Endlich Endzeit - ein Baden-Württemberg-Krimi
Schultern.
»Falls er nachts nicht mit Frau Häbele nach Hause gegangen ist und – weil sie zu Fuß unterwegs waren – auch kein Fahrzeug hatte, um nach Gschwend zu seinem Haus zu kommen … muss er in dieser Nacht ja irgendwo untergeschlüpft sein.«
Alle sahen zu Ernst hin, der seit jeher in Ebni lebte und die Gegend kannte wie seine Westentasche.
»Hm …«, machte er und dachte laut. »Vielleicht das Gasthaus am See, irgendein Gebäude auf dem Areal des Hotels oberhalb vom See, der Kiosk beim gebührenpflichtigen Parkplatz …«
Er machte eine kurze Pause und stellte sich die weitere Umgebung des Sees vor.
»Das Bauernhaus von Kai Hummel und Lena Lohrmann. Weiter hinten gibt es noch einen Hof auf einer Anhöhe. Im Wald stehen ein paar Jägerstände – da weiß ich aber nicht genau wo, da kann uns das Forstamt weiterhelfen. Und oben an der Straße vom Kreisel in Richtung Murrhardt ist gegenüber des Kleinkastells eine Hütte, da könnte man auch unterkriechen, wenn man die Tür aufbricht. Ach, und eins noch: Die Gallengrotte wäre eine Möglichkeit. Der Wanderweg dorthin führt direkt vom ersten Zeltlager der Maya-Freaks in den Wald hinein, und die Grotte ist windgeschützt, wenn man sich da ein bisschen reinzwängt, kann man es zwischen den Felsblöcken und in den Hohlräumen darunter sicher eine Nacht lang aushalten.«
»Gut, Kollegen, dann wissen wir ja alle, was wir zu tun haben.«
Schneider verteilte die Untersuchung eines Teils der Plätze an die Anwesenden, und die Kollegen vom Innendienst riefen einige Streifenbeamte zu Hilfe, die sich an den anderen Orten umsehen sollten.
Susanne kam gerade aus dem Wald zurück. Sie hatte alles ordentlich vergraben, aber obenauf etwas Toilettenpapier so drapiert, dass niemand versehentlich hineintrat. Kurz vor dem Waldrand hörte sie Sams Stimme. Sie sah sich um: Er stand vielleicht fünfzehn, zwanzig Meter seitlich von ihr und hatte das Handy am Ohr. Langsam ging sie weiter, um vielleicht etwas belauschen zu können.
»Aber Wera, das ist doch …«, rief er ins Telefon. »Ich … du weißt doch …!«
Die Frau am anderen Ende der Leitung ließ ihn offenbar kaum zu Wort kommen, und als er kurz darauf auflegte, sah er ziemlich bedröppelt aus. Susanne blieb stehen, wo sie war, und sah zu ihm hinüber. Er bemerkte sie und kam nach kurzem Zögern zu ihr.
»War ich sehr laut?«, fragte er.
»Schon, aber im Zeltlager hat, glaube ich, niemand etwas mitbekommen. Und ich werd’s niemandem erzählen, okay?«
»Ja, danke«, brummte er und ging neben ihr auf die Zelte zu.
»Ärger?«
Er zuckte mit den Schultern.
»Mit deiner Freundin?«
»Nach dem Telefonat von eben würde ich sagen: mit meiner Exfreundin.«
Susanne lächelte, die Nachricht war ihr angenehm.
Freitag, 14. Dezember 2012
Maigerles Idee hatte zu einem Volltreffer geführt. Die meisten Orte, die Ernst eingefallen waren, brachten nichts ein. Die Bewohner der entsprechenden Häuser hatten in der Nikolausnacht nichts beobachtet und auch danach nichts bemerkt, was auf einen geheimen Übernachtungsgast hingedeutet hätte.
In Raders Waldschenke war allerdings eingebrochen worden. Die Wirtin hatte den Einbruch am Samstag gemeldet, als sie in ihrem Lokal direkt am Seeufer, das derzeit bis auf wenige Wochenenden mit schönem Wetter geschlossen war, mal wieder nach dem Rechten sehen wollte. Als die Meldung auf dem Revier einging, war gerade Schichtwechsel, und drei Verkehrsunfälle gleichzeitig brachten zusätzliches Durcheinander – in dem ganzen Wirrwarr kam der zuständige Beamte gar nicht auf die Idee, der Einbruch könnte mit dem Mordfall am Lagerfeuer zu tun haben.
Und in der Gallengrotte wurde menschlicher Kot gefunden. Die Kriminaltechnik sicherte noch weitere Spuren, die darauf hindeuteten, dass dort unlängst jemand übernachtet hatte. Die Kotproben sowie Haare und Hautschuppen, die ebenfalls in der Grotte gesichert wurden, waren bereits im Labor, und Rau hatte eine Vergleichsprobe von Weißknecht angefordert. Folgendes ergab sich: Weißknecht hatte sich tatsächlich in der Gallengrotte aufgehalten, und es hatte seither zweimal leicht geschneit – was dazu passen würde, dass Weißknecht in der Nacht des Mordes an Röhm in der Grotte gewesen war.
Schneider besprach sich mit Feulner. Dann wurde ein Termin für Samstag Vormittag verabredet, bei dem Meier, Häbele und Weißknecht gemeinsam vernommen werden sollten, zunächst in drei getrennten Räumen, am Ende, falls ein furioses Finale nötig
Weitere Kostenlose Bücher