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Endithors Tochter

Titel: Endithors Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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darauf war auch eine sehr junge Frau durch dieses Tor gegangen, und nach einer längeren Weile waren beide miteinander zurückgekehrt. Chost war ihnen gefolgt, und als die beiden unter einer Straßenfackel vorbeigekommen waren, hatte er Sendes gut erkennen können. Das Mädchen war zu Lord Endithors Haus zurückgekehrt, und Sendes zum Einhorn.
    Das erste Licht des jungen Morgens fiel bereits durch das Fenster, als der Junge es sich auf dem Boden neben Sonjas Bett bequem machte, die Hände hinter dem Hals verschränkte und zufrieden dem Brummen seines vollen Bauches lauschte.
    Sonja saß nach all der Aufregung der Nacht völlig wach auf dem Bett und studierte den Talisman an seiner Kette. »Du bist sicher, dass es Sendes war?«
    »Ja, Sonja, ganz sicher.« Chost richtete sich auf. »Was ist denn das?«
    »Ein Talisman.«
    »Darf ich ihn anschauen?«
    Sie warf ihn ihm zu, und Chost betrachtete ihn eingehend.
    »Hast du schon jemals so einen gesehen?«
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Nein, nein – aber er fühlt sich irgendwie komisch an, findest du nicht?«
    »Ja, er ist wohl mit Zauber behaftet.«
    Aufjapsend warf Chost ihn ihr zurück und verzog das Gesicht. »Zauberbehaftet! Puh! Ich will nichts mit ihm zu tun haben!«
    »Er kann dir nichts anhaben.«
    »Ischtar!« fluchte er. »Wo habt Ihr ihn her?«
    »Eine Einbrecherin schlich sich heute Nacht in die Stube über meiner – während du Sendes verfolgtest.«
    »Eine Einbrecherin?«
    »Ja, eine Frau. Es war Areel, Lord Endithors Tochter. Ich ertappte sie und jagte sie in die Flucht. Das hier hat sie fallenlassen.«
    »Ischtar!«
    Sonja wirbelte den Talisman an seiner Kette. »Ich fange zu glauben an, dass er der Schlüssel ist, Chost. Wenn ich mich nicht täusche, handelt es sich bei ihm um Sudikars Orm. An der Vilayetküste erzählt man Sagen über einen König namens Sudikar, der einen Talisman von diesem Aussehen benutzte, um seine Feinde vor Schrecken zu lähmen.« Sonja bemerkte, dass der Junge kaum noch die Augen offen zu halten vermochte. »In dieser Stadt war in letzter Zeit so allerhand los, das meines Erachtens nicht mit rechten Dingen zuging. Du bist wohl sehr müde, Chost?«
    Er nickte. »Ich war die ganze Nacht auf den Beinen und jetzt der volle Bauch …«
    Sonja stand vom Bett auf und schüttelte die Kissen zurecht. »Komm, schlüpf unter die Decken und schlaf dich richtig aus.«
    »Und was ist mit Euch?«
    Sie steckte den Talisman zurück in den Gürtelbeutel. »Ich werde nach Sendes sehen.«
    »Soll ich mitkommen?«
    »Ich möchte, dass du dich ausruhst, Chost. Ich glaube nämlich, dass sich bald so allerhand tun wird, dann möchte ich mit dir rechnen können – und mit deinen Freunden.«
    »Na gut …«
    »Falls du aufwachst, ehe ich zurück bin …« Sie kramte eine Goldmünze aus ihrem Beutel.
    Chost schüttelte den Kopf. »Nein, behaltet sie, Sonja.«
    »Es war so abgemacht. Wer Sendes. fände, sollte die Goldmünze bekommen!«
    »Schon, aber behaltet sie einstweilen. Wenn ich sie später brauchen sollte, bitte ich Euch darum. Ihr habt mir bereits so viel zu essen und zu trinken gegeben – und Eure Freundschaft. Das ist mehr als eine Goldmünze wert.« Er lächelte ungewohnt scheu.
    Sonja erwiderte sein Lächeln herzlich. »Na gut. Sag mir, wenn du sie brauchst …« Sie gab die Münze in den Beutel zurück und riet Chost erneut, sich richtig auszuschlafen.

 
7
     
    Nalor saß am Tisch – allein jetzt. Graues Morgenlicht machte die Fugen und Muster des Mosaikbodens seines Herrenzimmers sichtbar. Immer noch schien die Luft von der heftigen Auseinandersetzung zu knistern, die er mit Kus gehabt hatte.
    »Ihr konntet sie nicht finden? Hexer! Vampir! Was ist mit Euren Zauberkräften? Sie muss vernichtet werden, ehe sie …«
    »Narr! Schweigt, Nalor, ehe mein Zorn auf Euch fällt! Wir haben noch die Nacht morgen und übermorgen. Kümmert Euch lieber um Eure eigenen Sachen und seht zu, dass da nichts mehr schief geht, statt daran zu denken, Eure Nase in meine Angelegenheiten zu stecken. Ihr habt die Zügel nicht mehr fest in der Hand, Nalor. Schmäht mich nicht, oder ich werde Euer Blut trinken und Eure Seele in die Verdammnis schicken!«
    Wenn er so recht überlegte, musste Nalor zugeben, dass Kus recht hatte. Die Zügel entglitten ihm. Er verlor an Macht. Er hätte es schon früher spüren, hätte bedenken müssen, dass es dazu kommen könnte, als Kus vor einigen Monaten mit seinem Angebot an ihn herangetreten war; als er hatte durchblicken

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