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Endlich gefunden

Titel: Endlich gefunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Katherine Green
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vermochte.
    Als ich mich in dem großen, kahlen, nur schwach erleuchteten Raum allein sah, während draußen der Wind im Schornstein heulte, und die mächtigen Zweige einer alten Tanne gegen die Fenster schlugen, fühlte ich, daß alle Müdigkeit, die mich noch soeben fast überwältigt hatte, wie mit einem Schlage von mir gewichen war. Doch wollte ich versuchen, zu schlafen, um nur den rasenden Sturm nicht mehr zu hören. Rasch entledigte ich mich meines Rockes und knöpfte eben die Weste auf, als mir einfiel, daß meine Brieftasche noch in der äußeren Seitentasche stecke. Vorsichtig verschloß ich zuerst die Türe und entnahm dann der Brieftasche meine Banknoten, die ich in einer kleinen Brusttasche verbarg. Die Lampe ließ ich brennen und warf mich in den Kleidern auf das Bett, jeden Augenblick gewärtig, daß die wütenden Elemente das Dach einreißen würden.
    Lange lag ich und horchte auf das Stöhnen undKrachen des alten Gebäudes, doch mußte ich endlich wohl eingeschlummert sein, denn ich erwachte, ehe noch der Sturm nachgelassen hatte, von der Berührung einer Hand. Mit einem Sprunge war ich aus dem Bette und sah mit maßlosem Staunen, daß Luttra vor mir stand. Sie hatte meinen Rock vom Stuhl genommen und reichte ihn mir hin.
    Ziehen Sie sich an und folgen Sie mir, sagte sie mit leisem, festem Tone, der mich seltsam durchschauerte. Es ist gefährlich für Sie, hier im Hause zu bleiben; hören Sie, wie es kracht und zittert. Noch ein solcher Windstoß, und das Dach fliegt herunter.
    Sie näherte sich der Türe, welche zu meiner Verwunderung nur angelehnt war.
    Kommen Sie doch, wiederholte sie mit solcher Entschiedenheit, daß ich ihr wider Willen folgte; ich darf Sie nicht hier lassen, mein Gewissen gestattet das nicht.
    Sie machen es schlimmer, als es ist, erwiderte ich; dies alte Haus hat wohl schon manchen Sturm glücklich überstanden.
    Ich übertreibe nicht, flüsterte sie dringender, hören Sie nur!
    Es war, als bebe der ganze Bau in seinen Grundfesten. Aber wohin soll ich mich denn wenden in dieser fürchterlichen Nacht?
    Ich werde Sie führen.
    Dann freilich –
    Sie unterbrach mich rasch: Hier ist Ihr Hut und Ihr Handkoffer. Mein Vater und mein Bruder werden denken wie Sie, daß es Torheit ist, dies Obdach zu verlassen, aber das darf Sie nicht kümmern. Glauben Sie mir: im Hause lauert heute nacht die Gefahr, nur im Sturme draußen auf der Landstraße sind wir geborgen.
    Sie wartete meine Antwort nicht ab, sondern eilte die Treppe hinunter, stieß unten eine Tür auf und trat sogleich in das Zimmer, das wir vor etwa einer Stunde verlassen hatten. Dort fand ich alles unverändert, das Feuer war nicht ausgegangen, auch die Lampe brannte noch, und auf dem Kaminsims tickte die Uhr nach wie vor; ihre Zeiger kündeten die elfte Stunde an. Und doch überlief mich ein kalter Schauer, wie die Ahnung einer drohenden Gefahr. Was mich erschreckte, war der Anblick der beiden baumstarken Männer, von denen der eine in grimmigem Schweigen an der Ausgangspforte lehnte, während der andere bei der Küchentüre Posten gefaßt hatte.
    Ein Blick auf Luttra, die stumm und furchtlos au meiner Seite stand, beruhigte mich jedoch sogleich wieder. Wenn sie für mich eintrat, so war ichsicher, in jeder Gefahr zu siegen. Ich ging einen Schritt nach der Türe zu, an welcher sich mein Wirt aufgestellt hatte. Schnell streckte sie die Hand aus und zog mich zurück.
    Halt, rief sie; dann wandte sie sich nach ihrem Bruder hin, der ebenso finster, aber weniger tückisch als der Alte dreinsah. Karl, öffne dem Herrn und laß ihn hinaus; er fühlt sich bei dem Sturm nicht mehr sicher hier drinnen. Tue mir den Willen, fuhr sie gebieterisch fort, als jener die Türe nur um so argwöhnischer bewachte.
    Ein Narr, wer bei solchem Wetter das Haus verlassen will, entgegnete er störrisch.
    Sie achtete nicht darauf. Willst du die Türe öffnen? fragte sie, ohne sich einen Schritt von dem Feuer zu entfernen, vor dem wir beide standen.
    Fällt mir nicht ein, lautete die barsche Antwort; das Haus bleibt zu, es ist schon abgeschlossen.
    Sie war leichenblaß geworden und sah nach ihrem Vater hinüber, der finster zu Boden blickte.
    Der Herr will hinaus, rief sie; wenn ihr die Türe nicht aufmacht, werde ich es tun.
    Ein zorniger Ausruf unterbrach sie; ihr Vater sprang wie rasend auf sie zu. In meiner Angst legte ich den Arm einen Moment schützend um sie, denn er sah aus, als wolle er ihr ein Leid antun.Sie aber schien keine Furcht zu kennen; es

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