielscheibe. Sie bestand aus einem Holo, das einen Ender in Terroristen-Kluft zeigte. Eine Maske bedeckte sein Gesicht, und er hielt seine Pistole auf mich gerichtet.
    »Auf drei«, sagte die Ender über das Mikro. »Eins.«
    Ich legte das Gewehr an die Wange und zielte auf das Herz.
    »Zwei.«
    Ich atmete ein.
    »Drei.«
    Ich gab einen einzigen Schuss ab. Der Rückstoß war heftig, doch ich hielt ihm stand.
    »Gewehr absetzen«, tönte es aus dem Lautsprecher.
    Die Zielscheibe wurde herangefahren, damit ich das Schussbild prüfen konnte. Das Holo hatte im Moment des Abdrückens angehalten und den Treffer aufgezeichnet. Das Loch saß mitten im Herz. Ich drehte mich um und spähte zum Glaskasten hinauf. Die Miene der Ender war ausdruckslos.
    Sie ließ mich den Test mehrmals wiederholen. Jedes Mal markierte ein roter Kreis die Stelle, die ich treffen sollte. Jedes Mal traf ich. Es war nichts von dem verloren gegangen, was mir mein Vater beigebracht hatte.
    Dann wechselte das Holo. Anstelle des Terroristen zeigte die Zielscheibe eine Ender mit Kleid und Handtasche.
    »Schießen Sie!«, befahl die Frau im Glaskasten.
    »Auf eine harmlose Zivilistin?«
    »Schießen Sie!«
    »Nein.«
    Sie wandte sich ab, sodass ich ihr Gesicht nicht mehr sehen konnte. Ich glaubte zu erkennen, dass sie sich mit einem anderen Ender im Kontrollraum beriet.
    Meine Kopfhaut begann zu kribbeln. Jemand drang in mich ein.
    Callie?
    Dawson schon wieder. Oh, wie ich es hasste, ihn in meinen Gedanken zu spüren!
    Keine Angst, kleines Starter-Mädchen! Du musst gar nichts tun. Entspann dich einfach.
    Oh. Er versuchte mich erneut zu steuern. Ich wehrte mich mit aller Kraft dagegen. Ich packte das Gewehr.
    Aber meine Arme hoben sich langsam. Das war grauenhaft. Sie hoben sich in Schussposition. Ich kämpfte, versuchte sie mit aller Macht nach unten zu drücken.
    Er hatte mich unter Kontrolle.
    Mein Kopf senkte sich, bis die Wange am Gewehrschaft auflag und mein Auge das Ziel anvisierte. Der Lauf richtete sich auf ihr Herz.
    Schweiß perlte von meiner Stirn. Ich machte meine Arme stocksteif. Aber mein Finger krümmte sich langsam und drückte ab.
    Peng.
    Ich hob den Kopf. Die Ender im Glaskasten sprach mit jemandem im Kontrollraum.
    Die Zielscheibe rollte näher heran. Die Ender-Lady war mitten ins Herz getroffen.
    Ausgezeichnet.
    Ich spürte, wie meine Finger

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