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Endlich gefunden

Titel: Endlich gefunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Katherine Green
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diese Erlaubnis folgte ich den beiden in fieberhafter Erregung, denn meine Neugier war aufs äußerste gespannt.
    Hier sind wir, sagte Blake mit finsterer Miene, als wir eingetreten waren; nun bringen Sie vor, was Sie sagen wollten.
    Ohne ein Wort der Erwiderung näherte sich Gryce dem Gemälde, welches, wie bereits erwähnt, den einzigen Schmuck des Zimmers bildete.
    Meine Cousine, die Gräfin de Mirac, erklärte Blake in trockenem Ton.
    Gryce warf einen gleichgültigen Blick auf die hohe, prächtige Gestalt, dann trat er vor, und sprachlos vor Erstaunen sahen wir ihn das Bild rasch gegen die Wand zu drehen. – Gerechter Himmel – welche Erscheinung erhob sich vor uns auf der Rückseite der Leinwand! Keine üppige Brünette mehr, stolz und schmachtend, sondern – aber, wie soll ich dies Gesicht beschreiben? Man hält unwillkürlich den Atem an, wenn man in solche Züge blickt. Wie ein Heiligenschein wölbte sich das rotblonde Haar um die reine Stirn, und aus den dunklen, rätselhaften Augen sprach unergründliche Gedankentiefe. Mit frommer Scheu betrachtete ich dies Frauenbild, in welchem sich alles Große und Schöne, wovon man je gelesen, zu verkörpern schien; besonders dasHaar mit dem zauberhaften Goldglanz nahm mich ganz gefangen.

    Wie dürfen Sie es wagen, – stammelte Blake mit halb entrüstetem, halb drohendem Blick auf den Detektiv, welcher, nach dem Bilde deutend, stumm und erwartungsvoll dastand. Welche unerhörte Verwegenheit– wer gestattet Ihnen – War dieser tief erschütterte Mann mit den blutlosen Lippen und den bebenden Händen wirklich der stolze Herr des Hauses? –
    Sie sehen hier meine Rechtfertigung, sagte Gryce. Hat das Haar, welches ich Ihnen vor wenigen Minuten zeigte, nicht dieselbe Farbe, die wir hier auf dem Gemälde sehen? – Ja, noch mehr – betrachten Sie dies dunkelblaue Seidenkleid, den fein gemalten Spitzenkragen, dessen Muster man fast wiedererkennt, die Brosche, den Rosenzweig in der Hand der Dame. Und nun kommen Sie mit mir in das obere Zimmer.
    Herr Blake schien vor Ueberraschung keines Wortes mächtig; wie ein Kind folgte er dem Detektiv nach dem Zimmer im dritten Stock.
    Sie haben meine Behauptung, daß Sie zu jener Emilie in Beziehung gestanden haben müssen, für eine Beleidigung erklärt, sagte Gryce, nachdem er die Gaslampe angezündet hatte, und näherte sich der inhaltreichen Kommode – werden Sie noch dabei beharren, wenn Sie dies gesehen haben? Er zog die Schublade auf, nahm das Tuch hinweg und enthüllte das blaue Kleid, den Spitzenkragen und die Rosen. Frau Daniels versichert, diese Gegenstände seien das Eigentum der Näherin Emilie. KönnenSie bestreiten, daß es dieselben sind, welche wir unten auf dem Bilde abgemalt sahen?
    Mit einem Schrei war Blake neben der Kommode auf die Knie gesunken. Mein Gott, mein Gott, stammelte er, was hat das alles nur zu bedeuten? Plötzlich sprang er auf, sein Augen flammten, er bebte an allen Gliedern. Wo ist Frau Daniels? rief er, hastig an der Glocke ziehend; auf der Stelle muß ich sie sprechen.
    Rufen Sie die Haushälterin her, befahl er, als Fanny auf der Schwelle erschien.
    Frau Daniels ist ausgegangen, als die Herrschaften vom Tische aufstanden, erwiderte das Mädchen.
    Ausgegangen – zu dieser Stunde?
    Ja. Sie geht jetzt sehr häufig aus.
    Der Hausherr runzelte die Stirn. Ich will sie sprechen, sobald sie zurückkommt, befahl er und winkte der Dienerin, sich zu entfernen. Dann fuhr er zu uns gewendet fort: Wie diese Gegenstände hier ins Zimmer gekommen sind, vermag ich nicht zu sagen; doch will ich versuchen, Ihnen das Rätsel aufzuklären, soviel in meiner Macht liegt. Ich darf ja unter den obwaltenden Verhältnissen nicht länger hoffen, meine Privatangelegenheiten geheimzuhalten,wie schwer es mir auch fällt, Fremde in mein Vertrauen zu ziehen.

Elftes Kapitel.
    Meine Herren, sagte er, als wir uns wieder in seinem Studierzimmer befanden, Sie haben geglaubt, mit gutem Grunde annehmen zu müssen, daß das Original dieses Porträts, und die Näherin, welche eine Zeitlang in meinem Hause gewohnt hat, ein und dieselbe Person ist. Von dieser Ansicht werden Sie jedoch zurückkommen, wenn ich Ihnen sage, daß das Gemälde – so seltsam Ihnen das klingen mag – ein Bildnis meiner Gattin ist.
    Gattin! – Unsere Ueberraschung läßt sich nicht beschreiben. – Wir hatten keine Ahnung, daß Sie je verheiratet waren, rief ich.
    Also, das wenigstens ist der Kenntnis der Detektivs entgangen, bemerkte Blake nicht ohne

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