Endlich Endzeit - ein Baden-Württemberg-Krimi
Und ich schreibe über den Mordfall hier und über die Hintergründe.«
»Jetzt nicht mehr, du Pappnase.«
Sam riss ihm die Kamera aus der Hand und machte Anstalten, sie mit voller Wucht gegen den nächsten Baum zu schleudern.
»Nicht«, stoppte ihn Susanne. »Der verklagt dich!«
»Soll er doch.«
»Du musst ihm die Kamera ersetzen, glaub mir. Er darf sich hier aufhalten, und er darf fotografieren, soviel er mag – solange er keine Persönlichkeitsrechte verletzt und die Arbeit der Polizei nicht behindert.«
Sam sah sie staunend an.
»Woher weißt du das denn so genau?«
»Erzähl ich dir ein andermal.«
»Okay … So, und nun zu dir, du Schmierfink: Hier hast du deine blöde Kamera wieder, und jetzt machst du, dass du fortkommst, aber zackig! Die Frau hier war gerade hinten im Wald austreten, und wenn du nicht gleich verschwunden bist, könnte ich dich durchaus für einen Spanner halten. Wir verstehen uns?«
»Ja, schon recht«, brummte Hasselmann, schnappte sich die Kamera und hielt sie reflexartig hoch, um Sam und Susanne zu fotografieren.
Sams linken Haken sah Hasselmann nicht einmal kommen, aber er rieb sich noch den Unterkiefer, als der Mann und die Frau schon lange wieder ins Zeltlager zurückgekehrt waren. Dann klaubte er die Kamera vom Boden auf und trollte sich.
Sonntag, 16. Dezember 2012
Schneider und die Kollegen hatten einen freien Tag eingeschoben. Aus Meier, Weißknecht und Häbele hatten sie nichts herausbekommen – vielleicht half es ja, die drei mal ein, zwei Tage schmoren zu lassen. Zur Sicherheit wurden Weißknecht und Häbele rund um die Uhr beobachtet. Den übrigen Soko-Mitgliedern tat ein Tag Pause gut, nachdem sie seit dem siebten Dezember ununterbrochen Spuren verfolgt, Indizien bewertet und Hintergründe recherchiert hatten.
Der kleine Rainald stapelte Bauklötze zu wackligen Türmen und klatschte sie mit der flachen Hand um. Schneider, ganz der stolze Vater, kroch auf dem Boden herum, um die Klötzchen wieder einzusammeln und sie vor seinem Sohn aufzuhäufen. Dann ging das Ganze von vorne los, und das glückliche Juchzen und Glucksen des kleinen Jungen füllte das ganze Haus.
Als Sybille alles vorbereitet hatte und ins Wohnzimmer kam, um ihre beiden Jungs zu Tisch zu bitten, war sie sofort gefangen von dem idyllischen Bild von Vater und Sohn Schneider. Ein paar Minuten blieb sie stehen, sagte nichts und genoss den Anblick. Doch selbst in dieser Situation war Schneider anzusehen, wohin seine Gedanken ständig abschweiften.
»Blöde Arbeit«, dachte Sybille, dann flötete sie: »Alle Schneiders zu Tisch, bitte!«
Seit dem Zwischenfall mit dem aufdringlichen Reporter schien Susanne seine Gegenwart noch mehr zu genießen als vorher schon. Sam beobachtete sie aufmerksam und achtete darauf, dass er sehr oft in ihrer Nähe war.
Der eine Grund dafür war: Die junge Frau gefiel ihm ausnehmend gut, ihre Figur, ihr Gesicht, ihre Bewegungen, ihre Schlagfertigkeit – hätte ihn Wera nicht eben erst recht rüde abserviert und ihm damit erst einmal die Lust auf eine feste Beziehung genommen – mit Susanne könnte er sich so etwas durchaus vorstellen. Und das, obwohl er sie erst seit ein paar Tagen kannte.
Der zweite Grund war: Er fragte sich, ob er sie überhaupt kannte. Einmal am Tag verschwand er unter irgendeinem Vorwand aus dem Lager und fuhr mit seinem Motorrad zum Wohnmobil, mailte seiner Auftraggeberin neue Infos oder Fotos – und recherchierte ein wenig im Internet. Fast alle Teilnehmer des Treffens waren erfolgreiche Geschäftsleute, über die sich online schnell und reichlich Informationen finden ließen. Auch Susanne Beyer hatte im Internet Spuren hinterlassen: eine achtundvierzigjährige Witwe aus Hanau, die mit »seiner« Susanne nicht den Hauch einer Ähnlichkeit hatte.
Wer also war Susanne wirklich? Und warum nahm sie, wenn sie mit Toilettenpapier im Wald verschwand, immer das Handy mit? Warum sah sie sich, wenn sie einen geschützten Platz fand, immer noch nach allen Seiten um und hockte sich erst dann hin? Welche Kurzwahlnummer rief sie an, zu wem raunte sie mit gesenkter Stimme in den Apparat? Heute wollte er es genauer wissen. Er hatte zuletzt ein paar Mal mit ihr geflirtet, und sie hatte sich nicht abgeneigt gezeigt – mal sehen, was auf diese Art noch zu erreichen war. Und wie er auf das, was er dadurch erfahren würde, reagieren musste.
Montag, 17. Dezember 2012
Schneider blätterte lustlos in den Unterlagen. Die Soko wollte besprechen, wie man in die
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