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Endlich gefunden

Titel: Endlich gefunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Katherine Green
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Bitterkeit. Sie ist nie öffentlich als meine Frau anerkannt worden, auch haben wir nicht zusammengelebt, aber die Kirche hat unsere Ehe eingesegnet, und vor dem Gesetz sind wir Mann und Weib.
    Er stand auf und drehte das Bild leise wieder um; das Gesicht, in dem sich soviel Kraft und Lieblichkeitausdrückte, war verschwunden, und die stolze Cousine schaute wieder mit glühenden Blicken auf uns herab.
    Was Sie jetzt wissen, hat noch kein Mensch aus meinem Munde erfahren, fuhr Blake in gemessenem Tone fort; es sollte genügen, um zu beweisen, wie ungerecht Ihr Verdacht gegen mich ist, auch zwingt mich nichts, Ihnen noch nähere Einzelheiten mitzuteilen. Für einen Mann von meiner Denkart ist jedoch ein geheimes Aergernis und das Gerede, welches daraus entsteht, ganz ebenso unerträglich, als wenn die Sache stadtkundig wäre. Meine Herren, ich halte Sie für Ehrenmänner. Vielleicht gelingt es mir, Sie zu überzeugen, daß die Schritte, welche ich in letzter Zeit getan habe, außer allem Zusammenhang mit dem Mädchen stehen, dessen Schicksal Sie ergründen wollen. Darf ich in diesem Falle darauf rechnen, daß Sie über meine Beweggründe und Handlungen Stillschweigen beobachten werden?
    Sie können sich unbedingt auf meine Verschwiegenheit verlassen, solange dieselbe nicht gegen meine Pflicht als Polizeibeamter verstößt, versetzte Gryce; zum Schwatzen habe ich keine Zeit.
    Und Ihr Kollege?
    O, der schwatzt nicht aus der Schule; er weiß, was ihm Nutzen bringt.
    Gut, dann hören Sie. – Wenn Sie mein Tun überhaupt begreifen sollen, muß ich Ihnen zuerst den Charakter meines Vaters schildern. Er war ein Mann von großer Willenskraft und starken Vorurteilen. Von mir erwartete er, daß ich, als Träger seines Namens, auch den ererbten Reichtum und guten Ruf der Familie werde zu wahren wissen. Seit meiner frühesten Kindheit hat er mir eingeprägt, daß ich, solange mein Leben untadelig sei, auf die Erfüllung aller meiner Wünsche rechnen könne. Würde ich dagegen seinen Willen kreuzen, mich durch Ausschweifung oder unordentliches Wesen meines Namens unwürdig zeigen, so dürfe ich weder Gunst noch Geld von ihm erwarten.
    Zu einer Zeit meines Lebens entbrannte ich in leidenschaftlichem Gefühl für meine Cousine Eveline; ich erfuhr jedoch, daß eine Verbindung mit ihr bei meinem Vater auf ernstlichen Widerspruch stoßen würde. Ihn von einer einmal gefaßten Meinung abzubringen, war völlig aussichtslos, und ich mußte daher auf Mittel sinnen, meiner Neigung Herr zu werden.
    Ich begann ein Wanderleben; zuerst ging ich nach Europa, aber die fremden Gesichter, die ich sah, veranlaßten mich nur zu Vergleichen, aus denen mein damaliges Urbild weiblicher Schönheitstets triumphierend hervorging. Nach dem Westen zurückgekehrt, lebte ich ungebunden, meist als Jäger in der freien Natur. Ich reiste nach Kalifornien, nach den Orangenhainen von Florida, ich durchstreifte die Wildnisse Kanadas und die nördlichen Staaten der Union. Auf einem dieser Ausflüge begegnete mir ein Abenteuer, das damals nur einen flüchtigen Eindruck auf mich machte, in der Folge aber den wesentlichsten Einfluß auf mein ganzes Schicksal ausüben sollte.
    Nach meiner Rückkehr aus Kanada beabsichtigte ich, die schönen Herbsttage am Ufer des Lake George zuzubringen, als mich ein Freund zum Fischfang nach Vermont einlud, wo, wie er schrieb, die Flüsse von Forellen wimmelten. Die Aufforderung kam mir sehr erwünscht, und noch am selben Tage reiste ich nach dem Städtchen ab, in welchem mein Freund sich damals aufhielt. Es lag mitten im Gebirge, etwa zwanzig Meilen von der Eisenbahn entfernt, und der Weg dahin war sehr beschwerlich, man hatte nicht nur eine langwierige Postfahrt durchzumachen, sondern mußte noch eine Strecke zu Pferde zurücklegen. Da ich die Gegend nicht kannte, verspätete ich mich, der Abend brach herein, und ehe ich mich's versah, ritt ich auf der fremden Straße bei stockfinsterer Nacht weiter. Um mein Unbehagen nochzu vermehren, vertrat sich mein Pferd den Fuß, begann zu hinken und konnte sich zuletzt nur noch mühsam im Schritt fortschleppen. Nicht lange, so tauchte jedoch zu meiner Freude in der Ferne ein Lichtschein auf, der aus einem Gebäude herkam, das sich bei näherer Betrachtung als ein Gasthaus erwies. Erst auf mein wiederholtes Rufen erschien nach einer Weile ein Mann mit einer Laterne auf der Schwelle. Ich bat um Unterkunft für mich und mein Tier und erhielt die rauhe Antwort: »Nur herein mit Ihnen, es ist ein

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